Provokateur und Frauenversteher
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Schrill, bunt, laut: Mit Filmen wie "Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs" wurde der spanische Regisseur Pedro Almodóvar berühmt. Einen Oscar hat er bereits – bald könnte der nächste folgen. Heute wird Almodóvar 70 Jahre alt.
Dass er einmal zum Film gehen würde, war Pedro Almodóvar schon als Kind klar – als er in den 50er-Jahren in der ländlichen Region La Mancha aufwuchs, erzählt er vor kurzem auf einer Pressekonferenz:
"Man gab uns damals ganz gerne Brot mit Schokolade zu essen. Ich erinnere mich, dass in der Hülle der kleinen Schokoladentäfelchen Aufkleber mit Hollywoodstars waren – in leuchtenden Farben, poppig gestaltet. Das war mein erster Kontakt mit der Filmwelt, ein etwas fettiger, schmieriger Kontakt. Und mir war klar, dass das ein ganz anderes Universum war als das meiner Heimat La Mancha."
Vom Gelegenheitsarbeiter zum Regisseur
Also verließ Almodóvar sein Universum und zog mit 16 Jahren alleine in die spanische Hauptstadt Madrid. Erst schlug er sich mit Gelegenheitsjobs durch, später arbeitete er als Büroangestellter. Bis Anfang der 80er-Jahre die "Movida" ausbrach, der kulturell-kreative Befreiungsschlag gegen den Mief der zurückliegenden Franco-Ära. Almodóvar machte überall mit: Er sang, schrieb, redete über Filme und drehte schließlich selbst welche. Schrill, bunt und laut – wie "Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs", 1988 sein erster internationaler Erfolg.
"Átame!" hieß Almodóvars nächster Erfolg zwei Jahre später, "Fessele mich!" Es war gleichzeitig der Durchbruch für Antonio Banderas: Er spielte in dem Film einen Psychopathen, der eine Frau tagelang ans Bett fesselt. Ein verstörender Streifen, sagt Penélope Cruz. Aber auch ein Werk, das sie aufgerüttelt habe:
Lieblingsschauspielerin Penélope Cruz
"Der Film hat mich so fasziniert. Ich war schon Fan von Pedro, aber als ich aus dem Kino herauskam, beschloss ich, Schauspielerin zu werden und irgendwann mal mit ihm zu arbeiten."
Genau dazu kam es auch: Penélope Cruz stand seit Ende der 90er-Jahre in etlichen Almodóvar-Filmen vor der Kamera. Sowieso hat Almodóvar seine Lieblingsschauspieler, die er immer wieder einsetzt. Oder eher: seine Lieblingsschauspielerinnen. Denn gerade die Frauen haben es dem schwulen Regisseur angetan: Carmen Maura, Victoria Abril oder Marisa Paredes. Und so wurde sein Erfolgsfilm "Volver" 2006 auch so etwas wie eine Hymne an die Frauen.
Eine der wichtigsten Frauen: die Mutter
Eine der wichtigsten Frauen in Almodóvars Lebens war aber seine Mutter, das betont er immer wieder. Auch wenn sie seine Arbeit als Regisseur eher kritisch sah, wie sie in einer Dokumentation des spanischen Fernsehens gesteht:
"Meine Nachbarinnen haben mir mal erzählt: 'In den Filmen deines Sohns kommen so viele Bettszenen vor.' Und ich sah, dass ihnen das gar nicht gefällt. Und ich dachte mir: Oh mein Gott, ich schäme mich dafür, dass meine Nachbarinnen das gesehen haben!"
Seine aktuellen Filme sind weniger wild und zügellos, eher tiefgründig und nachdenklich. Das neuste Werk "Leid und Herrlichkeit" ist eine Art Autobiografie Almodóvars. Sie könnte ihn Anfang nächsten Jahres wieder in das Universum bringen, das er schon von den Schokoladentafeln seiner Kindheit kennt: nach Hollywood. Nämlich dann, wenn der Streifen dort als "bester internationaler Film" für einen Oscar nominiert oder sogar mit der Trophäe geehrt wird.