"Passgenau qualifizierte Fachkräfte" auch für Südeuropa
Das deutsche Modell der Berufsausbildung könne einen Beitrag dazu leisten, die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa zu verringern, sagt Steffen Bayer vom Deutschen Industrie- und Handelstag. Das Modell habe sich bei deutschen Firmen in Spanien und Portugal bewährt.
Jan-Christoph Kitzler: Wenn sich heute in Brüssel die EU-Minister für Bildung und Jugend treffen, dann wird es eine Botschaft geben: Wir müssen etwas tun für Südeuropa, wir müssen etwas tun im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit dort. Denn die Zahlen sind katastrophal: Über 60 Prozent in Griechenland, um die 50 Prozent in Spanien, fast 40 Prozent der Jugendlichen bis 25 in Italien haben keinen Job und sind auch nicht in Ausbildung. Das liegt natürlich an der desaströsen wirtschaftlichen Lage in diesen Ländern. Aber vielleicht könnten ja auch bewährte Mittel helfen, zum Beispiel die duale Ausbildung in Deutschland, die da heißt: die jungen Leute haben eine Lehrstelle im Betrieb und lernen die Grundlagen in einer Berufsschule.
Ist das deutsche duale Ausbildungssystem vielleicht ein Vorbild für Europa, für die Länder Südeuropas vor allem? Das will ich besprechen mit Steffen Bayer, zuständig für das Thema Bildungsexport beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Schönen guten Morgen, Herr Bayer.
Steffen Bayer: Guten Morgen, Dr. Kitzler.
Kitzler: Zuerst mal zu Ihrer Aufgabe. Deutschland ist eine Exportnation, aber das bezieht sich ja vor allem auf die Wirtschaftsgüter. Warum sollten wir denn auch unser duales Ausbildungssystem exportieren?
Bayer: Wir haben mit den dualen Berufsbildungssystemen in Deutschland wunderbare Erfahrungen gemacht. Die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen ist in Deutschland die niedrigste europaweit mit ungefähr acht Prozent. Dahinter steckt ein sehr, sehr gutes System. Und vor dem Hintergrund der Situation in vielen Ländern auch insbesondere in Südeuropa kann dieses System einen Beitrag leisten, die Jugendarbeitslosigkeit zu mindern.
Kitzler: Ich habe das vorhin gesagt: das könnte ein gutes Mittel sein im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Das liegt aber natürlich auch an der wirtschaftlichen Lage. Sehen Sie das auch so, oder kann wirklich dieses duale System da etwas bewirken?
Bayer: Das duale System lebt davon, dass sich die Unternehmen engagieren auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Zusammenarbeit mit den Berufsschulen funktioniert. Und der große Vorteil ist, dass die Unternehmen an der Stelle die Ausbildungsinhalte mit gestalten können – mit dem Ergebnis, dass die Ausbildung der jungen Leute passgenau auf die Bedarfe des Beschäftigungsmarktes stattfindet, und an der Stelle schließt sich der Kreis. Mit passgenau qualifizierten Fachkräften können die Unternehmen vor Ort wirtschaftlich wettbewerbsfähig produzieren und tätig werden.
Ist das deutsche duale Ausbildungssystem vielleicht ein Vorbild für Europa, für die Länder Südeuropas vor allem? Das will ich besprechen mit Steffen Bayer, zuständig für das Thema Bildungsexport beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Schönen guten Morgen, Herr Bayer.
Steffen Bayer: Guten Morgen, Dr. Kitzler.
Kitzler: Zuerst mal zu Ihrer Aufgabe. Deutschland ist eine Exportnation, aber das bezieht sich ja vor allem auf die Wirtschaftsgüter. Warum sollten wir denn auch unser duales Ausbildungssystem exportieren?
Bayer: Wir haben mit den dualen Berufsbildungssystemen in Deutschland wunderbare Erfahrungen gemacht. Die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen ist in Deutschland die niedrigste europaweit mit ungefähr acht Prozent. Dahinter steckt ein sehr, sehr gutes System. Und vor dem Hintergrund der Situation in vielen Ländern auch insbesondere in Südeuropa kann dieses System einen Beitrag leisten, die Jugendarbeitslosigkeit zu mindern.
Kitzler: Ich habe das vorhin gesagt: das könnte ein gutes Mittel sein im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Das liegt aber natürlich auch an der wirtschaftlichen Lage. Sehen Sie das auch so, oder kann wirklich dieses duale System da etwas bewirken?
