Per Telekinese tanzen die Bleistifte
Seit den 70ern untersuchte die Künstlerin Susan Hiller mit innovativen Methoden Träume, Trancezustände, Visionen, Ufo-Begegnungen und Nahtod-Erinnerungen. Eine Nürnberger Ausstellung zeigt ihre Beschäftigung mit dem Übernatürlichen.
Es knackt, quäkt und brummt in den Kopfhörern der Nürnberger Kunsthalle. Und manchmal meldet sich sogar jemand aus dem Jenseits zu Wort. Beispielsweise Winston Churchill.
In den 60er-Jahren machte ein lettischer Wissenschaftler Tonbandaufnahmen in ruhigen Räumen. Das aufgezeichnete Grundrauschen verstärkte er dann technisch und interpretierte das zu hörende Knacken und Zischen als Stimmen aus dem Jenseits. Susan Hiller ergänzt diesen Soundtrack der vermeintlichen Geisterwelt im abgedunkelten Raum der Kunsthalle mit Toncollagen und meditativen Wandprojektionen von Kreisen in Rot, Blau und Gelb. Mal stehen die für sich allein, werden größer oder kleiner, mal überlappen sie sich und erzeugen dabei die verschiedensten Mischfarben. "Magic lantern", "Laterna magica", nennt die Konzept-Künstlerin diese 1987 entstandene audio-visuelle Installation:
"Ich bin an der Technologie-Geschichte interessiert und an den damit zusammenhängenden Glaubensvorstellungen. Wenn wir zum Beispiel zu den Anfängen des Telefons zurückgehen, waren die Leute damals erstaunt, aus der Ferne Stimmen zu hören, ohne jemanden zu sehen: die Ursache für das Entstehen des Spiritismus, bei dem man mit Verstorbenen sprechen wollte. Sogar Thomas Edison und Alexander Bell, die Mitverantwortlichen für diese Erfindung, glaubten an die Kommunikation mit dem Jenseits – mit Hilfe des Telefons."
Eine spiritistische Sitzung oder ästhetische Geisterbahn ist deswegen trotzdem nicht in Nürnberg zu besichtigen. Vielmehr erinnert die 71-jährige an die Brüchigkeit der Existenz und ermuntert mit ihren Werken die Ausstellungsbesucher dazu, Unbekanntes hinter der Oberfläche zu entdecken. Es sind die etwas anderen Themen jenseits des gesellschaftlichen Mainstreams, die Susan Hiller in ihrer Kunst interessieren: gern verdrängte Themen wie die eigene psychische Befindlichkeit, das Unbewusste à la Sigmund Freud, aber eben auch unerklärliche Phänomene oder Labyrinthe als Wegweiser ins Innere.
In der fünfteiligen Installation "Psi girls" hat die in London lebende Amerikanerin Schnipsel aus mehreren Filmen zu einer Riesenprojektion montiert: eine cineastische Choreografie, bei der Mädchen per Telekinese ganz normale Bleistifte auf unerklärliche Weise zum Tanzen bringen.
Übernatürliche Kräfte interessieren Susan Hiller auch in ihrer Arbeit "Wild Talents". Filmausschnitte sind da auf einer Leinwand hinter einem Stuhl mit Monitor und rot flimmernden Glühbirnen in Kerzenform zu sehen: eine sakrale Mixtur aus pilgernden Kindern, Visionen und Werbestreifen. Faszination des Paranormalen?
"Ich würde nicht sagen, dass ich von übernatürlichen Themen fasziniert bin. In meinem gesamten Werk machen die nur einen Bruchteil aus, wurden aber eigens für diese Schau in den Mittelpunkt gerückt. Generell bin ich an allen möglichen Ideen unserer Kultur interessiert, auch an ganz gewöhnlichen Dingen. Was mich aber in diesem Fall wirklich interessierte, war die Faszination, die Massenmedien diesen sogenannten ‚besonderen Kräften’ entgegenbringen. Ich entdeckte da eine enge Verbindung zur traditionellen Religion und begann mich zu fragen, ob diese Themen in den Medien ein Ersatz für traditionelle religiöse Glaubensvorstellungen sind."
Schon Anfang des Jahres hatte die Tate Britain Susan Hiller umfangreich gewürdigt. Kein Zufall, dass jetzt die erste große deutsche Einzelausstellung der gebürtigen Amerikanerin ausgerechnet in Nürnberg präsentiert wird. Denn hier war die Künstlerin, die als aussichtsreiche Kandidatin für die nächste Documenta gehandelt wird, im Rahmen von Gruppenausstellungen schon zwei Mal mit Arbeiten vertreten. Die aktuelle Präsentation ist ein spannendes Potpourri, in dem durchaus auch Ironie ihren Platz hat. Eine kurzweilige Schau, die dazu einlädt, die Abenteuer des Alltags zu erkunden. Ein Glücksfall. Wie der Titel meint: "Von hier bis in die Ewigkeit".
