Papst Franziskus: "Hoffe"
© Kösel-Verlag
Päpstliche Autobiografie mit privaten Einblicken
04:43 Minuten
Papst Franziskus
Aus dem Italienischen übersetzt von Elisabeth Liebl
HoffeKösel-Verlag, 2025383 Seiten
24,00 Euro
In seinem neuen Buch erzählt der Papst viele Anekdoten aus seinem Leben. Abrechnungen mit innerkirchlichen Gegnern verkneift er sich. Deutlich wird aber, warum ihm manche Themen wie Migration oder Frieden so am Herzen liegen.
Ein Schiffsunglück zwischen Genua und Buenos Aires im Jahr 1927 steht am Anfang dieser Lebensgeschichte von Jorge Mario Bergoglio. Denn hätten seine Großeltern und sein Vater wie geplant dieses Schiff nach Argentinien genommen, wären sie wahrscheinlich nie dort angekommen.
Nicht nur durch diesen Auftakt wird deutlich, wie stark das Leben des späteren Papstes Franziskus von Migration geprägt ist. Immer wieder tauchen unter den zahlreichen Weggefährten und -gefährtinnen Menschen auf, die das doppelte italienisch-argentinische Erbe mit dem 1936 in Buenos Aires geborenen Kirchenoberhaupt teilen.
Viele Gedankensprünge, keine Enthüllungen
So wie sein Co-Autor, der italienisch-argentinische Verlagsleiter Carlo Musso, dessen Stimme jedoch in dem durchgängig in Ich-Form verfassten Text nicht zu vernehmen ist. Vielmehr meint man, Papst Franziskus selbst erzählen zu hören, mit Gedankensprüngen, die zu dieser Textform und seinem Alter passen.
Von den schrecklichen Kriegserfahrungen, die Kinder dem Papst bei einem Besuch in der Demokratischen Republik Kongo schilderten, kommt er zum Besuch einer Auschwitz-Überlebenden im Vatikan, springt weiter zu den christlich-jüdischen Beziehungen und seinem guten Freund Abraham Skorka, Leiter des Rabbinerseminars von Buenos Aires, und wieder zurück zu den Kindern im Kongo. Verbindend ist dabei die Warnung, angesichts unmenschlichen Leids nicht gleichgültig zu bleiben.
Krieg und Frieden, die Zukunft der Kirche und die Rolle von Frauen darin, Umgang mit sexualisierter Gewalt und künstlicher Intelligenz – all diese Franziskus wichtigen Themen werden auf solche Weise mit seinem Leben verflochten. Enthüllungen gibt es keine in diesem Buch, das auch nicht das erste über Bergoglios Leben ist, aber durchaus interessante Details über seine Vorlieben in Literatur, Musik und Film.
Berührende Geschichten von Wegbegleitern
Dazu mehr oder weniger berührende Geschichten von Menschen, die ihn geprägt haben, wie eben die italienischen Großeltern oder die kommunistische Laborchefin während seiner Ausbildung zum Chemietechniker, die später von der argentinischen Militärjunta umgebracht wurde.
Wer nach genaueren Informationen über seine Haltung zu Amtsvorgänger Benedikt XVI. sucht, wird enttäuscht – nur wenige Sätze betonen das gute Verhältnis zwischen den beiden. Auch die wenigen Monate, die Bergoglio zur Vorbereitung einer letztlich nie verfassten Promotion in Deutschland verbrachte, kommen nicht vor.
Buch zeichnet Bild des volksnahen Hirten
Was die Verwerfungen innerhalb der katholischen Kirche angeht, findet Franziskus die klarsten Worte gegen Traditionalisten, die gern die Messe auf Latein halten würden – für ihn eine kuriose „Faszination vom Unverständlichen“. Ansonsten zieht sich seine Vorstellung der „Kirche an den Rändern“ durch dieses Buch, das wohl auch deswegen nicht so viel von ihrem Zentrum, dem Vatikan erzählt.
Für Franziskus ist dieser sowieso nicht sein „Wohnort für die Ewigkeit“: Er will lieber in Santa Maria Maggiore im Herzen von Rom bestattet werden.
Das Bild des volksnahen Hirten, der nach seiner Wahl zum Papst die Menge auf dem Petersplatz mit einem einfachen „Guten Abend“ begrüßte, rundet Franziskus mit diesem Buch ab. Über seine menschlichen Vorlieben und Schwächen ist darin einiges zu erfahren. Kritische Würdigungen seiner Leistungen und Niederlagen als Leiter des Jesuitenordens in Argentinien, Erzbischof, Kardinal und Papst werden andere schreiben.