"Pastoral Project"

Mit Beethoven das Klima retten

07:39 Minuten
Das Gemälde zeigt den jüngeren Ludwig von Beethoven. Er sitzt, gekleidet in eine schwarze Jacke mit weißem Hemd und hat die rechte Hand wie zum Gruß mit ausgestreckten Fingern leicht erhoben. Im Hintergrund eine dunkle Kulisse mit grauer Regenwolke und einem abgebrochenen Baum.
Beethovens "Pastorale" war beliebt, wurde aber lange nicht ernst genommen. Im Jubiläumsjahr wird sie sogar für den Klimaschutz vereinnahmt. © Wien Museum / Birgit und Peter Kainz
Rainer Pöllmann im Gespräch mit Mascha Drost |
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Ludwig van Beethoven liebte die Natur. Seine Pastoral-Sinfonie ist ein Lobgesang auf die Schöpfung. Das trifft den Nerv der Zeit – die "Pastorale" wird zum heimlichen Liebling von BTHVN 2020. Beethoven und Klimaschutz – passt das zusammen?
"Wie froh bin ich einmal in Gebüschen, Wäldern, unter Bäumen, Kräutern, Felsen wandeln zu können, kein Mensch kann das Land so lieben wie ich – geben doch Wälder, Bäume, Felsen den Widerhall, den der Mensch wünscht." Seine Liebe zur Natur beteuert Ludwig van Beethoven im Heiligenstädter Testament. Musikalisch widmet sich Beethoven in der 6. Sinfonie, der Pastorale, wie nirgendwo sonst Wiesen, Wäldern und der Natur überhaupt.

Beethoven für mehr Klimaschutz?

Damit trifft "Die Pastorale" offenbar den Nerv der Zeit. Und es ist der Aufhänger für ein Teil-Projekt im Rahmen von BTHVN2020 - dem gemeinsamen Projekt von Bundesrepublik Deutschland, dem Land Nordrhein-Westfalen, von Rhein-Sieg-Kreis und Bundesstadt Bonn. Unter dieser Dachmarke wollen die Körperschaften die Veranstaltungen zum 250. Geburtstag des Komponisten koordinieren und kommunizieren.
"Künstler für den Klimaschutz" – so ist also das "Beethoven Pastoral Project" überschrieben, das in Zusammenarbeit mit dem UN-Weltklimasekretariat Bonn im Rahmen von BTHVN 2020 stattfindet. Kann Beethoven also das Klima retten?
Unser Musikredakteur Rainer Pöllmann sieht in dem Projekt keinen aktiven Beitrag zum Klimaschutz. Vielmehr müsse Beethoven nun auch für das Thema Klimaschutz herhalten. "Aber es signalisiert die Teilnahme an einer gesellschaftlichen Debatte", so Pöllmann.

Aus dem Schatten ins Rampenlicht

Mit dem Fokus auf dieses Projekt rücke allerdings die 6. Sinfonie ins Zentrum, erklärt Pöllmann. Die "Pastorale" sei zwar beim Publikum immer "irgendwie populär" gewesen, aber von der Fachwelt nicht wirklich ernst genommen worden. Vielen Vertretern des musikalischen Idealismus, für den auch Beethoven steht, war diese Sinfonie sogar "peinlich" und "alberne Programmmusik", keine Musik des "strengen titanischen Beethovens" also, sagt Pöllmann.
Im Jubiläumsjahr avanciere die "Pastorale" aber nun zum Lieblingswerk, stellt Pöllmann fest. Dies zeige, wie sich die Beethovenrezeption verändert habe. Dass die 5., 7., oder 9. Sinfonie in der Vergangenheit für politische Zwecke missbraucht wurde, sei bekannt. "Die Sechste und der Klimaschutz – das ist dann schon was Neues", so Pöllmann.

Viele Projektanträge - "Beethoven Pastoral Project"

Dabei gehe es in diesem Diskurs allerdings nicht mehr um die Musik selbst, sondern um die Funktionalisierung des Werks für ein politisches Anliegen, das, so räumt Pöllmann ein, "gerade schon ein enorm wichtiges ist".
Neben unzähligen "mäßig originellen" Aufführungen der "Pastorale" im Laufe des Jubiläumsjahres seien viele Vermittlungsprojekte geplant. Außerdem werde es Auftragskompositionen geben, die sich mit der 6. Sinfonie beschäftigen. Er befürchte aber, dass eine eine wirkliche Neubewertung, eine neue Perspektive auf die Pastorale, so nicht zu finden sein werde.
(mfu)
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