Perfekter Unterhaltungsroman mit Tiefgang
Für seinen neuen Roman hat Bestseller-Autor T.C. Boyle erneut eine Persönlichkeit aus der US-Geschichte herausgepickt: In "Die Frauen" nimmt er sich des amerikanischen Star-Architekten Frank Lloyd Wright an und entwickelt einen großen Gesellschaftsroman der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
"Erinnerungen … türmen sich auf wie Schneewehen, / Bewegend wie die Mandarinenten, / Die schlafend nebeneinander dahintreiben."
Er vergleicht Romane mit Rockkonzerten: "Entweder, du bringst die Leute zum Tanzen, oder sie feuern dir Bierdosen an den Kopf." Er ist ein Kultstar der Literaturszene und einer der großen Bestseller-Autoren der amerikanischen Literatur, Thomas Coraghessan Boyle, besser bekannt als T.C. Boyle, Jahrgang 1948. In seiner Hippie-Zeit war er abhängig von harten Drogen, heute ist er Professor für Literatur. 17 Bücher hat Boyle mittlerweile geschrieben. Schon sein erster Roman "Wassermusik", 1982 in Deutschland veröffentlicht, machte ihn berühmt. Nun ist Boyles zwölfter Roman "Die Frauen" erschienen.
In seinen Büchern geht es meist um historisch-reale Menschen, die er oft sogar unter ihren richtigen Namen auftreten lässt, wie beispielsweise den Cornflakes-Kellogg oder den Sex-Kinsey. In "Die Frauen" nimmt sich Boyle des amerikanischen Architekten Frank Lloyd Wright, der unter anderem das Guggenheim-Museum in New York entworfen hat, an. Er porträtiert Wright, - 1867 geboren, 1959 gestorben - , der die moderne Architektur des 20. Jahrhunderts prägte, aus der Position seiner drei Ehefrauen und einer Geliebten: "War er das gekränkte Genie oder der Schürzenjäger und Soziopath, der das Vertrauen von praktisch jedem, den er kannte, missbrauchte, besonders das der Frauen, ja, besonders das ihre?"
Die Idee zu diesem Roman kam Boyle durch Zufall, vor Jahren zog er mit seiner Familie in ausgerechnet jenes Haus, das Wright 1909 für sich selbst, seine erste Frau Kitty und seine sechs Kinder gebaut hatte.
Erzählt wird der Roman aus der Perspektive zweier fiktiver Erzähler, die diesen Roman in den 80er-Jahren geschrieben haben sollen: erstens ein japanischer Architekt und ehemaliger Student von Wright, der die historisch-wissenschaftlichen Anmerkungen liefert, und zweitens dessen Co-Autor, ein unbekannter Lohnautor, der nicht nur mit seinem Namen in Erscheinung tritt, sondern auch mit seinem Stil, mit dem sich Boyle die Tür zu wildromantischen literarischen Ausflügen in die Welt des Melodramas á la "Vom Winde verweht" öffnet: Breitwand, Hollywood, Cinemascope, -mal ironisch, mal ernst gemeint: "… Sterne wie kühle weiße Pünktchen der Seligkeit …".
"Die Frauen" ist ein großer Gesellschaftsroman der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der vordergründig in Glamour und großen Gefühlen wie Liebe, Triebe und Romantik schwelgt, tiefgründig aber die damals großen Zeitthemen "Feminismus", "Puritanismus" und "menschenfreundliche Architektur" widerspiegelt und zeigt, wie aktuell diese geblieben sind. Was den Roman zum puren Lesegenuss macht: Boyles Beschreibungen von Landschaften, Licht, Architektur, Gerüchen und Geschmack, all das ist eine literarische Orgie der Sinne. Und natürlich nicht zu vergessen Boyles Ironie und Zynismus, speziell wenn es um Frank Lloyd Wright geht, - ein verzogenes Muttersöhnchen: "… seine Mutter ein alter Drache, der den Schatz bewacht."
"Die Frauen" ist ein perfekter Unterhaltungsroman mit Tiefgang, den man sich für einen schönen Urlaub zurücklegen sollte. Ein amerikanischer Kritiker schrieb nach der Lektüre, jetzt sei es Zeit, Boyle den Nobelpreis auf einem roten Samtkissen zu überreichen.
