Neue Regierung ist vermutlich die alte
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Israel hat gewählt, und die beiden konkurrierenden Lager sehen sich jeweils als Sieger. Wahrscheinlicher ist, dass Netanjahu noch einmal die Regierungsgeschäfte führen wird. "Die alte Koalition bleibt", sagt der Journalist David Witzthum.
Das rechte Lager um Regierungschef Benjamin Netanjahu hat nach Auszählung von 97 Prozent der Stimmen bei der Parlamentswahl in Israel offenbar die Nase vor. Netanjahus rechtskonservativer Likud hat laut letzten Angaben 35 der 120 Mandate in der Knesset erobert und liegt damit gleichauf mit Blau-Weiß, dem Oppositionsbündnis von Ex-Militärchef Benny Gantz.
Das gesamte Lager rechter und religiöser Parteien kommt allerdings momentan auf 65 Mandate und liegt damit deutlich in Führung, das Mitte-Links-Lager vereint 55 Mandate auf sich. "Die alte Koalition bleibt", sagte der israelische Fernsehjournalist David Witzthum im Deutschlandfunk Kultur.
Laut Witzthum waren die Israels während des Wahlkampfes weniger mit Programmen und politischen Vorstellungen und mehr mit der Person von Benjamin Netanjahu beschäftigt. Der Wahlkampf sei nicht ideologisch gewesen, sagte der Moderator. Für oder gegen Netanjahu: Darum sei es allein gegangen. Israel sei deswegen sehr gespalten, so Witzthum.
Bei politischen Kernfragen herrsche hingegen weitgehend Einigkeit. Witzthum erwähnte unter anderem den Friedensprozess mit den Palästinensern und eine mögliche Zwei-Staaten-Lösung, die ihm zufolge aber von großen Teilen der israelischen Bevölkerung abgelehnt wird. Die Israelis glaubten eher an Konfliktmanagement als an große Lösungen, sagte er.
Sowohl Netanjahu als auch sein Herausforderer Gantz hatten in der Wahlnacht ihren Sieg erklärt. Netanjahu sprach von einem "unvorstellbaren Erfolg". Er will sich nun Witzthum zufolge selbst Immunität verschreiben, denn die Korruptionsvorwürfe gegen ihn könnten ihm in den nächsten Monaten ernsthafte Probleme bereiten – bis hin zu einer Anklage.
Netanjahu wolle deswegen ein Gesetz durch die Knesset verabschieden lassen, nach dem er als Regierungschef nicht mehr vor Gericht gestellt werden kann, sagte der Journalist. Die Frage sei aber, ob er dafür genug Stimmen im eigenen Lager zusammenbringen könne.
(ahe)