"Kein guter Tag für Dresden"
Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders sollte die Pegida-Demonstranten nach Dresden locken. Doch nicht einmal die Hälfte der 30.000 angemeldeten Demonstranten war gekommen. Viele Bürger hielten dagegen: Dresden sei kein Mekka der Islamophobie.
Wird Dresden zum Mekka der Islamophobie? Zum neuen Pilgerort der Rechtspopulisten? Das war die zentrale Frage an diesem 13. April in der sächsischen Landeshauptstadt. Und es gab drei Orte, an denen man am gestrigen Montag Abend nach Antworten suchen konnte.
Der erste Ort ist der Albertplatz in der Dresdner Neustadt, wo eine der Kundgebungen des Sternmarsches unter dem Titel "Vielfalt vor Einfalt" startete. Mit ein bisschen Sinn für Ironie waren auch orientalische Klänge in den Straßen zu hören.
Nein, Dresden besteht nicht nur aus Pegida-Anhängern, wollen sie zeigen. Und: Nein, wir wollen nicht, dass Dresden zu einem Treffpunkt der Rechtspopulisten wird. Victor Vinzce von Ausländerbeirat Dresden gibt sich entschlossen:
"Dass ist für uns wirklich sehr wichtig, wenn Europas berühmtester Islamhasser hier auftritt, einfach ein bisschen dagegen zu halten. Um zu zeigen, Dresden ist kein Mekka der Islamophobie, sondern eine weltoffene Stadt."
Die Bürger, die hier auf der Straße stehen – darunter viele Schüler und Studenten - geben sich zwar gut gelaunt, aber einige von ihnen sind immer noch erstaunt über das Kräfteverhältnis zwischen Pegida-Symapathisanten und -gegnern. Sie können nur mit dem Kopf schütteln, über das, was sich seit Monaten in ihrer Stadt abspielt.
"Ich halte das für total bescheuert, aber das ist nun mal so. Damit muss die Stadt leben und die Menschen auch. Aber sie müssen dann dagegen auftreten und das Richtige unternehmen."
Oder:
"Ich finde es ganz beschämend. Für Dresden. Für alle."
Einigkeit unter Landespolitikern
Der nächste Ort, um nach einer Antwort zu suchen ist der Saal der Landespressekonferenz im Landtag. Um im Bild zu bleiben – der größte Informationsbasar des Freistaats. Am frühen Nachmittag hatten die drei Kandidaten der großen Parteien zu einer Pressekonferenz zum Thema Pegida und Geert Wilders eingeladen. Dirk Hilbert von der FDP, Eva-Maria Stange vom linken Parteienbündnis und Markus Ulbig, CDU zeigten ihre Besorgnis.
Das besondere: Alle saßen gemeinsam auf dem Podium und demonstrierten eine bis dahin ungesehene Einigkeit. Der Liberale Dirk Hilbert sagt, man müsse alles tun ...
"...dass Dresden eben nicht zu einem Wallfahrtsort der europäischen Rechten wird."
Eva-Maria Stange sieht bei den Sammlungsbewegungen Grenzen überschritten:
"Wer hinter der Fahne von Geert Wilders mitläuft und jubelt, hat meiner Ansicht nach einer Grenze überschritten. Das ist ein klares Bekenntnis, was da auch zustande kommt. Da wird eine Toleranzgrenze auch überschritten."
Markus Ulbig muss bei seinem Statement ein bisschen seufzen. Und auch er schüttelt den Kopf:
"Es ist kein guter Tag für Dresden."
Dresden als "kruder Pilgerort"
Alle drei sind lange genug in der Politik aktiv, um sich an die Demonstrationen der Rechtsextremen rund um den 13. Februar, den Jahrestag der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg, zu erinnern. Jahr für Jahr marschierten Tausende Neonazis in einem sogenannten Trauermarsch durch die Stadt. In diesem Zusammenhang war Dresden schon einmal ein kruder Pilgerort.
Der dritte Ort, um nach einer Antwort zu suchen ist die Demo der Pegida selbst. Dass aus Dresden das Mekka von Rechtspopulisten wird, darauf arbeiten Lutz Bachmann und die anderen Pegida-Organisatoren hin. Mit Einladungen an Redner aus der Schweiz oder eben aus den Niederlanden.
Doch die Karawane der Pegida-Anhänger, die sich Richtung Messegelände schlängelte, war deutlich kürzer als erhofft. Von den angemeldeten 30.000 kam nicht einmal die Hälfte.
Im Hintergrund läuft David Hasselhoff – manche rufen "Wir sind das Volk". Ist schon wieder Wende? Und was für eine? Möchte man fragen...
Die Pegida-Anhänger harren tapfer auf dem zugigen umzäunten Gelände aus. Junge Männer mit Thor-Steinar-Jacken stehen herum, versteckt hinter dunklen Sonnenbrillen. Manchmal landet hinter vorbeigehenden Journalisten ein Spuckefaden auf dem Boden.
Eine grauhaarige Frau in der Menge tadelt ihren Mann für seine Wortwahl. "Nein, Hubert das heißt nicht Antifa, das heißt Linksfaschisten", sagt sie zu ihm.
Geert Wilders Auftritt
Dann Auftritt Geert Wilders:
"Meine lieben Freunde, dank, dass ich heute hier sein darf. Eine Ehre, hier in zu sprechen, in der Elbmetropole Dresden. In den letzten 22 Wochen habt Ihr Euch Montag für Montag zusammen mit deutschen Patrioten versammelt."
Wilders gibt sich Mühe, den selbst ernannten Patrioten in Dresden gut zuzureden. Er will neue Anhänger für seine Ideen auch in Deutschland finden. Aber der Funke will nicht bis in die letzten Reihen überspringen. Schnellen Schrittes verlassen einige Pegida-Fans nach dem Ende der Rede das Gelände.
Nächste Woche - am 20. April - will die Pegida erstmal Pause machen. Zeit zum Nachdenken für viele hier. Denn die Frage, ob Dresden zum Mekka der Islamophoben und Rechtspopulisten wird, ist noch nicht endgültig beantwortet.