Perversion mit System
Der Historiker Heinrich-August Winkler bescheinigt der Pegida-Bewegung eine antiaufklärerische und intolerante Ideologie. Die Demonstranten liefen Parolen hinterher, die Deutschland schon einmal in die Katastrophe gestürzt haben.
Den Historiker Heinrich August Winkler empört, dass ausgerechnet die Anhänger der Pegida-Bewegung für sich den Begriff des Abendlandes in Anspruch nehmen. Denn gerade dort, in Dresden, wirkten die Parolen der SED nach - im Sinne eines massiven Antiklerikalismus, einer Negation von Religion: "Insofern ist es eine Perversion, wenn da der Begriff Abendland benutzt wird." Das Abendland sei historisch eine konservative, sehr stark christlich-katholische Terminologie - in Absetzung zum demokratisch geprägten Westen.
"Was für eine Farce und was für ein Zynismus!"
Pegida funktioniere ständig Parolen um, so Winkler. Insofern habe "die Perversion fast schon System". Aus dem Kampfbegriff der Apo 1968 - "Springer-Presse" - habe Pegida "Lügenpresse, halt die Fresse" gemacht. Auch "Wir sind das Volk" werde umfunktioniert: "Man hat den Eindruck, die Agitatoren und Initiatoren von Dresden wollen unbedingt - nachdem Leipzig die Heldenstadt von 1989 war - Dresden zur Heldenstand für 2015 machen. Was für eine Farce und was für ein Zynismus!"
Der Historiker empfiehlt einen offensiven Umgang mit den selbst ernannten "Patrioten gegen eine Islamisierung des Abendlandes":
"Wir müssen denen, die den Pegida-Parolen hinterherlaufen, deutlich machen, dass das eine Ideologie ist, die Deutschland schon einmal in die Katastrophe gestürzt hat. Das ist die deutsche Ablehnung gegen die urwestlichen Ideen der unveräußerlichen Menschenrechte, der Toleranz, der Aufklärung, der Liberalität - alles das wird abgelehnt. Insofern steht der Anti-Islamismus nur als kleinster gemeinsamer Nenner im Vordergrund, während es in Wirklichkeit um eine zutiefst anti-liberale, antiaufklärerische, intolerante, antiwestliche Ideologie geht."