Arne Semsrott, Jahrgang 1988, war schon auf dem Gymnasium Journalist. Die von ihm gegründete Schülerzeitung kam schlecht bei der Schulleitung an und wurde verboten - um dann beim Spiegel-Wettbewerb zur zweitbesten Schülerzeitung Deutschlands gekürt zu werden. Der Autor ist Experte für Netz-Themen und schreibt für netzpolitik.org, zudem arbeitet er auch für Transparency Deutschland. Sein älterer Bruder ist der Kabarettist Nico Semsrott.
"Landschaftspflege" bis heute
Eine Reform der Parteienfinanzierung wäre schon lange überfällig, kritisiert der Journalist Arne Semsrott. Auch wenn seit der Parteispendenaffäre unter Helmut Kohl einiges neu geregelt wurde, gebe es bis heute erhebliche Lücken und zu wenig Transparenz.
Die ARD-Dokumentation "Bimbes – die schwarzen Kassen von Kohl" wirft neue Fragen darüber auf, wie der verstorbene Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) in der Parteispendenaffäre zur Jahrtausendwende operiert hat. Der Journalist Arne Semsrott findet zwar, dass es bei der Regelung der Parteienfinanzierung im Vergleich zu Kohls schwarzen Kassen Fortschritte gebe, aber Deutschland erfülle auch heute noch keine internationalen Standards. "In Frankreich ist es zum Beispiel so, dass Parteispenden von Unternehmen ganz verboten sind", sagte Semsrott im Deutschlandfunk Kultur. Auch Einzelspenden seien nur bis 7.500 Euro erlaubt.
Sponsoring als Umweg
"Dieses Stichwort Landschaftspflege trifft es schon ganz gut", sagte Semsrott, der auch für Transparency International tätig ist. Bis heute sei es noch möglich über offizielle und inoffizielle Kanäle Geld von Unternehmen an die Parteien zu schleusen, ohne dass dies transparent werde. Alle Spenden unter 50.000 Euro müssten erst zwei Jahre später öffentlich werden. "Alles, was jetzt an Spenden geflossen ist aus dem Wahlkampf, wird erst Ende 2018 veröffentlicht." Außerdem gebe es die Sponsoring-Regelung, die Messestände auf Parteiveranstaltungen ermögliche.
Reform blockiert
"Man kann Anzeigen schalten in Parteizeitungen", sagte der Journalist über die gängige Praxis. Dieses Geld müsse nicht gesondert ausgewiesen werden. "Darüber können dann zum Beispiel tausende, zehntausende Euro von Unternehmen an Parteien fließen, ohne dass das dann einzeln mit Namen genannt werden muss." Das System funktioniere nicht etwa so, dass eine einzelne Spende darauf abziele einen Gesetzentwurf zu beeinflussen. "Es geht eher darum, Kontakte zu festigen." Unternehmen wollten auf diese Weise eher auf Dauer eine Partei und deren Programmatik beeinflussen. Semsrott bedauerte, dass eine Reform des Parteiengesetzes bis heute blockiert werde.
Enge Kontakte aus der Rüstung
Dennoch sei die Politik in Deutschland keineswegs korrupt, wie manche am rechten Rand behaupteten, sagte Semsrott. "Aber es gibt natürlich Lücken, es gibt Möglichkeiten auf Politik Einfluss zu nehmen, die abseits der Öffentlichkeit passieren." Das laufe oft eher über Kontakte, denn über Geld. Als Beispiel nannte er die Rüstungsindustrie, wo verschiedene gemeinnützige Vereine einen sehr engen Kontakt zu Politikern pflegten.
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