Papst-CD "Wake up!"

Franziskus in der Hölle der Beliebigkeit

Papst Franziskus auf dem Cover der Musik-CD "Wake Up!"
Papst Franziskus auf dem Cover der Musik-CD "Wake Up!" © dpa / picture alliance / Believe Digital
Von Gerd Brendel |
Pünktlich zum Advent kann man jetzt auch hierzulande eine besondere CD bekommen: Papst Franziskus wird zum Popstar, weichgespülte Musik garniert seine Texte. Aber der Synthesizer-Schmalz von "Wake up!" transportiert nur verdünntes Glaubensgut für jedermann.
Halleluja, endlich jetzt wurde auch dieser Papst gesampelt. Denn für alle, die vom Papst noch nicht genug haben, gibt es jetzt eine CD mit Worten des aktuellen Amtsinhabers − unterlegt mit Sakro-Pop. "Pope Francis: Wake up! Music album with his words and prayers" nennt sich das jüngste Machwerk aus der Feder des Musiker-Produzenten-Duos Tony Pagliucaund Giuliu Neroni.
Pagliuca hat in seiner unfrommen Vergangenheit mit berühmten Kollegen aus Punk- und Jazzrock-Szene musiziert. Ob seine "Reise in den Glauben" mit Neroni beginnt, verschweigt der Pressetext. Auf jeden Fall hat letzterer schon das zittrige Predigtstimmchen des letzten Papstvorgängers Benedikt erfolgreich vermarktet.
Musik: "Alma Mater"
Jetzt also Papst Franziskus: Man hört seine Heiligkeit, wie er den Gläubigen auf dem Petersplatz oder in Fußballstadien in Seoul und Manila vorbetet oder die christlichen Tugenden von Glaube, Liebe, Hoffnung ins Gedächtnis ruft.
Musik: "Pace Fratelli"
Mitwachen, mitglauben, mittragen, mithoffen, mitweinen, mitleiden, ganz viel mitleiden. Apellchristentum auf Kalenderspruch-Niveau. Der Papst als freundlicher Sonntagsredner und Märchenonkel. Und da, wo er als moralische Autorität und Weltdiplomat gefragt ist, beim Treffen mit dem palästinensischen Präsidenten Abbas und dessen israelischen Kollegen Shimon Perez, ruft der Papst nicht mehr als "Pace Fratelli". Frieden Brüder, frei übersetzt: Habt euch doch endlich lieb.
Endlich im Pop-Himmel
Und genauso wenig wie diese Texte des Papstes niemandem weh tun, wabern die sanften Pop-Akkorde, mit denen sie unterlegt sind, zum einen Ohr rein und zum anderen Ohr raus: Weichgespülter Synthesizer-Schmalz, ein bisschen Kirchentags-Geschunkel und eine Menge New-Age-Pop à la "Georgians" und "Enigma".
Musik: "Wake up"
"o papa e pop" – "der Papst ist Pop" sang die ziemlich erfolgreiche brasilianische Popband Engenheiros do Hawaii schon vor 15 Jahren. Und seitdem ist die "Verpopung" des Katholiken-Oberhaupts immer weiter fortgeschritten: Die massenwirksamen Auftritte von Johannes Paul begann und die putzigen Outfits von Benedikt waren der Anfang. Aber mit dem jetzigen Papst auf den Titelseiten von "Vanity Fair" und "Rolling Stone" sind die römischen Bischöfe endgültig im Pop-Himmel angekommen. Als Religionsvertreter hat das bisher nur der Dalai Lama geschafft.
Aber Vorsicht: Pop-Ikonen bündeln zwar die Sehnsucht der Massen nach Gutem und Schönem, aber der tiefe Sturz in die Hölle der harmlosen Beliebigkeit ist immer nur einen Schritt entfernt. Christi Stellvertreter auf Erden sollte sich davor hüten, jedermanns Liebling zu werden.
Was konservativen Kurienkreise mit Gerüchten über angebliche Unzurechnungsfähigkeit und Intrigen während der im letzten Monat zu Ende gegangenen Familiensynode nicht gelang: Mit der Verramschung als Pop-Star könnte die Autorität des Papstes als Ernst zu nehmender Reformer wirkungsvoll untergraben werden.
Auf Track sechs der CD warnt der Papst selbst in einer Rede an argentinische Jugendliche davor, die christliche Botschaft zu verwässern. Nur genau das präsentiert die Papst CD "Wake up": Verdünntes Glaubensgut für jedermann. "Wake up" − wach auf? Eher: Schlaf weiter und träum süß, popgläubige Christenschar. Heidschi Bumbeidschi Bum Bum.
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