Bayer: Das duale System lebt davon, dass sich die Unternehmen engagieren auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Zusammenarbeit mit den Berufsschulen funktioniert. Und der große Vorteil ist, dass die Unternehmen an der Stelle die Ausbildungsinhalte mit gestalten können – mit dem Ergebnis, dass die Ausbildung der jungen Leute passgenau auf die Bedarfe des Beschäftigungsmarktes stattfindet, und an der Stelle schließt sich der Kreis. Mit passgenau qualifizierten Fachkräften können die Unternehmen vor Ort wirtschaftlich wettbewerbsfähig produzieren und tätig werden.
"Das hat sich wunderbar bewährt"
Kitzler: Es gibt ja da schon Kooperationen, wo versucht wird, dieses System anzuwenden: in Spanien zum Beispiel oder auch in Italien. Funktioniert das denn schon irgendwie, würden Sie das sagen?
Bayer: Ein schönes Beispiel ist Spanien, ein zweites sehr gutes Beispiel ist Portugal. Dort sind die Auslandshandelskammern seit schon vielen Jahren aktiv und engagieren sich gemeinsam mit deutschen Unternehmen, duale Strukturen und duale Ausbildung anzubieten. Nennenswert sind Unternehmen wie Siemens, Mercedes, VW, aber auch kleine und mittelständische Unternehmen. Die Auslandshandelskammern und die genannten Unternehmen haben duale Berufsbildungsgänge aufgesetzt, vor Ort in den Ländern mit Industrie- und Handelskammern als Partnern, und das hat sich wunderbar bewährt in den Ländern, gerade in Portugal.
Die Beschäftigungszahlen, der Übergang von dieser Berufsausbildung in das portugiesische Berufsleben liegt bei 90 bis 95 Prozent. Das heißt, Portugal und das Engagement der Unternehmen dort vor Ort und auch der Auslandshandelskammern zeigt, dass duale Berufsbildung in Portugal und in Spanien sehr gut funktioniert und die Vorteile kein typisch oder ausschließlich deutsches Modell oder eine deutsche Besonderheit ist. Die dualen Strukturen als solche sind auch in Südeuropa gut anwendbar.
Kitzler: Sie haben es gesagt: Ganz wichtig dabei ist, dass die Unternehmen mitspielen. Wer macht denn da eigentlich mit? Sind das vor allem die deutschen Unternehmen, die Sie gerade angesprochen haben, im Ausland?
Bayer: Ja das sind in einem ersten Schritt natürlich insbesondere die deutschen Unternehmen, die das duale System in Deutschland kennen und die beispielsweise Mechatroniker in Navara (Spanien) genauso qualifiziert haben möchten, wie sie die in Deutschland finden. Das heißt, sie haben eine Affinität zum deutschen System und übernehmen dort eine Art Pionierrolle. Aber – und das ist das Positive bei den Aktivitäten – es sind ja deutsche Unternehmen, die in Portugal oder in Spanien aktiv sind und spanische und portugiesische Unternehmen zum Beispiel in der Zulieferungskette haben.
Und in dem Zusammenhang beginnen deutsche Unternehmen mit den deutschen dualen Berufsausbildungsmodellen vor Ort, aber gerade auch die Unternehmen, die lokalen Unternehmen in Portugal – inzwischen sind es über 80 an der Zahl – adaptieren diese Strukturen, diese Grundmodelle der Gedanken des dualen Systems, so dass praktisch über die deutschen Unternehmen das duale System auch in die Fläche, in die lokalen Strukturen in den Ländern vor Ort übertragen wird und auch heimische Unternehmen diese anwenden.
Kitzler: Das ist der Anteil der Unternehmen. Aber welchen Anteil müssen denn die Staaten leisten?
Bayer: Die Staaten, so wie auch in Deutschland, setzen insbesondere den Rahmen, die Rahmenbedingungen, die rechtlichen Rahmenbedingungen. Zu einer dualen Berufsausbildung gehört auch immer ein dualer Partner Schule, eine berufliche Schule, und diese Kooperation zwischen den Unternehmen auf der einen Seite und den Berufsschulen auf der anderen Seite ist etwas, was auch im staatlichen Sinne organisiert sein muss. In Deutschland hat der Staat diese Aufgabe den Industrie- und Handelskammern übertragen. Sie sind zuständige Stellen für die Organisation genau dieses Matchings zwischen Berufsschule auf der einen Seite und der unternehmerischen Tätigkeit auf der anderen Seite. Sie sichern die Qualität, sie prüfen am Ende. In Deutschland machen das die Industrie- und Handelskammern und auch in den Ländern Spanien oder Portugal gibt es Kammern, die diese Aufgabe auch übernehmen können.
