Peter Laufmann: "Der Boden. Das Universum unter unseren Füßen"
C. Bertelsmann, München 2020
192 Seiten, 18 Euro
30 Zentimeter graben und ein Universum finden
09:28 Minuten
Der Erdboden ist ganz buchstäblich die Grundlage unseres Lebens. Forstwissenschaftler Peter Laufmann will ihn besser verstehen und besser schützen. Denn das Gleichgewicht unter der Erde sei fragil – schon die Plastiktüte im Biomüll könne es gefährden.
Der Erdboden lebt: Würmer, Schnecken, Insekten, Mikroben und Bakterien. In einem einzigen Fingerhut voller Erde befinden sich mehr Lebewesen als Menschen auf der ganzen Welt. Der Forstwissenschaftler Peter Laufmann erklärt in seinem Buch "Der Boden", warum das Erdreich die buchstäbliche Grundlage unseres Lebens ist und warum dieser Boden in Gefahr ist.
Jede Fläche voller Leben
"Wenn Sie einen Quadratmeter abstecke, dann 30 Zentimeter tief graben und dann den Boden untersuchen, brauchen Sie keine anderen Hobbys mehr", sagt Laufmann. Er zählt auf: 80 Regenwürmer; dazu Schnecken und Würmer; bis zu 50.000 urzeitlich anmutende Sprungschwänze; 100.000 Milben.
"Wenn man dann die Fadenwürmer zählt, die sehen aus wie kleine, durchsichtige Stückchen von sehr dünnen Nudeln, dann findet man schon über eine Million davon auf einem Quadratmeter Boden", fährt Laufmann fort. Dazu kämen Wimpertierchen, Wurzelfüßer, Geißeltierchen, Pilze, Bakterien." Was man alles finde, das hänge davon ab, "wie gut die Augen noch sind und wie viel Geduld man hat".
Eines seiner Lieblingslebewesen sei der Smaragdgrüne Regenwurm, sagt Laufmann. Bekannt seien die fleischfarbenen Regenwürmer, "aber dieser Regenwurm ist grün. Das ist seine natürliche Farbe. Der lebt in Baumstubben und Boden, wo das alte Pflanzenmaterial schon wieder in die Nährstoffe zersetzt wird."
In seinem Buch erzählt Laufmann er auch vom seltenen Badischen Riesenregenwurm, der bis zu 20 Jahre alt und mehr als einen halben Meter lang wird; und von fleischfressenden Pilzen, die mit wenigen Zellen winzige unterirdische Fallen für Fadenwürmer bauen.
Schlecht getrennter Biomüll vergiftet den Boden
Böden seien jedoch sehr fragil, erklärt der Wissenschaftler, "man kann sie auf vielerlei Weise zerstören". Oft geschehe das aus Unachtsamkeit: "Wenn Sie ihren Biomüll nicht ordentlich trennen und meinen, das wird schon gut gehen, wenn die Plastiktüte auch noch im Biomüll drin ist. Diese Plastiktüten, dieser Müll, der da am Schluss möglicherweise wieder auf die Felder kommt, das sind Mengen, die hat man nicht auf dem Schirm."
Jeder habe schon einmal das Bild einer Schildkröte gesehen, die an einer Plastiktüte erstickt sei. "Aber dass wir letztendlich auch unsere Böden mit Plastik und mit Mikropartikeln sehr langsam vergiften, das ist vielen immer noch nicht bewusst."
Es sei aber wichtig zu begreifen, dass noch gar nicht richtig erforscht sei, welche Folgen solche Mikropartikel aus Plastik im Boden hätten. "Wie verändert das die Chemie im Boden? Wie verändert das möglicherweise auch das Leben im Boden selbst? Und auch die Frage, wie dieses Leben im Boden die für uns wichtigen Dinge überhaupt leisten kann?"
Bodenerosion aktuell die größe Gefahr
Die größte Gefahr für den Boden gehe aktuell jedoch von Bodenerosion aus, wenn das Erdreich also weggespült oder weggeweht wird. Durch die Landwirtschaft seien die Böden oft bloß und dementsprechend schnell verwundbar durch Wasser oder durch Wind. Dies gelte insbesondere für frisch gepflügte Felder. Auch Maiskulturen seien problematisch, weil unter den Pflanzen der Boden ungeschützt blank liege.
Ein erster Schritt zum Schutz solcher Böden sei es, in der Landwirtschaft auf andere Pflanzen zu setzen. "Wenn Sie einen Boden haben, der dauerhaft mit Pflanzen bestockt ist, dann minimieren Sie dieses Risiko", sagt Laufmann. "Es wäre eine gute Idee, dass sich Kulturen durchsetzen, die sehr lange oder vielleicht sogar durchgehend im Jahr den Boden schützen."