Bauen gegen jede Tradition
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Der US-Architekt Peter Eisenman ist hier vor allem bekannt durch sein Holocaust-Mahnmal in Berlin. Schon in den 1960er-Jahren fällt er mit exzentrischen Entwürfen auf, erläutert Architekturkritiker Felix Torkar. Jetzt wird Eisenman 90 Jahre alt.
Vor 90 Jahren, am 11. August 1932, wurde der Architekt Peter Eisenman geboren. Er gilt als Vertreter des Dekonstruktivismus in der Architektur – wie etwa Frank O. Gehry mit seinem Vitra Design Museum in Weil am Rhein und Daniel Libeskind mit dem Jüdischen Museum in Berlin.
Beginn mit viel Theorie und wenig Bauten
Aufgewachsen in New York, studiert Eisenman an den renommierten Architektur-Universitäten Cornell und Columbia, dann in Cambridge in England. Nach seiner Promotion ist er zunächst vor allem Theoretiker, schreibt über Architektur.
„Er hat sich in den richtigen Zirkeln bewegt und ist so ziemlich schnell ziemlich weit gekommen – ohne eigentlich viel zu bauen“, sagt der Architekturhistoriker Felix Torkar.
Früh kommt Eisenman mit seinen Entwürfen in Ausstellungen des Museum of Modern Art in New York, wird Teil der sogenannten „New York Five“, einer Gruppe, die ihre Entwürfe als Kritik an der Architektur der 1960er-Jahre verstand.
„Der klassischen Moderne ging so ein bisschen die Puste aus, und es ging um die große Frage, was als Nächstes kommt oder in welche Richtung es gehen soll“, erläutert Torkar. Eisenman sei einen ganz eigenen Weg gegangen, habe sich weder für Hightech-Architektur noch für die Postmoderne interessiert.
Suche nach Neuem
Beeinflusst durch den französischen Philosophen Jacques Derrida habe er dessen Ideen auf die Architektur übertragen und so den Dekonstruktivismus mitbegründet. Grundfeste wurden infrage gestellt:
„Das geht so weit, dass der Architekt selbst in Frage gestellt wird. Und Eisenman lehnt sich ganz fundamental gegen die vorangegangenen Generationen, lehnt quasi die letzten 2000 Jahre der Architekturtheorie ab.“
Und die besagte, dass Architektur nützlich und schön sein sollte. Doch Eisenman will noch einmal ganz neu anfangen. Dies zeige sich vor allem bei den Entwürfen für private Villen, die zu "gebauten Beweisen" bei der Erprobung seiner Theorien werden.
„Von der Ferne sehen die noch relativ vertraut aus, aber wenn man näher hinguckt, bleibt wirklich kein Stein auf dem anderen.“ Seine modernistischen Villen – "postfunktionalistisch" nennt Eisenman seinen Stil – sind voller nutzloser Details und Proportionen.
„Überall unnütze Stützen im Raum, man kommt kaum an den Küchentisch ran – im Schlafzimmer geht in der Mitte ein Glasstreifen durch, sodass man überhaupt kein Doppelbett hinstellen kann, dass man nicht mal die zwei Einzelbetten zusammenrücken kann.“
Mittelpunkt New York
Eisenman gründet 1967 das "Institute for Architecture and Urban Studies" in New York, wo auch der Sitz seines Architekturbüros "Eisenman Architects" ist. Er lehrt an unterschiedlichen Hochschulen, darunter in Harvard, Princeton und Yale. Für sein Schaffen erhält er zahlreiche Preise, darunter der Ehrenlöwe der Architekturbiennale von Venedig.
Denkmalidee gegen Widerstände durchgesetzt
Auch beim Entwurf zum Denkmal an die ermordeten Juden in Europa sei die Idee gewesen, etwas Neues zu schaffen. Wegen des Themas seien traditionelle Mittel der Gestaltung im Grunde aussichtslos gewesen, so Torkar.
Das Mahnmal sei ein Versuch Eisenmans gewesen, eine neue Idee der Erinnerung zu schaffen, einen „Place of No Meaning“, einen Ort ohne konkrete Bedeutung. Deswegen habe sich der Architekt auch dagegen verwehrt, Namen der Opfer einschreiben zu lassen.
Eisenman habe gegen viele Widerstände gekämpft, doch der Erfolg, dass das Denkmal längst in seiner Form angenommen wurde, jährlich Millionen Menschen dorthin kommen, gebe Eisenman recht. In dem Versuch, dem Unbeschreiblichen eine Form zu geben, sei „dieser abstrakte Garten“ entstanden.
Wenn man durch ihn hindurchlaufe mit diesem schwankenden, unebenen Boden im Feld von Stelen, habe man ein bisschen einen „Eisenman Moment“, empfindet Torkar. Man verliere etwas die Orientierung, werde „leicht seekrank“:
„Es ist eine schwierige Sache mit dem Ort ohne Bedeutung und jeder liest dann auch seine eigenen Sachen rein.“