Kitzler: Vielleicht wird ja das deutsche duale Berufsausbildungssystem wirklich eine Art Exportschlager. Das war Steffen Bayer, zuständig für das Thema Bildungsexport beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und vielen Dank.
Bayer: Danke, auf Wiederhören.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Bayer: Ein schönes Beispiel ist Spanien, ein zweites sehr gutes Beispiel ist Portugal. Dort sind die Auslandshandelskammern seit schon vielen Jahren aktiv und engagieren sich gemeinsam mit deutschen Unternehmen, duale Strukturen und duale Ausbildung anzubieten. Nennenswert sind Unternehmen wie Siemens, Mercedes, VW, aber auch kleine und mittelständische Unternehmen. Die Auslandshandelskammern und die genannten Unternehmen haben duale Berufsbildungsgänge aufgesetzt, vor Ort in den Ländern mit Industrie- und Handelskammern als Partnern, und das hat sich wunderbar bewährt in den Ländern, gerade in Portugal.
Die Beschäftigungszahlen, der Übergang von dieser Berufsausbildung in das portugiesische Berufsleben liegt bei 90 bis 95 Prozent. Das heißt, Portugal und das Engagement der Unternehmen dort vor Ort und auch der Auslandshandelskammern zeigt, dass duale Berufsbildung in Portugal und in Spanien sehr gut funktioniert und die Vorteile kein typisch oder ausschließlich deutsches Modell oder eine deutsche Besonderheit ist. Die dualen Strukturen als solche sind auch in Südeuropa gut anwendbar.
Kitzler: Sie haben es gesagt: Ganz wichtig dabei ist, dass die Unternehmen mitspielen. Wer macht denn da eigentlich mit? Sind das vor allem die deutschen Unternehmen, die Sie gerade angesprochen haben, im Ausland?
Bayer: Ja das sind in einem ersten Schritt natürlich insbesondere die deutschen Unternehmen, die das duale System in Deutschland kennen und die beispielsweise Mechatroniker in Navara (Spanien) genauso qualifiziert haben möchten, wie sie die in Deutschland finden. Das heißt, sie haben eine Affinität zum deutschen System und übernehmen dort eine Art Pionierrolle. Aber – und das ist das Positive bei den Aktivitäten – es sind ja deutsche Unternehmen, die in Portugal oder in Spanien aktiv sind und spanische und portugiesische Unternehmen zum Beispiel in der Zulieferungskette haben.
Und in dem Zusammenhang beginnen deutsche Unternehmen mit den deutschen dualen Berufsausbildungsmodellen vor Ort, aber gerade auch die Unternehmen, die lokalen Unternehmen in Portugal – inzwischen sind es über 80 an der Zahl – adaptieren diese Strukturen, diese Grundmodelle der Gedanken des dualen Systems, so dass praktisch über die deutschen Unternehmen das duale System auch in die Fläche, in die lokalen Strukturen in den Ländern vor Ort übertragen wird und auch heimische Unternehmen diese anwenden.
Kitzler: Das ist der Anteil der Unternehmen. Aber welchen Anteil müssen denn die Staaten leisten?
Bayer: Die Staaten, so wie auch in Deutschland, setzen insbesondere den Rahmen, die Rahmenbedingungen, die rechtlichen Rahmenbedingungen. Zu einer dualen Berufsausbildung gehört auch immer ein dualer Partner Schule, eine berufliche Schule, und diese Kooperation zwischen den Unternehmen auf der einen Seite und den Berufsschulen auf der anderen Seite ist etwas, was auch im staatlichen Sinne organisiert sein muss. In Deutschland hat der Staat diese Aufgabe den Industrie- und Handelskammern übertragen. Sie sind zuständige Stellen für die Organisation genau dieses Matchings zwischen Berufsschule auf der einen Seite und der unternehmerischen Tätigkeit auf der anderen Seite. Sie sichern die Qualität, sie prüfen am Ende. In Deutschland machen das die Industrie- und Handelskammern und auch in den Ländern Spanien oder Portugal gibt es Kammern, die diese Aufgabe auch übernehmen können.
Kitzler: Vielleicht wird ja das deutsche duale Berufsausbildungssystem wirklich eine Art Exportschlager. Das war Steffen Bayer, zuständig für das Thema Bildungsexport beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und vielen Dank.
Bayer: Danke, auf Wiederhören.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.