Warum der Dompropst das Licht ausmacht
Die katholische Kirche in Köln stellt sich klar gegen die Pegida-Bewegung. Wer dort mitlaufe, unterstütze automatisch auch extreme Ansichten, sagt der Kölner Dompropst Norbert Feldhoff.
Die katholische Kirche sei gegen Ausgrenzung und für Religionsfreiheit in Deutschland, betont der Kölner Dompropst Norbert Feldhoff.
Diese müsse umfassend sein und auch für den Islam gelten, betonte er im Deutschlandradio Kultur. Wer bei "Kögida" - dem Kölner Ableger der Dresdner Pegida-Bewegung - mitlaufe, unterstütze automatisch extreme Ansichten, warnte Feldhoff. Die für Pegida typische Mischung aus Extremisten und Menschen aus dem bürgerlichen Lager bezeichnete der Dompropst als gefährlich.
Heute wird es keine "schönen" Demo-Bilder mit hell erleuchtetem Dom geben
Feldhoff bestätigte, dass die Lichter am Dom heute Abend aus bleiben. "Wir wollten nicht mit dem schön hell erleuchteten Dom im Hintergrund wunderbare Bilder für diese Demonstration liefern", sagte er. Die Aktion solle zum Nachdenken anregen, betonte der Probst. Er habe deswegen eine Fülle von E-Mails bekommen: "Das ist zum Teil erschütternd, warum man gegen unsere Aktion ist. Einmal wurde sogar Hitler gelobt." Es seien rassistische Äußerungen darunter, es hätten sich aber auch gutbürgerliche Katholiken gemeldet, die enttäuscht seien und jetzt aus der Kirche austreten wollten.
"Das Schwierige ist, wie man ins Gespräch kommt mit den Menschen, die nur aus Angst und Sorge überfremdet zu werden, da mitmarschieren, selbst aber nicht die extremen Ansichten haben, und da weiß ich mir letztlich auch noch keine Lösung", so Feldhoff.
Das Interview im Wortlaut:
Nana Brink: Das gibt es ja auch nicht alle Tage, dass am Dom zu Köln die Lichter ausgehen. So wird es heute Abend zwischen 18 Uhr 30 und 21 Uhr sein, just zu dem Zeitpunkt, wenn auch in Köln die "Pegida"-Anhänger auf die Straße gehen wollen. Der Dom folgt dann sozusagen dem Beispiel der Dresdner Semper-Oper, wo man auch schon die Lichter ausgeschaltet hat. Die Idee hatte Norbert Feldhoff, als Kölner Domprobst und Seelsorger sehr präsent in seiner Gemeinde. Guten Morgen, Herr Feldhoff!
Norbert Feldhoff: Guten Morgen, Frau Brink!
Brink: Der Dom soll heute Abend dunkel bleiben. Was wollen Sie damit erreichen?
Feldhoff: Wir hörten von der "Kögida"-Demonstration und hatten auch von der Semper-Oper gehört, dass das Licht ausgeschaltet wurde. Wir haben die Erfahrung, dass viele Demonstrationen gerade am Dom stattfinden, weil mit dem Dom im Hintergrund die Medien gern solche Bilder aufnehmen. Die "Kögida"-Demonstration beginnt in Köln-Deutz und endet dann auf dem Roncalli-Platz vor dem Dom, und wir wollten nicht mit dem schönen hell erleuchteten Dom im Hintergrund wunderbare Bilder für diese Demonstration liefern. Das war der eigentliche Grund. Wir lassen die Beleuchtung aus, und dann ist der Dom dunkel und nicht so wunderschön hell erleuchtet im Hintergrund.
Brink: Sie haben es gesagt, in Köln nennen sie sich ja "Kögida"-Anhänger. Distanzieren Sie sich mit dieser Aktion dann auch von denen?
"Eine Fülle von E-Mails bekommen"
Feldhoff: Ja, man muss das sehr unterscheiden. Ich kenne die Zusammensetzung in Köln überhaupt nicht. Ich kenne keine Person, die da mitmacht. Wir wissen aber von der "Pegida"-Zusammensetzung, dass sie außerordentlich gemischt ist. Da sind sehr gutbürgerlich-konservative Menschen, auch aktive Katholiken drunter, die Angst haben, die befürchten, dass Deutschland islamisiert wird. Und es sind vom Beginn, vom Ursprung her und auch immer wieder durch Äußerungen erkennbar, extreme Personen darunter. Ich habe eine Fülle von E-Mails, an die 200, bekommen, und das ist zum Teil erschütternd, warum man gegen unsere Aktion ist. Einmal wurde sogar Hitler gelobt. Es sind rassistische Äußerungen da drunter, aber auch sehr betroffene Katholiken, die enttäuscht sind, die aus der Kirche austreten wollen...
Brink: Wegen dieser Aktion?
