Nüchtern auf den Dancefloor
05:54 Minuten
Wenn Eventmanager Gideon Bellin Partys organisiert, gibt es alkoholfreie Drinks mit gesunden Zutaten statt Wodka und Co. Ein neuer Trend? Viele seiner Gäste hätten jahrelang exzessiv getrunken und seien froh über Feiern ohne Alkohol, sagt Bellin.
Das Blümchenhemd weit geöffnet, die Sonnenbrille tief in die blonde Mähne geschoben, steht Gideon Bellin an einer Bar in Berlin-Charlottenburg. Vor der Theke türmen sich Holzkisten mit dicken Ingwerknollen, Limetten und Sellerie. Entsprechend liest sich die Auswahl der Drinks. Sehr grün, sehr gesund.
"Wir würden gern mal ein paar Drinks bei euch probieren. Ich bräuchte was Fruchtiges, nicht so süß."
"Freaky Fresh ist super lecker, Himbeere Minze, Zitrone Apfel…"
"Ja, dann nehme ich den…"
"Push Up", "Long life", "Botox me" steht in bunter Kreide auf der Tafel. Gideon Bellin entscheidet sich für Freaky Fresh, ich nehme einen Detox me. Wir treffen uns in seiner Mittagspause zum Gespräch – Gideon hat eine Stunde Zeit zwischen zwei Terminen. Doch der 27-jährige Eventmanager würde auch nichts anderes trinken, wenn er jetzt in den Club tanzen gehen würde.
"Wir würden gern mal ein paar Drinks bei euch probieren. Ich bräuchte was Fruchtiges, nicht so süß."
"Freaky Fresh ist super lecker, Himbeere Minze, Zitrone Apfel…"
"Ja, dann nehme ich den…"
"Push Up", "Long life", "Botox me" steht in bunter Kreide auf der Tafel. Gideon Bellin entscheidet sich für Freaky Fresh, ich nehme einen Detox me. Wir treffen uns in seiner Mittagspause zum Gespräch – Gideon hat eine Stunde Zeit zwischen zwei Terminen. Doch der 27-jährige Eventmanager würde auch nichts anderes trinken, wenn er jetzt in den Club tanzen gehen würde.
"Wir wollen zeigen, dass es keinen Alkohol braucht"
Auf den Partys, die Bellin selbst veranstaltet, ist die Getränkeauswahl ganz ähnlich. Bier, Wodka und Gin-Tonic sucht man da jedenfalls vergebens. Seit zwei Jahren veranstaltet er alkohol- und drogenfreie Elektropartys in Berlin. "Sober sensation" nennt er die.
"Wir wollen den Leuten einfach zeigen, dass es gar keinen Alkohol braucht, um Spaß zu haben, eine coole Zeit zu haben, weil wir eben die Sinne ansprechen, deswegen Sensation. Eine Sinnessensation, die wir haben mit Düften, mit Getränken für den Geschmack, mit der Musik, mit Live-Künstlern, die wir einsetzen und Lichtern, dass halt alle Sinne angesprochen werden. Dass man persönlich nicht merkt, dass irgendwas fehlt."
"Wir wollen den Leuten einfach zeigen, dass es gar keinen Alkohol braucht, um Spaß zu haben, eine coole Zeit zu haben, weil wir eben die Sinne ansprechen, deswegen Sensation. Eine Sinnessensation, die wir haben mit Düften, mit Getränken für den Geschmack, mit der Musik, mit Live-Künstlern, die wir einsetzen und Lichtern, dass halt alle Sinne angesprochen werden. Dass man persönlich nicht merkt, dass irgendwas fehlt."
Bis vor ein paar Jahren hat er in einem DJ-Kollektiv auch auf den üblichen Partys aufgelegt. In Berliner Clubs und im Sommer draußen, auf inoffiziellen Open Airs.
"Das wurde mir zu viel, auf einer Party kamen mir die Leute so vor wie Zombies. Da wurde auch ziemlich viel konsumiert. Und da hab ich gemerkt, das möchte ich nicht mehr - und konnte da nicht mehr so richtig dahinter stehen – und hab dann das Kollektiv verlassen und dann mit Sober Sensation angefangen. Vor zweieinhalb Jahren war das."
Trinken war für Bellin "ein Gruppenzwang-Ding"
Zu viele Drogen, zu viel Alkohol. Auch Bellin selbst hatte eine Zeit, in der er sehr oft, sehr viel getrunken hatte.
"Ich kam schon so leicht in eine Phase, wo ich gemerkt hab, wenn ich was getrunken hab, dann konnte ich auch nicht wenig trinken. Wenn, dann richtig. Das war schon erschreckend: Ich habe gemerkt, ich war damals mit meinen Freunden unterwegs und es war am Anfang eher so ein Gruppenzwang-Ding. Irgendwann hat es mir aber auch gefallen und ich war dann wie in so einem Modus. Und das hat mich auch erschreckt und ich dachte mir dann: Nee, jetzt erstmal Pause."