Informationen der Kunsthalle Nürnberg
In den 60er-Jahren machte ein lettischer Wissenschaftler Tonbandaufnahmen in ruhigen Räumen. Das aufgezeichnete Grundrauschen verstärkte er dann technisch und interpretierte das zu hörende Knacken und Zischen als Stimmen aus dem Jenseits. Susan Hiller ergänzt diesen Soundtrack der vermeintlichen Geisterwelt im abgedunkelten Raum der Kunsthalle mit Toncollagen und meditativen Wandprojektionen von Kreisen in Rot, Blau und Gelb. Mal stehen die für sich allein, werden größer oder kleiner, mal überlappen sie sich und erzeugen dabei die verschiedensten Mischfarben. "Magic lantern", "Laterna magica", nennt die Konzept-Künstlerin diese 1987 entstandene audio-visuelle Installation:
"Ich bin an der Technologie-Geschichte interessiert und an den damit zusammenhängenden Glaubensvorstellungen. Wenn wir zum Beispiel zu den Anfängen des Telefons zurückgehen, waren die Leute damals erstaunt, aus der Ferne Stimmen zu hören, ohne jemanden zu sehen: die Ursache für das Entstehen des Spiritismus, bei dem man mit Verstorbenen sprechen wollte. Sogar Thomas Edison und Alexander Bell, die Mitverantwortlichen für diese Erfindung, glaubten an die Kommunikation mit dem Jenseits – mit Hilfe des Telefons."
Eine spiritistische Sitzung oder ästhetische Geisterbahn ist deswegen trotzdem nicht in Nürnberg zu besichtigen. Vielmehr erinnert die 71-jährige an die Brüchigkeit der Existenz und ermuntert mit ihren Werken die Ausstellungsbesucher dazu, Unbekanntes hinter der Oberfläche zu entdecken. Es sind die etwas anderen Themen jenseits des gesellschaftlichen Mainstreams, die Susan Hiller in ihrer Kunst interessieren: gern verdrängte Themen wie die eigene psychische Befindlichkeit, das Unbewusste à la Sigmund Freud, aber eben auch unerklärliche Phänomene oder Labyrinthe als Wegweiser ins Innere.
In der fünfteiligen Installation "Psi girls" hat die in London lebende Amerikanerin Schnipsel aus mehreren Filmen zu einer Riesenprojektion montiert: eine cineastische Choreografie, bei der Mädchen per Telekinese ganz normale Bleistifte auf unerklärliche Weise zum Tanzen bringen.
Übernatürliche Kräfte interessieren Susan Hiller auch in ihrer Arbeit "Wild Talents". Filmausschnitte sind da auf einer Leinwand hinter einem Stuhl mit Monitor und rot flimmernden Glühbirnen in Kerzenform zu sehen: eine sakrale Mixtur aus pilgernden Kindern, Visionen und Werbestreifen. Faszination des Paranormalen?
"Ich würde nicht sagen, dass ich von übernatürlichen Themen fasziniert bin. In meinem gesamten Werk machen die nur einen Bruchteil aus, wurden aber eigens für diese Schau in den Mittelpunkt gerückt. Generell bin ich an allen möglichen Ideen unserer Kultur interessiert, auch an ganz gewöhnlichen Dingen. Was mich aber in diesem Fall wirklich interessierte, war die Faszination, die Massenmedien diesen sogenannten ‚besonderen Kräften’ entgegenbringen. Ich entdeckte da eine enge Verbindung zur traditionellen Religion und begann mich zu fragen, ob diese Themen in den Medien ein Ersatz für traditionelle religiöse Glaubensvorstellungen sind."
Schon Anfang des Jahres hatte die Tate Britain Susan Hiller umfangreich gewürdigt. Kein Zufall, dass jetzt die erste große deutsche Einzelausstellung der gebürtigen Amerikanerin ausgerechnet in Nürnberg präsentiert wird. Denn hier war die Künstlerin, die als aussichtsreiche Kandidatin für die nächste Documenta gehandelt wird, im Rahmen von Gruppenausstellungen schon zwei Mal mit Arbeiten vertreten. Die aktuelle Präsentation ist ein spannendes Potpourri, in dem durchaus auch Ironie ihren Platz hat. Eine kurzweilige Schau, die dazu einlädt, die Abenteuer des Alltags zu erkunden. Ein Glücksfall. Wie der Titel meint: "Von hier bis in die Ewigkeit".
Informationen der Kunsthalle Nürnberg