Feldhoff: ...weil wir das Licht ausmachen. Es ist also extrem unterschiedlich. Und diese Aktion "Licht aus" am Kölner Dom sollte eher zum Nachdenken veranlassen, dass den Menschen bewusst ist, ist es sinnvoll, in einer Menge mitzumarschieren, in der auch ganz extreme Ansichten vertreten werden. Man unterstützt dann auch solche extremen Ansichten, selbst, wenn man persönlich keine rassistischen Überlegungen anstellt. Die Mischung ist das Gefährliche, und darauf wollen wir hinweisen, das liegt auf derselben Linie wie die Äußerung der Bundeskanzlerin: Folgt denen nicht! Sie spricht da ja auch die Vernünftigen, die Konservativen an, aber man unterstützt in solcher Aktion auch die Extremen.
Brink: Also Sie distanzieren sich dann doch schon?
Feldhoff: Ja, auf jeden Fall sind wir gegen jede rassistische Äußerung. Ich bin für Religionsfreiheit in Deutschland, nicht nur für Christen, sondern auch für Juden und für Mohammedaner. Die Religionsfreiheit muss umfassend sein. Jeder Gläubige, ganz gleich, welcher Religion, muss in Deutschland seine Religion ausüben. Wenn da extreme Leute sind, die gegen Gesetze verstoßen, soll man auch vom Gesetz gegen die vorgehen, ob das Christen oder Mohammedaner sind, spielt keine Rolle. Aber zunächst mal muss Freiheit für die Religionsausübung sein, auch für den Islam.
Brink: Sie haben eben gerade geschildert, dass sie sehr schockiert waren auch über die E-Mails, die Sie bekommen haben aufgrund dieser Aktion. Es gab ja auch Austritte, das hat auch das Kölner Dom-Radio berichtet. Wie erleben Sie dann diese Diskussion? Gibt es doch sehr große Vorbehalte, auch in Köln, ja eigentlich eine sehr liberale Stadt mit einer großen Migrationsgeschichte?
"Es ist eine intensive, kontroverse Diskussion entstanden"
Feldhoff: Es hat sich ja vor ein, zwei Tagen schon eine Gruppe zusammengefunden, die Gegendemonstrationen machen, die sogar verhindern wollen, dass diese "Kögida"-Gruppe von Köln-Deutz über die Brücke bis zum Roncalli-Platz kommt. Daran bin ich nicht beteiligt. Wir sind nur dafür, dass Licht auszumachen. Aber es ist in Köln eine intensive, kontroverse Diskussion entstanden.
Brink: Das ist ja nicht neu, denn ich denke jetzt mal an diesen Moschee-Bau, 2007 begann es, da gab es ja auch massive Proteste. Sie waren damals auch dafür, die Moschee zu bauen. Ist das sozusagen jetzt eine Fortsetzung dieser angespannten Situation von damals?
Feldhoff: Ob das jetzt geschichtlich zusammenhängt, weiß ich nicht. Ich sehe das eher, dieser Widerstand auch resultiert aus dem Widerstand gegen diese extreme "Hogesa"-Geschichte. Da hat es ja schon mal eine Gegendemonstration...
Brink: Also die Hooligans, die auf die Straße gegangen sind vor einigen Wochen.
Feldhoff: ...die Hooligans und so. Und man befürchtet, dass auch Hooligans sich in diese "Kögida"-Sache einmischen. Ich weiß es nicht, ich kann es nicht sagen. Aber in Köln ist wegen der, sagen wir mal, der Kultur dieser Stadt, der Widerstand gegen so extreme Aktionen ganz deutlich.
Brink: Wie soll man sich denn dann als Zivilgesellschaft verhalten? Ist das nicht auch für Sie als christliche, als Kirche, sehr schwierig, weil man ja den Weg der Ausgrenzung auch nicht unbedingt gehen kann – das ist ja auch kein christlicher.
"Das Schwierige ist, ins Gespräch zu kommen"
Feldhoff: Nein, nein - wir sind ja gegen die Ausgrenzung. Das Schwierige ist, wie man ins Gespräch kommt mit den Menschen, die nur aus Angst und Sorge, überfremdet zu werden, da mitmarschieren, die selbst aber nicht die extremen Ansichten haben. Und da weiß ich letztlich auch noch keine Lösung. Sicher ist, dass man versuchen muss, mit diesen Menschen ins Gespräch zu kommen. Die Führer von "Pegida", so habe ich gelesen, in Dresden, haben ja Gespräche überhaupt abgelehnt. Und das Ganze ist auch sehr stark bestimmt, sehe ich aus meinen E-Mails, dass wir jetzt mit dem Licht-Aus einem Trend folgen, der einfach von den Medien inszeniert worden sei. Wir hätten keinen Mut, uns dagegenzustellen. Also es ist eine sehr kontroverse Diskussion. Wie man die in den Griff bekommt, weiß ich auch nicht.
Brink: Norbert Feldhoff, Kölner Domprobst. Vielen Dank für das Gespräch!
Feldhoff: Gerne!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.