"Die einzige Ideologie in China ist der Nationalismus"
In China tagt die Kommunistische Partei und kündigt wie immer bei solchen Gelegenheiten Großes an. Der Sinologe Tilman Spengler sieht hingegen Stillstand bei der Öffnung des Landes - und hat trotz der Zunahme von Repressionen kulturelle Vielfalt entdeckt.
Alle fünf Jahre hält die Kommunistische Partei in China einen einwöchigen Parteitag ab, auf dem die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Seit heute ist es wieder soweit: 89 Millionen Parteimitglieder blicken auf 2300 tagende Deligierte in Peking. Staats- und Parteichef Xi Jinping kündigte gleich zu Beginn des Spektakels eine weitere Öffnung der chinesischen Wirtschaft an. "Öffnung bringt uns Fortschritt, bei Abschottung wird man zurückgelassen."
Eine Ankündigung, die der Sinologe und Schriftsteller Tilman Spengler eher mit Vorsicht genießt. All das, was man unter den Stichworten Innovation und Marktöffnung, auch gegenüber ausländischen Investoren, verstehe, sei zum Stillstand in China gekommen, sagte er im Deutschlandfunk Kultur.
Repression im Innern
Auch die Repressionen nach innen hätten deutlich zugenommen. Die Situation sei eigentlich schlimmer als vor zehn Jahren. Zugleich sei aber in den großen Städten Chinas momentan eine kulturelle Entfaltung zu beobachten, die man mit Repression nur schwer unter einen Hut bringen könne:
"Das heißt, man muss schon auch auf die Vielfalt der Gesichter schauen", betonte Spengler.
Die Grundlinie der Kommunistischen Partei heißt seiner Ansicht nach Machterhalt:
"Das ist nichts Ideologisches, das ist nichts Weltanschauliches, sondern das ist ganz einfach der Fortbestand der (eigenen) Existenz als einzige Sinnerfüllung."
Nationalismus als einzige Ideologie
Die einzige Ideologie, die es in China momentan gebe, sei der Nationalismus, so der Sinologe:
"Das ist das, was das Volk zusammenschweißt, und alles andere kann man getrost vergessen. Die Gedanken des Vorsitzenden Xi und was es da immer an neuen ideologischen Anregungen gibt - Konfuzianismus, Legalismus - das ist natürlich alles in einer gewissen Form lächerlich."
International gibt sich das Land hingegen zuverlässig und teilweise sogar fortschrittlich: Wenn die Klimapolitik der Maßstab sei, gebe es Grund für Zuversicht, sagte Spengler. Auf den Klimakonferenzen seien die Chinesen inzwischen Vorreiter - in einigen Bereichen sogar vorbildlicher als Deutschland. (ahe)