Info: Im Oktober gibt es für den jetzt Achtzigjährigen die "fünfte Abschiedstournee", wie er selbst sagt. Ob es diesmal die letzte wird, weiß er noch nicht. Termine sind auf seiner Homepage zu sehen.
Der familienfreundliche Rock ’n’ Roller
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Mitte der 1950er-Jahre schwappte der Rock ’n’ Roll nach Deutschland: Dort entstand dann eine weniger rebellische Variante mit Peter Kraus als "deutschem Elvis", der auch Mutti gefiel und zum Teenie-Idol wurde. Jetzt wird der Entertainer 80.
Das Klischee geht so: Mit der Horex bei der Eisdiele vorfahren, und in der Musikbox drinnen dann sofort A 5 drücken! In Wirklichkeit war Peter Kraus aber gar kein Rocker – nicht mal ein richtiger Rock ’n’ Roller. Er mochte diese Musik, aber im Grunde genommen war seine Figur, wie er es selbst mal sagte, eine Mixtur aus Rebell, Rock ’n’ Roller und lieber Schwiegersohn.
Anders ging das nicht, denn die Plattenfirma wollte nicht, dass die Mütter, die immer die fünf Mark für die neue Single rausrücken mussten, die Musik allzu abscheulich fanden.
Teenager statt Halbstarke
Bei Peter Kraus mussten die Zuschauer keine Säle demolieren, und die Fans waren auch keine Halbstarken mehr: Sie nannten sich jetzt "Teenager", trugen Sakko, Petticoat und Pferdeschwanz und gingen in die Tanzschule.
Seine Idole waren eigentlich Sammy Davis Jr., Dean Martin und Frank Sinatra. Aber dann las er in der Zeitung von Elvis und dachte sich: Das wär auch was für mich. Also stellte er sich vor den Spiegel und übte dieses Hüftzucken und Schulternschütteln ein.
Mit 14 hatte er im "Fliegenden Klassenzimmer"-Film nach Erich Kästner mitgespielt und mit 16 dann "Tutti Frutti" auf Deutsch aufgenommen, und seine Rock-’n’-Roll-Karriere begann mit einem Auftritt mit nur drei Liedern, weil er mit seinen Jungs noch nicht mehr eingeübt hatte – das dritte aber dreimal: Und am nächsten Tag stand groß in der Münchener Abendzeitung "Der deutsche Elvis".
Ab 1957 war der Kraus dann Dauergast in der Hitparade und spielte in ziemlich vielen Film-Klamotten, wie Heinz Erhardts ungewollten Schwiegersohn in "Immer die Radfahrer". Aber zum glamourösen Idol der ganzen Jugend wurde er als die eine Hälfte von Peter & Conny!
Peter Kraus und Conny Froboess machten Filme, in denen sie sangen, tanzten, lachten und weinten, und sie spielten sich bis in die hintersten Winkel der Teenagerherzen wie sonst nur Stars aus Hollywood.
"Wenn die Conny mit dem Peter" oder "Conny und Peter machen Musik": Ein paar Jahre lang waren Froboess & Kraus das Teenie-Traumpaar dieser irritierten bundesdeutschen Generation zwischen der dunklen Zeit, die allmählich in Vergessenheit geriet, und einer neuen Zeit, die sich noch niemand so recht vorstellen konnte - auf der Kippe zwischen Aufbegehren und Gar-nicht-aufbegehren-wollen, wo die Losung, wie später immer wieder, einfach "Party" hieß!
Lieber Schmusesongs als harten Rock ’n’ Roll
Bis 1964 blieb Peter Kraus regelmäßig in den Charts. Aber die Musik änderte sich, als sein Produzent feststellte, dass Peters weibliche Fans – genau wie die von Elvis – inzwischen lieber Schmusesongs hörten als harten Rock ’n’ Roll, und sei das auch ein Walzer!
"Schwarze Rose, Rosemarie" wurde die meistverkaufte Single des vermeintlichen Rock ’n’ Rollers, und ab da veröffentlichte der brave Popgesangsarbeiter reinrassige Schlager mit gelegentlichen Beat-Ausflügen auf den B-Seiten.
Als dann die Beatles tatsächlich über den Kanal geschwappt kamen und die Stones und wieder ein ganz neues Lebensgefühl, zog Peter Kraus sich von der Popmusik weitgehend zurück, spielte Theater und in Fernsehfilmen, erfand mit Biolek die erste deutsche Comedy-Show und machte Eierlikörwerbung.
Und als er älter wurde, kaufte er sich ein Weingut und sammelte Oldtimer und machte gelegentlich, eher so zum Spaß, mal ein neues Album oder eine Tournee.
Jetzt wird Peter Kraus 80 und erfüllt, wie immer, ganz demütig die Pflicht des Entertainers, die Leute zu unterhalten - und sei’s auch mit ihrem eigenen Erinnerungserbe.