Patchwork der Religionen
Niklaus Brantschen ist katholischer Priester und gleichzeitig Meister des Zen-Buddhismus. Er gehört dem Jesuitenorden an und lebt in der Schweiz, wo er ein "Institut für Zen - Ethik - Leadership" gegründet hat. Brantschen lebt eine weltoffene Spiritualität, wie er sie in seinem Buch propagiert.
Katholischer Priester, und gleichzeitig Meister des Zen, wie geht das zusammen? Brantschen ist diese Frage wohl vertraut. Im vorliegenden Buch ist ein Interview abgedruckt. Eine Journalistin: "Christentum und Zen-Buddhismus, das beißt sich doch! - Wie machen sie das?" Niklaus Branschen: "Nein, das beißt sich überhaupt nicht, ganz im Gegenteil: das ergänzt sich wunderbar!"
Dann empfiehlt er jedem Christen, sich mit buddhistischen Praktiken der Meditation zu beschäftigen. Nicht nur theoretisch, sondern sich tatsächlich im Meditieren zu üben. Das würde einem im westlich-geschäftigen Alltag sehr helfen, konzentrierter zu arbeiten und sich besser zu entspannen, Stress loszuwerden und Gelassenheit zu finden.
Niklaus Brantschen wurde in den 70er Jahren von seinem Orden nach Japan geschickt. In das Jesuiten-Haus von Pater Hubert Lasalle. Der lebte damals schon über 40 Jahre in Japan und hatte sich – neben seinem christlichen Missionswerk – unter der Leitung japanischer Meister über Jahrzehnte hinweg strengen Zen-Übungen unterzogen. Im Alter von 80 Jahren wurde ihm der Titel eines Zen-Meisters verliehen. Brantschen ist bei Lasalle in die Lehre gegangen.
Von Seiten der christlichen Amtskirchen wird heute gern die Order ausgegeben: "Dialog der Religionen: Ja, aber bitte keine Vermischung!", Niklaus Brantschen betrachtet solcherlei Anweisungen mit Skepsis. Er meint, Globalisierung bedeute eben auch Globalisierung der Spiritualität.
Man solle doch das Kind beim Namen nennen: die christlichen Kirchen betrachten beunruhigt den Vormarsch des Buddhismus in Europa und fürchten, dass sich Kirchenmitglieder vom Glauben ihrer Väter verabschieden und zum Buddhismus überlaufen. Oder sich selbst eine Art "Patchwork-Religion" kreieren. Das Wort ist in Kreisen der christlichen Amtskirchen ziemlich verrufen. "Dialog der Religionen: ja. Vermischung: auf keinen Fall!"
Brantschen vermutet, solche Sätze sind aus der Angst geboren. Motto: "Wasch’ mich, aber mach’ mich nicht nass!". Wer einen echten Dialog will, so der Autor, muss die Religion der anderen verstehen lernen, sich in ihren Geist hineinversetzten, das heißt zum Beispiel auch, mal die Reden des Buddha studieren. Mit Hilfe dieser Außenperspektive, schreibt der Autor, gelangt man übrigens auch zu einem besseren Verständnis der eigenen Religion.
Brantschen jedenfalls ist überzeugt: Wer wirklich verwurzelt ist im eigenen Glauben, den wird eine echte Begegnung mit anderen Religionen nicht erschüttern. Im Gegenteil: er wird sich durch deren Geist bereichern lassen. Und er wird durch diese Begegnung auch die Schätze der eigenen Tradition besser zu würdigen wissen. Auf den persönlichen Gott des Christentums möchte Brantschen nämlich nicht verzichten. Er ist und bleibt Christ.
Wohin ein globaler Dialog der Religionen uns in Zukunft führt, so Brantschen, wird sich nicht verordnen lassen. In dieser Sache hält er’s mit dem Christus-Wort aus dem Johannes–Evangelium: "Fürchtet Euch nicht!" - und vor allem: Lasst Euch überraschen!
Eines allerdings ist jetzt schon klar: Christentum und Buddhismus haben mehr miteinander gemein als man denkt. Erst die Begegnung mit dem Zen-Buddhismus hat dem Jesuiten-Pater die Augen geöffnet für die mystisch-meditative Tradition in der eigenen Kirche: für die Schriften von Meister Eckart, Theresa von Avila oder Johannes vom Kreuz. In den Klöstern wurde immer meditiert. Sowohl im buddhistischen Osten als auch im christlichen Westen.
In Brantschens Buch geht es nicht nur um den menschlichen Geist. Ein Kapitel trägt den Titel "Berge". Ein anderes heißt "Brot". "Der Mensch hat nicht nur einen Leib, er ist Leib", darauf legt der Autor großen Wert. "Die Weise, sich zu ernähren, trägt viel dazu bei, den Geist zu erheben oder niederzudrücken", hat Ignatius von Loyola gesagt, der Gründer des Jesuiten-Ordens. Um dieses Thema geht es im Kapitel "Brot". Und darum, dass von Buddhisten viel zu lernen ist in Sachen "körper-freundliche Ernährung".
Was das Kapitel "Berge" betrifft: Brantschen ist in den Schweizer Alpen groß geworden. Gipfel und Gletscher sind ihm Bezirke des Heiligen. "Die Berge sind stille Meister und machen schweigsame Schüler", eine goethesche Erfahrung, die auch Pater Brantschen nicht missen möchte. Er ist ein begeisterter Bergwanderer, schon weil man beim Gehen so vorzüglich meditieren kann. Auf dem Gipfel des Bristen (ein Dreitausender in der Zentralschweiz) hat der Jesuiten-Pater sogar schon mal ein junges Paar getraut. Nach stürmischem Aufstieg und einer sternenklaren Nacht. Bei Sonnenaufgang.
