Pet Shop Boys: "Hotspot"

Musikalische Liebeserklärung an Berlin

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Neil Tennant und Chris Lowe, die beiden Pet Shop Boys, bei einem Konzert in der Mercedes-Benz-Arena in Berlin.
Die "Pet Shop Boys" bei einem Konzert 2017 in Berlin. Dort haben die beiden Musiker auch ihren Zweitwohnsitz. © imago / Votos-Roland Owsnitzki
Von Marcel Anders |
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Eine Mischung aus Spielwiese und Zuflucht - das ist Berlin für die beiden "Pet Shop Boys" Chris Lowe und Neil Tennant. Der Stadt haben sie auch ihr neues Album "Hotspot" gewidmet. Darauf sei einer ihrer eingängigsten Songs, wie sie sagen.
"Wir haben Freunde in Berlin", sagt Chris Lowe von der britischen Band "Pet Shop Boys". "Wir mögen die vielen kleinen Cafés; es ist ein ganz anderer Lifestyle, der sich mehr um Kaffee und Kuchen dreht. Wir kriegen hier mehr geschafft, weil es ruhiger und entspannter ist als in London. Die Stadt hat einen ganz anderen Rhythmus und ist nicht so frustrierend. Wenn man in London ankommt, ist man sofort gestresst - hier dagegen viel relaxter."
Chris Lowe und der zweite Pet Shop Boy Neil Tennant sind bekennende Berlin-Fans. Was so weit geht, dass sie seit zehn Jahren ein Apartment im Westen der Stadt unterhalten – und ihr nun eine musikalische Hommage widmen. Aufgenommen in den legendären Hansa-Studios, in denen schon David Bowie und U2 gearbeitet haben, ist "Hotspot" eine Liebeserklärung an die deutsche Hauptstadt: an die Club-Szene, die Kaffeehauskultur, das öffentliche Nahverkehrssystem und das grüne Umland.
"Im zweiten Stück des Albums, in "You Are the One", besuchen wir einen der vielen Seen außerhalb der Stadt. Es ist eine Hommage ans sommerliche Berlin, das die meisten gar nicht kennen", so Neil Tennant. "Sie halten die Stadt für kalt. Dabei kann das Klima wunderbar sein. Ich bin hier oft im August, weil ich gerne mit dem Fahrrad durch die Wälder fahre."

Über den Brexit wollen sie nicht reden

Berlin ist für das Duo ein Hotspot – eine Mischung aus Spielwiese und Zuflucht. Ein Ort, an dem es Ruhe und Inspiration findet - und sich dem aktuellen Chaos in Großbritannien entzieht. Bei Themen wie Brexit und Boris Johnson schütteln die beiden Ü60er unwillig mit den Köpfen – reden wollen sie darüber nicht.
Auch ihre Songs sind kein Kommentar zum Zeitgeschehen, vielmehr ein Gegenentwurf dazu. Ein gezieltes Konzentrieren auf das Wesentliche – nämlich das Leben zu genießen und Spaß zu haben. Eine Botschaft, die Kritikern fast zu simpel ist:
"Ich habe online gelesen, wie jemand den Text zu 'Burning the Heather' als Metapher für den Brexit analysiert hat. Das hat überraschend gut funktioniert. Dabei war das gar nicht die Idee, die ich beim Schreiben hatte", betont Tennant. "Ich habe eher daran gedacht, dass man halt etwas zerstören muss, um etwas Neues zu schaffen. Aber wer weiß, vielleicht ist es ein unterbewusster Brexit-Song."
Der Spaßansatz setzt sich in der Musik fort: Die zehn Stücke bieten die typische "Pet Shop Boys"-Mischung aus Synthiepop, Disco und Bombast. Betont vielseitig, mit einem ausgesprochen druckvollen, dynamischen Sound und einem starken 80s-Vibe.

Kreativer Hedonismus hält sie jung

Ein überzeugendes Album zum Chillen und Feiern für alle, die der realen Welt einfach mal für die Dauer einer Dreiviertelstunde entfliehen wollen.
"Vor allem 'Monkey Business' ist ein echter Party-Track", sagt Tennant. "Einer der eingängigsten, die wir je gemacht haben. Er ist funky und bringt selbst mich zum Tanzen. Während 'Only in the Dark' ein sehr romantisches Stück darüber ist, mit jemandem auf der Couch rumzuknutschen. In Amerika würde man sagen: ein Song zum Rummachen."
Kreativer Hedonismus - ein Ansatz, der die ergrauten Boys jung hält, der sie im Mai auf Europa-Tournee gehen lässt und Fragen nach der eigenen Halbwertszeit im Keim erstickt. Tennant und Lowe denken nicht an die Rente – aber ans nächste Album:
"Da werden wir wohl wieder mit einem Orchester arbeiten. Wer weiß, vielleicht wird es auch unser Schlageralbum – mit dem Titel 'Pet Shop Boys – genau'. Darüber reden wir schon länger."
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