"Parsifal" an der Oper Bremen

Ein intellektuelles Vergnügen

Die Bremer Philharmoniker und der Dirigent Markus Poschner
Musikalische Leitung hat Dirigent Markus Poschne © Frank Thomas Koch/Musikfest Bremen
Von Bernhard Doppler |
Den Bremer "Parsifal" in der Regie von Marco Storman kann man als halbkonzertante Aufführung durchgehen lassen. Musikalisch lohnt die Aufführung sehr, ist in gewisser Weise sogar eine Neuentdeckung: Markus Poschner dirigiert Wagner äußerst rasch - und präzise.
Zum Vergleich mit den unzähligen Interpretationen von Richard Wagners Alterswerk "Parsifal" - zuletzt in Bayreuth - taugt die neue Bremer Inszenierung nicht. Weder erzählt sie eine Geschichte, noch dekonstruiert sie altbekannte Vorgaben oder zeigt ein Konzept. "Meine größte Überraschung" bei seiner Arbeit sei es gewesen, "dass es nicht so einfach ist zu sagen: Wagner ist ein Faschist", erklärt naiv Regisseur Marko Storman im Programmheft. Nein - so was? Allerdings wäre eine solche intellektuelle Unterforderung nicht weiter schlimm, wären die Erwartungen an Bremer Wagner-Aufführungen, etwas ausgelöst durch Benedikt von Peters "Meistersinger"-Inszenierung, nicht so hoch.

Ein Parsifal ohne Dresscode

Den Bremer "Parsifal" kann man nämlich auch als halbkonzertante Aufführung durchgehen lassen. Auf der Bühne das Orchester, davor auf Stühlen die Sänger in Abendkleid und Anzug, nur Parsifal hält sich nicht an den Dresscode: Er scheint mit seiner kurzen Hose geradewegs vom Rummel zu kommen, mit einem Luftballon geschmückt, schlürft er mit Strohhalm einen großen Fruchtshake aus einem Plastikbecher, bekleckert aber dann erdbeerrot sein T-Shirt mit Schwanenritteraufdruck.
Im zweiten Aufzug sitzt zwar das Orchester im Graben, und die Zauberwelt Klingsors und seine Frauen turnen dann über die Orchesterstühle auf der Bühne - darunter auch ein stummer zotteliger Partyschreck wie jüngst im "Toni Erdmann"-Film - , doch im dritten Aufzug sind die Stühle auf der Bühne wieder vom Orchester besetzt. Parsifal hat da noch vier stumme Jungs mit Matrosenkrägen zur Gralsburg mitgebracht, die Gurnemanz, wenn er vom Karfreitagszauber singt, ein bisschen provozieren.
Musikalisch lohnt die Aufführung dennoch sehr, ja ist in gewisser Weise sogar eine Neuentdeckung! Markus Poschner dirigiert Wagner äußerst rasch - und präzise. Ohne eine Note auszulassen, braucht sein Parsifal nur 210 Minuten, während einige Einspielungen es sogar auf 280 Minuten bringen. Also 25 Prozent Zeiteinsparung!

Wortdeutlich und in Sprechgeschwindigkeit

In dieser Rasanz stellt sich zwar manche meditative wagnersche Sogwirkung zwischen Wachen und Träumen nicht ein, doch die Partitur wirkt sehr theatralisch dramatisch und segmentiert, ein intellektuelles Vergnügen! Vor allem verblüffend: Die langen Erzählungen insbesondere von Gurnemanz werden nicht nur sehr wortdeutlich, sondern natürlich, ja geradezu in Sprechgeschwindigkeit vorgetragen. Obwohl man - nebenbei -manches gar nicht so deutlich hören möchte: Wagners Text ist schon oft ziemlich verquast. Man muss in Wagner den "Belcanto-Gesang" sichtbar machen, meint Poschner.
Unter ihm hat sich in den letzten Jahren ein bemerkenswertes Bremer Wagner-Ensemble herausgebildet, das ganz ohne Gäste von auswärts auskommt. Herausragend vor allem Nadine Lehner als Kundry, packend an der Rampe um Erbarmen flehend: Claudio Otelli als Amfortas, Chris Lysack (Parsifal) und Christian-Andreas Engelhardt (Klingsor) zwei ebenbürtige Wagnertenöre und eben auch Parick Zielke als nuancenreicher Erzähler Gurnemanz.
Weitere Informationen zum Bremer Parsifal: www.theaterbremen.de
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