Paris-Roman "Oberkampf" von Hilmar Klute

Terror in der Stadt

13:19 Minuten
Nächtliche Szene an der Straße Oberkampf im Nordosten der Stadt Paris. Aufnahme vom Mai 2012.
Nächtliche Szene an der Straße Oberkampf im Nordosten der Stadt Paris: In dem Viertel ereigneten sich im Januar 2015 die Anschläge auf den Club Bataclan und die Redaktion der Zeitschrift Charlie Hebdo. © Frank Rumpenhorst/dpa
Hilmar Klute im Gespräch mit Joachim Scholl |
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Im Roman "Oberkampf" konfrontiert Hilmar Klute die Welt eines Schöngeists mit den Abgründen des Terrors. Der aus Berlin geflüchtete Held schreibt an der Biografie eines alten Schriftstellers, als die Anschläge des Jahres 2015 Paris erschüttern.
"Oberkampf", so heißt ein Stadtviertel von Paris, benannt nach einem deutschen Industriellen. Dort schlägt der Held eines neuen gleichnamigen Romans auf. Es ist der aus Berlin geflüchtete Jonas Becker.
Im Paris, in "Oberkampf", möchte der Mann die Biografie über den bohèmienhaften Schriftsteller Richard Stein schreiben – in der Hoffnung, sein Leben noch mal neu zu starten. In Deutschland hatte er eine Agentur, vermittelte Intellektuelle und Künstler an Firmen. Das ist vorbei, genau wie seine letzte Beziehung.

Plötzlich Ausnahmezustand

Die Tage verbringt Jonas mit dem von ihm verehrten Autor, nachts trifft er sich mit seiner neuen Freundin Christine in einer Bar nebenan. Doch mit dem Attentat auf die Zeitschrift "Charlie Hebdo" ist die schwebende Atmosphäre in Paris wie weggewischt.
Die Stadt ist plötzlich im Ausnahmezustand, ohne dass Jonas den Einbruch des Schreckens und der Gewalt in die Stadt und in sein Leben einordnen kann.
"Jonas konnte das Wort Fassungslosigkeit nicht in sein Herz hineinbuchstabieren. Er war nicht fassungslos, er war höchstens überwältigt von der Brutalität, dem entschlossenen Vorwärtsschreiten der Krieger mit ihren althergebrachten Waffen", heißt es im Roman.

Schreiben als Befreiung

Romanautor Hilmar Klute, Redakteur der "Süddeutschen Zeitung", hat selbst mit seiner Familie in dem Pariser Viertel "Oberkampf" zwischen République und Bastille gewohnt. Ein Viertel mit viel Tradition, in dem Gentrifizierung stattfindet – und das Schauplatz vieler Demonstrationen ist.
Über seinen Protagonisten sagt Klute: "Seine Utopie ist ja sozusagen das Schreiben, dass man sich durchs Schreiben befreien kann oder dass man zu einem neuen Selbst findet. Bei ihm geht das aber nicht auf, weil er vollkommen vertrackt ist, weil er im Schreiben immer noch das Leben eines anderen Menschen mitdenkt und mitschreibt."
Rückblickend auf sein eigenes Erleben der Pariser Attentate des Jahres 2015 sagt Klute: "Alles wurde in Frage gestellt: Was ist noch 'nation'? Was bedeutet dieser Patriotismus? Was bedeutet das, wenn man die Marseillaise singt?"
Hier seien die Mörder doch stärker gewesen als diese ganze europäisch-französische Kultur, sagt Klute. Auch davon handele der Roman.
(huc)
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