Sprechende Darmausgänge in Comics
Dem Horror einer Erkrankung mit schwarzem Humor begegnen – das ist wohl nur im Comic möglich. An der FU Berlin widmen sich Forscher der Darstellung von Krankheiten in Comics und haben eine Ausstellung organisiert.
Rankende Baumwurzeln, die an Adern erinnern; naturalistisch gezeichnete Organe mit Augen und Armen, bunte Pillen und Tabletten in allen Farben und Formen, düstere Traumsequenzen – der Darstellung von Krankheiten, seien sie physisch oder psychisch, sind im Comic kaum Grenzen gesetzt.
Kein anderes Medium verfügt über so zahlreiche Möglichkeiten, auch nicht Sichtbares wie das Erleben und den Umgang mit Krankheiten und psychischen Störungen im wahrsten Sinne des Wortes sichtbar zu machen. Das beweist eine neue Ausstellung, die "Sick! Kranksein im Comic" heißt und im Medizinhistorischen Museum Berlin zu sehen ist.
Comics treffen auf medizinische Präparate
Die Comics wurden in der Schau neben medizinhistorischen Präparaten platziert, Geschichten treffen auf Einzelobjekte. Organisator der Ausstellung ist das an der Freien Universität Berlin beheimatete Forschungsprojekt "PathoGraphics". Dessen Leiterin ist die Literaturwissenschaftlerin Irmela Krüger-Fürhoff. Idee des Projektes sei, nicht nur über die Werke zu arbeiten, sondern auch mit den Künstlern ins Gespräch zu kommen, sagte sie im Deutschlandfunk Kultur.
Im Comic könne man Dinge stärker auf den Punkt bringen, meint Krüger-Fürhoff. Ein Zeichner brauche nur wenige Striche, um einen kulturellen Kontext darzustellen, Literatur benötige dafür mehr Platz und Zeit. Ein von ihr favorisiertes Werk in eine Graphic Novel über die Krankheit Morbus Crohn, eine entzündliche Darmerkrankung. Die Krankheit hat in der Geschichte einen künstlichen Darmausgang zur Folge, der als sprechender Mund gezeichnet wird und dem betroffenen jungen Mann droht, er werde ihm beim nächsten Kontakt zu einer Frau den Spaß schon vertreiben.
Schwarzer Humor als Hilfe
In dieser Geschichte gehe es um den Umgang mit gesellschaftlicher Stigmatisierung, es sei aber auch ein "Ermächtigungsgestus", sagte Krüger-Fürhoff. Der Künstler verleihe dem Darmausgang eine Stimme, begrenze ihn damit zugleich und mache deutlich, dass der Umgang mit dem schweren Schicksal vielleicht mit einer "Prise schwarzem Humor" ein bisschen leichter sei. (ahe)