"Ich kam schon so leicht in eine Phase, wo ich gemerkt hab, wenn ich was getrunken hab, dann konnte ich auch nicht wenig trinken. Wenn, dann richtig. Das war schon erschreckend: Ich habe gemerkt, ich war damals mit meinen Freunden unterwegs und es war am Anfang eher so ein Gruppenzwang-Ding. Irgendwann hat es mir aber auch gefallen und ich war dann wie in so einem Modus. Und das hat mich auch erschreckt und ich dachte mir dann: Nee, jetzt erstmal Pause."
Bellin klappt seinen Laptop auf, öffnet ein Video von seiner letzten Party ohne Alkohol vor einigen Wochen. Die Menge tanzt im Nebel und Goldkonfetti-Regen, viele mit Glitzer an den Wangen. Hinter dem DJ-Pult steht Bellin. 200 Leute, fast alle auf der Tanzfläche. Und zwar nicht wie üblich, um 2 Uhr, morgens, sondern bereits um 21 Uhr. An einem Mittwoch Abend.
"Und dann haben wir auch keine Türsteher, sondern Türärzte, die dann aus Spaß Alkoholtest machen."
"Aber kommen die dann rein, wenn die was getrunken haben?"
"Also, wenn die total zu sind oder 'ne Fahne haben, dann nein. Aber wenn vorher ein Bier getrunken wird, ist das kein Problem."
Viele möchten weg vom Alkohol
Manche seiner Gäste kommen, weil sie wegkommen wollen von Drogen und Alkohol, erzählt Bellin.
"Die auch trotzdem weggehen wollen, aber eben nicht getriggert werden dadurch, also nicht in Versuchung kommen dadurch. Und die merken dann, oh – ich kann ja noch weggehen."
Die andere Gruppe: Berliner Ernährungshipster, Gesundheitsbewusste, Leute, die ihrem Körper Gifte wie Alkohol, Kokain oder Ecstasy einfach nicht oder nicht mehr zumuten wollen, erzählt Bellin.
"Oder Leute, die sagen, sie wollen einfach mal gucken, wie das so ist. Oder die gern feiern, aber auch einfach ein bisschen zu viel haben. Weil, in Berlin wird einfach auch ziemlich viel konsumiert. Die Ausgehszene ist einfach auch sehr intensiv. Das hab ich auch als DJ hier so erlebt."
"Die auch trotzdem weggehen wollen, aber eben nicht getriggert werden dadurch, also nicht in Versuchung kommen dadurch. Und die merken dann, oh – ich kann ja noch weggehen."
Die andere Gruppe: Berliner Ernährungshipster, Gesundheitsbewusste, Leute, die ihrem Körper Gifte wie Alkohol, Kokain oder Ecstasy einfach nicht oder nicht mehr zumuten wollen, erzählt Bellin.
"Oder Leute, die sagen, sie wollen einfach mal gucken, wie das so ist. Oder die gern feiern, aber auch einfach ein bisschen zu viel haben. Weil, in Berlin wird einfach auch ziemlich viel konsumiert. Die Ausgehszene ist einfach auch sehr intensiv. Das hab ich auch als DJ hier so erlebt."
Bellin will nicht missionieren
Er will mit seinen Partys niemanden bekehren, sagt Bellin. Ein, zwei Mal die Woche trinkt er auch selbst mal ein, zwei Bierchen. Als er vor neun Jahren seinen Alkoholkonsum zeitweise ganz eingestellt hat, waren seine Bekannten allerdings nicht immer tolerant.
"Als ich da eine Zeit lang nicht getrunken habe, dann kamen schon so die Sprüche."
Aber selbst die Intoleranz den Nichttrinkern gegenüber habe abgenommen, hier in Berlin jedenfalls, sagt er.
"Es ist entspannter, man wird hier nicht so stark verurteilt. Ich würde auch sagen, dass die Jugend da sehr viel bewusster geworden ist, was Alkohol- und Drogenkonsum angeht. Vor allem Alkoholkonsum ist zurückgegangen. Am Anfang war es noch ein bisschen ausgelassener – im negativen Sinne."
Dann schlürft Bellin den letzten Smoothie-Rest auf, hängt sich seine Ledertasche um und schwingt sich aufs Rennrad, zurück in seinen Co-Working Space.
"Als ich da eine Zeit lang nicht getrunken habe, dann kamen schon so die Sprüche."
Aber selbst die Intoleranz den Nichttrinkern gegenüber habe abgenommen, hier in Berlin jedenfalls, sagt er.
"Es ist entspannter, man wird hier nicht so stark verurteilt. Ich würde auch sagen, dass die Jugend da sehr viel bewusster geworden ist, was Alkohol- und Drogenkonsum angeht. Vor allem Alkoholkonsum ist zurückgegangen. Am Anfang war es noch ein bisschen ausgelassener – im negativen Sinne."
Dann schlürft Bellin den letzten Smoothie-Rest auf, hängt sich seine Ledertasche um und schwingt sich aufs Rennrad, zurück in seinen Co-Working Space.