"Paulchen" Kuhn ist tot

Von Matthias Wegner |
Der Sänger, Jazz-Pianist und Bandleader Paul Kuhn ist tot. Er verstarb am Wochenende im Alter von 85 Jahren. "Paulchen" Kuhn hat zahllose Kapitel deutscher Musikgeschichte geschrieben. Berühmt wurde der leidenschaftliche Jazzer mit dem Schlager: "Der Mann am Klavier".
"Ja Gott - es war nicht meine Idee. Der Text war nicht von mir, die Musik war nicht von mir, ich habe es lediglich gesungen und ich fand es eigentlich ganz lustig, weil ein Freund von mir, der eigentlich Verwaltungsrichter ist, der hat den Text gemacht und die Musik kommt aus Holland von einem Verleger, der die Melodie mir geschickt hat. Dann habe ich es aufgenommen und siehe da: Es war ein großer Erfolg."

Der Mann am Klavier - Paul Kuhn hat es in den folgenden Jahrzehnten ertragen müssen, dass ihm immer wieder Leute, die besonders originell sein wollten, dieses besungene Bier beim Konzert auf sein Klavier stellten. Jeder dachte, er wäre der Erste mit dieser Idee, betonte Paul Kuhn immer wieder gerne kopfschüttelnd im Interview.

Seine Karriere aber ging nach diesem Schlager von 1954 steil bergauf und auch viele Jahrzehnte später blickte Paul Kuhn ohne Scham auf seine frühen Jahre als Schlagersänger.

"Ich finde, wenn man etwas macht, muss man es gut machen. Es muss handwerklich in Ordnung sein, es muss eine gute Aufnahme sein. Der Text muss ein bisschen was aussagen im Gegensatz zu vielen Schlagern, die heute gemacht werden und wenn es nur eine Persiflage und ein kleiner Witz ist. Wenn man das glaubwürdig rüber bringt, ist eigentlich schon der Sache genüge getan, finde ich."

Paul Kuhns wahre Liebe war zeitlebens - ohne Frage - der Jazz. Genauer gesagt der Swing und ganz bald dann der Bebop. Geboren 1928 in Wiesbaden spielte Kuhn nach dem Zweiten Weltkrieg regelmäßig in den Clubs der Alliierten und arbeitete für den Sender AFN. Paul Kuhn war vom Jazz infiziert:

"Er war immer dabei. Das andere habe ich gegen Geld gemacht, ich wollte eben auch Geld verdienen und ein vernünftiges Leben führen. Damals konnte ich das vom Jazz nicht machen. Da konnten nur die Großen: Herr Peterson und Ella Fitzgerald - die Big Names, die haben gutes Geld verdient, die anderen doch nicht so sehr."

Leiter der Bigband des SFB
Paul Kuhn musste häufiger in seinem bewegten Leben kleine Umwege nehmen, um wieder zu seiner eigentlichen Liebe zu finden. Nach seinen Erfolgen als Schlagersänger leitete er ab 1968 die Bigband des SFB - des Sender Freies Berlin - und war unter anderem als Leiter des SFB-Tanzorchesters, aber auch mit eigenen Shows Dauergast im Fernsehen.

Als die SFB-Bigband aufgelöst wurde, 1980 - zog Paul Kuhn nach Köln und gründete dort sein eigenes privates Orchester. Auch wenn er sich umstellen musste, nun konnte er sein eigenes Ding machen. Noch konsequenter dann mit seinem Trio, das seit den mittleren 90er-Jahren fast pausenlos live zu hören war und mit dem Paul Kuhn eine beachtliche Liste an CDs aufnahm und immer wieder prominente Gäste einlud.

Sein Klavierspiel hat Paul Kuhn über all die Jahre immer weiter konzentriert und auf den Punkt gebracht:

"Ich bin ein Minimalist, wenn man so viel. Ich spiele nicht sehr viel, aber ich glaube, dass ich auch mehr Zeit habe und mehr üben kann und zu Hause viel Klavier spiele. Ich spiele vielleicht nicht viele Noten, aber die, die ich spiele, sind sauber gespielt."

Paul Kuhn dachte auch im hohen Alter nicht daran, in Rente zu gehen. Er brauchte die Bühne, und wenn er da mit seinem Trio auf der Bühne saß - in dieser unschlagbaren Art aus sympathischer Lässigkeit und Eleganz - da wirkte er auf einen Schlag Jahrzehnte jünger.

"Auf der Bühne ist man ein anderer Mensch, man ist voll da und das freut mich sehr. Wenn man dahin geht und die Leute da sind und das Licht brennt, das hat was Besonderes, man schwebt."