Rezensiert von Lutz Bunk
T.C. Boyle: Die Frauen
Übersetzt von Kathrin Razum und Dirk van Gunsteren
Hanser Verlag 2009
557 Seiten, 24.90 Euro
Er vergleicht Romane mit Rockkonzerten: "Entweder, du bringst die Leute zum Tanzen, oder sie feuern dir Bierdosen an den Kopf." Er ist ein Kultstar der Literaturszene und einer der großen Bestseller-Autoren der amerikanischen Literatur, Thomas Coraghessan Boyle, besser bekannt als T.C. Boyle, Jahrgang 1948. In seiner Hippie-Zeit war er abhängig von harten Drogen, heute ist er Professor für Literatur. 17 Bücher hat Boyle mittlerweile geschrieben. Schon sein erster Roman "Wassermusik", 1982 in Deutschland veröffentlicht, machte ihn berühmt. Nun ist Boyles zwölfter Roman "Die Frauen" erschienen.
In seinen Büchern geht es meist um historisch-reale Menschen, die er oft sogar unter ihren richtigen Namen auftreten lässt, wie beispielsweise den Cornflakes-Kellogg oder den Sex-Kinsey. In "Die Frauen" nimmt sich Boyle des amerikanischen Architekten Frank Lloyd Wright, der unter anderem das Guggenheim-Museum in New York entworfen hat, an. Er porträtiert Wright, - 1867 geboren, 1959 gestorben - , der die moderne Architektur des 20. Jahrhunderts prägte, aus der Position seiner drei Ehefrauen und einer Geliebten: "War er das gekränkte Genie oder der Schürzenjäger und Soziopath, der das Vertrauen von praktisch jedem, den er kannte, missbrauchte, besonders das der Frauen, ja, besonders das ihre?"
Die Idee zu diesem Roman kam Boyle durch Zufall, vor Jahren zog er mit seiner Familie in ausgerechnet jenes Haus, das Wright 1909 für sich selbst, seine erste Frau Kitty und seine sechs Kinder gebaut hatte.
Erzählt wird der Roman aus der Perspektive zweier fiktiver Erzähler, die diesen Roman in den 80er-Jahren geschrieben haben sollen: erstens ein japanischer Architekt und ehemaliger Student von Wright, der die historisch-wissenschaftlichen Anmerkungen liefert, und zweitens dessen Co-Autor, ein unbekannter Lohnautor, der nicht nur mit seinem Namen in Erscheinung tritt, sondern auch mit seinem Stil, mit dem sich Boyle die Tür zu wildromantischen literarischen Ausflügen in die Welt des Melodramas á la "Vom Winde verweht" öffnet: Breitwand, Hollywood, Cinemascope, -mal ironisch, mal ernst gemeint: "… Sterne wie kühle weiße Pünktchen der Seligkeit …".
"Die Frauen" ist ein großer Gesellschaftsroman der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der vordergründig in Glamour und großen Gefühlen wie Liebe, Triebe und Romantik schwelgt, tiefgründig aber die damals großen Zeitthemen "Feminismus", "Puritanismus" und "menschenfreundliche Architektur" widerspiegelt und zeigt, wie aktuell diese geblieben sind. Was den Roman zum puren Lesegenuss macht: Boyles Beschreibungen von Landschaften, Licht, Architektur, Gerüchen und Geschmack, all das ist eine literarische Orgie der Sinne. Und natürlich nicht zu vergessen Boyles Ironie und Zynismus, speziell wenn es um Frank Lloyd Wright geht, - ein verzogenes Muttersöhnchen: "… seine Mutter ein alter Drache, der den Schatz bewacht."
"Die Frauen" ist ein perfekter Unterhaltungsroman mit Tiefgang, den man sich für einen schönen Urlaub zurücklegen sollte. Ein amerikanischer Kritiker schrieb nach der Lektüre, jetzt sei es Zeit, Boyle den Nobelpreis auf einem roten Samtkissen zu überreichen.
Rezensiert von Lutz Bunk
T.C. Boyle: Die Frauen
Übersetzt von Kathrin Razum und Dirk van Gunsteren
Hanser Verlag 2009
557 Seiten, 24.90 Euro