Vor der historischen Begegnung in Kuba
Zum ersten Mal in der Geschichte der Kirche treffen sich der russisch-orthodoxe Patriarch und der Papst Auge in Auge. Gesprächsthema wird auch die Ukraine sein. Der Krieg dort ist nicht zuletzt ein Konfessionskonflikt. Vereint sind sie in der Kritik am vermeintlichen Werteverfall im Westen.
Am Ende ihres Treffens wollen Papst Franziskus und Patriarch Kyrill eine gemeinsame Erklärung veröffentlichen. Doch allein schon die Tatsache, dass diese Begegnung überhaupt stattfindet, stellt jede Erklärung in den Schatten. Der römisch-katholische Papst trifft den Moskauer Patriarchen – das war vor einigen Jahren noch undenkbar, sagt der vatikanische Ökumene-Beauftragte Kardinal Kurt Koch der ARD.
"Dass es jetzt zum ersten Mal in der Geschichte der Kirche gelungen ist, dass der russisch-orthodoxe Papst und der Papst sich Auge in Auge begegnen können, halte ich für ein großartiges Ereignis."
Die Beziehungen zwischen Moskau und Rom waren frostig – vor allem seit dem Zerfall der Sowjetunion. Die Gründung von katholischen Diözesen in Russland, empfand das Moskauer Patriarchat als einen unbotmäßigen Übergriff und hielt Rom vor, orthodoxe Gläubige abwerben zu wollen. Diese Vorwürfe scheinen ausgeräumt. Ein anderer Konflikt schwelt weiter. Der Krieg in der Ukraine ist auch ein Konfessionskonflikt: die mit Rom unierte ukrainische Kirche einerseits, moskautreue Orthodoxe andererseits.
"Das ist ein sehr schmerzvolles Thema. Und ich denke, dass die Linie von Papst Franziskus möglichst Frieden zu fördern, dass dieser politische Konflikt nicht auch noch in die Kirchen hereingetragen wird, eine sehr gute Linie ist."
Franziskus und Kyrill auf neutralem Boden
Franziskus hat im Ukraine Konflikt nie Partei ergriffen und alle Beteiligten aufgefordert, zum Frieden zurückzufinden. Seinem Gesprächspartner Kyrill fällt solch eine Stellungnahme deutlich schwerer. Die russische Orthodoxie ist eng mit dem russischen Staat verbunden. Kyrill hat mehrfach Präsident Wladimir Putin ausdrücklich gelobt. Auch in der Kritik des vermeintlichen Werteverfalls im Westen sind sich die beiden einig. Auch darüber wolle sich Kyrill mit dem Papst in Havanna unterhalten, kündigte der Außenbeauftragte des Patriarchen Metropolit Hilarion an.
"Das Moskauer Patriarchat und der Heilige Stuhl wünschen sich, dass dieses Ereignis auch zu einem Symbol der Hoffnung für alle Menschen guten Willens wird. Alle Christen werden zu einem innigen Gebet aufgerufen, damit das bevorstehende Treffen, nach Gottes Willen, gute Früchte trägt."
Damit dieses Treffen überhaupt stattfinden konnte, musste erst einmal der geeignete Ort dafür gefunden werden. Moskau bestand auf einem neutralen Ort, man will dem Oberhaupt der katholischen Kirche auf Augenhöhe begegnen, und auf keinen Fall in der Zentrale der katholischen Weltkirche, in Rom. Franziskus zeigte sich flexibel. Hauptsache, das Treffen findet statt.
"Ich habe Patriarch Kyrill zu verstehen gegeben – und er ist einverstanden -, dass der Wille zu einer Begegnung besteht. Ich habe ihm gesagt: 'Ich komme dorthin, wo du willst. Ruf mich, und ich komme.' Und dasselbe will auch er."
Nun ermöglicht die Reiseplanung der beiden Kirchenoberhäupter, dass am Flughafen von Havanna Kirchengeschichte geschrieben wird. Kyrill besucht in diesen Tagen einige Länder Lateinamerikas. Franziskus reist nach dem Zwischenstopp in Kuba weiter in Richtung Mexiko.