Rezensiert von Susanne Mack
Niklaus Brantschen: Das Viele und das Eine. Für eine weltoffene Spiritualität
Kösel Verlag, München 2007
160 Seiten. 16,95 EUR
Dann empfiehlt er jedem Christen, sich mit buddhistischen Praktiken der Meditation zu beschäftigen. Nicht nur theoretisch, sondern sich tatsächlich im Meditieren zu üben. Das würde einem im westlich-geschäftigen Alltag sehr helfen, konzentrierter zu arbeiten und sich besser zu entspannen, Stress loszuwerden und Gelassenheit zu finden.
Niklaus Brantschen wurde in den 70er Jahren von seinem Orden nach Japan geschickt. In das Jesuiten-Haus von Pater Hubert Lasalle. Der lebte damals schon über 40 Jahre in Japan und hatte sich – neben seinem christlichen Missionswerk – unter der Leitung japanischer Meister über Jahrzehnte hinweg strengen Zen-Übungen unterzogen. Im Alter von 80 Jahren wurde ihm der Titel eines Zen-Meisters verliehen. Brantschen ist bei Lasalle in die Lehre gegangen.
Von Seiten der christlichen Amtskirchen wird heute gern die Order ausgegeben: "Dialog der Religionen: Ja, aber bitte keine Vermischung!", Niklaus Brantschen betrachtet solcherlei Anweisungen mit Skepsis. Er meint, Globalisierung bedeute eben auch Globalisierung der Spiritualität.
Man solle doch das Kind beim Namen nennen: die christlichen Kirchen betrachten beunruhigt den Vormarsch des Buddhismus in Europa und fürchten, dass sich Kirchenmitglieder vom Glauben ihrer Väter verabschieden und zum Buddhismus überlaufen. Oder sich selbst eine Art "Patchwork-Religion" kreieren. Das Wort ist in Kreisen der christlichen Amtskirchen ziemlich verrufen. "Dialog der Religionen: ja. Vermischung: auf keinen Fall!"
Brantschen vermutet, solche Sätze sind aus der Angst geboren. Motto: "Wasch’ mich, aber mach’ mich nicht nass!". Wer einen echten Dialog will, so der Autor, muss die Religion der anderen verstehen lernen, sich in ihren Geist hineinversetzten, das heißt zum Beispiel auch, mal die Reden des Buddha studieren. Mit Hilfe dieser Außenperspektive, schreibt der Autor, gelangt man übrigens auch zu einem besseren Verständnis der eigenen Religion.
Brantschen jedenfalls ist überzeugt: Wer wirklich verwurzelt ist im eigenen Glauben, den wird eine echte Begegnung mit anderen Religionen nicht erschüttern. Im Gegenteil: er wird sich durch deren Geist bereichern lassen. Und er wird durch diese Begegnung auch die Schätze der eigenen Tradition besser zu würdigen wissen. Auf den persönlichen Gott des Christentums möchte Brantschen nämlich nicht verzichten. Er ist und bleibt Christ.
Wohin ein globaler Dialog der Religionen uns in Zukunft führt, so Brantschen, wird sich nicht verordnen lassen. In dieser Sache hält er’s mit dem Christus-Wort aus dem Johannes–Evangelium: "Fürchtet Euch nicht!" - und vor allem: Lasst Euch überraschen!
Eines allerdings ist jetzt schon klar: Christentum und Buddhismus haben mehr miteinander gemein als man denkt. Erst die Begegnung mit dem Zen-Buddhismus hat dem Jesuiten-Pater die Augen geöffnet für die mystisch-meditative Tradition in der eigenen Kirche: für die Schriften von Meister Eckart, Theresa von Avila oder Johannes vom Kreuz. In den Klöstern wurde immer meditiert. Sowohl im buddhistischen Osten als auch im christlichen Westen.
In Brantschens Buch geht es nicht nur um den menschlichen Geist. Ein Kapitel trägt den Titel "Berge". Ein anderes heißt "Brot". "Der Mensch hat nicht nur einen Leib, er ist Leib", darauf legt der Autor großen Wert. "Die Weise, sich zu ernähren, trägt viel dazu bei, den Geist zu erheben oder niederzudrücken", hat Ignatius von Loyola gesagt, der Gründer des Jesuiten-Ordens. Um dieses Thema geht es im Kapitel "Brot". Und darum, dass von Buddhisten viel zu lernen ist in Sachen "körper-freundliche Ernährung".
Was das Kapitel "Berge" betrifft: Brantschen ist in den Schweizer Alpen groß geworden. Gipfel und Gletscher sind ihm Bezirke des Heiligen. "Die Berge sind stille Meister und machen schweigsame Schüler", eine goethesche Erfahrung, die auch Pater Brantschen nicht missen möchte. Er ist ein begeisterter Bergwanderer, schon weil man beim Gehen so vorzüglich meditieren kann. Auf dem Gipfel des Bristen (ein Dreitausender in der Zentralschweiz) hat der Jesuiten-Pater sogar schon mal ein junges Paar getraut. Nach stürmischem Aufstieg und einer sternenklaren Nacht. Bei Sonnenaufgang.
Rezensiert von Susanne Mack
Niklaus Brantschen: Das Viele und das Eine. Für eine weltoffene Spiritualität
Kösel Verlag, München 2007
160 Seiten. 16,95 EUR