"Wenn es auf die Matraze geht, haben sie Not
Schon Max Frisch musste zugeben, dass er über Sex nicht schreiben kann. Der Literaturkritiker Rainer Moritz hat ein Buch namens "Wer hat den schlechtesten Sex?" über misslungene erotische Erzählversuche geschrieben, im Deutschlandradio Kultur präsentiert er besonders peinliche Beispiele.
Rainer Moritz, der das Literaturhaus Hamburg leitet, befasst sich seit Jahren mit sexuellen Beschreibungen in der Literaturgeschichte. Dabei stieß er auf "Autoren, von dem man weiß, sie können herrliche Gebirgslandschaften und herrliche Strandlandschaften beschreiben, doch wenn es auf die Matraze geht, haben sie Not und Mühe."
Zensur und Skandalisierung
Manche prominente Literaten versuchen es erst gar nicht, Sex-Szenen kommen in ihren Büchern nicht vor. Ein Grund dafür: "Es ist so schwierig, weil man darüber lange nicht schreiben durfte." Schriftsteller wie Günter Grass, die dennoch darüber schrieben, erfuhren Zensur und Skandalisierung. Das habe dazu geführt, "dass heute oft die Gossensprache regiert", sagte Moritz im Deutschlandradio Kultur.
Andere Autoren schreiben über das einst tabuisierte Thema besonders blumig und unfreiwillig komisch. Und dann sind da noch solche, die merkwürdige Tiervergleiche wählen, etwa mit Aalen, Hengsten und - wie zuletzt im gleichnamigen Roman von Rebecca Martin - mit Nacktschnecken. So schrieb der US-Schriftsteller James Salter einst: "Die Stille war überall, und er kam wie ein trinkendes Pferd." Beim Lesen überlegte sich Moritz, wie Pferde wohl trinken, schaute bei Youtube nach und dachte an die Pferde aus den Winnetou-Geschichten. Allerdings ohne wirklich eine Erklärung für den schrägen Sex-Vergleich zu erhalten. "Das ist ein Höhepunkt der Weltliteratur der letzten zehn Jahre", sagte der Literaturkritiker mit deutlich hörbarer Ironie.
Ironie ist eine feige Variante
Ein paar Regeln für eine sprachlich schönere Beschreibung von Sex hat Rainer Moritz auch parat. Eine Möglichkeit sei es, die körperliche Liebe auf die Schippe zu nehmen und zu ironisieren. "Das ist die einfachte, aber auch etwas feige Variante", sagt der Buchkritiker. Einige wenige Literaten seien in der Lage, sehr sachlich und genau den Sex zu schreiben, teilweise auf zig Seiten - "so detailliert wie eine Bauanleitung".