Peter Müller begrüßt Richterspruch zu Pendlerpauschale

Peter Müller im Gespräch mit Leonie March |
Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller sieht sich durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Pendlerpauschale bestätigt. Zugleich bekräftigte der CDU-Politiker seine Ablehnung gegenüber einer Neuregelung, beispielsweise in Form einer Absenkung der Kilometerpauschale.
Leonie March: Von einer schallenden Ohrfeige für die Große Koalition spricht die Opposition, denn das Bundesverfassungsgericht hat die weitgehende Abschaffung der Pendlerpauschale für verfassungswidrig erklärt. Die Regierung teilte umgehend mit, dass nun erst mal wieder die alte Regelung gilt, rückwirkend ab 2007 und auch für das kommende Jahr. Das Geld soll den Bürgern möglichst schnell überwiesen werden, denn nicht nur Bundeskanzlerin Merkel hofft auf einen Schub für den Konsum. Am Telefon begrüße ich den CDU-Politiker Peter Müller, er ist Ministerpräsident im Saarland. Guten Morgen, Herr Müller!

Peter Müller: Guten Morgen!

March: Sie sprechen sich ja schon seit einiger Zeit für die Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale aus. Fühlen Sie sich durch den Karlsruher Richterspruch bestätigt?

Müller: Ich fühle mich durch den Richterspruch bestätigt. Ich begrüße dieses Urteil auch. Ich hätte mir gewünscht, dass die Politik schneller und entschlossener handelt und dass es dieses Urteils nicht bedurft hätte. Jetzt ist es das Gericht, das eine entscheidende Weiche gestellt hat. Es wäre besser gewesen, die Politik hätte diese Weiche gestellt.

March: Nun mutet das ja, Sie haben es gerade angedeutet, etwas seltsam an, dass die Pendlerpauschale vor dem Hintergrund der Rezession und der anstehenden Bundestagswahl eine Art Renaissance erlebt, vor Kurzem für die Große Koalition aber mit der Abschaffung der Pauschale noch die Haushaltskonsolidierung im Vordergrund stand. Ist das noch glaubwürdige Politik?

Müller: Es macht natürlich einen Unterschied, ob man in Phasen eines soliden wirtschaftlichen Wachstums sich befindet oder ob die Konjunktur einbricht. Dann ist antizyklische Politik geboten. Dann ist es geboten, dass der Staat Maßnahmen ergreift, die die Nachfrage, die die Binnenkonjunktur stärken. Trotzdem glaube ich, dass die Pendlerpauschale ein besonderer Fall ist und war, ich denke, die Pendlerpauschale, so wie wir sie gestaltet haben, war eine Regelung, die nicht haltbar war. Außerdem hat die Politik in der Vergangenheit nicht immer die Leistungsträger im Mittelpunkt gesehen, diejenigen, die jeden Tag zur Arbeit fahren, die das erwirtschaften, was anschließend verteilt werden soll und muss. Ich hätte mir gewünscht, dass ein Signal an die Leistungsträger durch die Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale früher erfolgt.

March: Das heißt, Sie finden das richtig, dass die Pendlerpauschale nur die entlastet, die Steuern zahlen und die anderen leer ausgehen?

Müller: Das sind ja nun Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Erzielung von Arbeitseinkommen notwendig sind. Und dieses Aufkommen, diese Kosten, die entstehen, wenn man zur Arbeit fährt, müssen steuerlich geltend gemacht werden. In Wahrheit ist das ja kein Einkommen, das steuerpflichtig ist, sondern es ist Einkommen, das bei der Erzielung der Einkünfte, bei der Erzielung des Lohnes notwendig bereits wieder verausgabt werden muss. Es sind Kosten und deshalb ist es wichtig, dass man die geltend macht.

March: Notwendig ist das vor allem, wenn man weit weg von seiner Arbeitsstelle wohnt. Deshalb wird die Pendlerpauschale von Kritikern auch als Zersiedlungsprämie bezeichnet, als ein staatlich gefördertes Programm gegen die Kernstädte. Trifft das Ihrer Meinung nach nicht zu?

Müller: Ich glaube nicht, dass das zutrifft. Ich glaube nicht, dass die Entscheidung, eine Entfernung zwischen dem Wohnort und dem Arbeitsort von 60 oder 70 Kilometern zu haben, etwas damit zu tun hat, dass jemand unbedingt im Grünen wohnen will. Die Begründung liegt eher darin, dass man sonst wo keinen Arbeitsplatz gefunden hat. Ich kann dieses Argument nicht nachvollziehen.

March: Ökologisch aber ist das fragwürdig, u.a. kritisiert der ehemalige Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Horst Siebert, dass die Zersiedlung durch die Pendlerpauschale weitergetrieben und damit in der Gesamtwirkung auch das Klimaproblem verschärft wird. Bereitet Ihnen das keine Sorgen?

Müller: Das Klimaproblem bereitet Sorgen und natürlich müssen wir nachdenken, wie wir dem Klimaproblem beikommen können. Aber wenn ich dieses Argument weiterführe, dann müsste ich ja sagen, eigentlich führt jede Form von Autofahren dazu, dass Klimaprobleme entstehen und deshalb muss das Autofahren verboten werden. Die Lösung liegt darin, dass wir emissionsarme Fahrzeuge schaffen, dass wir neue Antriebsarten entwickeln und vorantreiben und so das Klima schonen. Ich glaube nicht, dass der Fiskus, dass die Steuer das richtige Element ist, dass die Pendlerpauschale das richtige Element ist, um aktiven Klimaschutz zu betreiben.

March: Aber nicht jede Autofahrt wird staatlich gefördert?

Müller: Es geht ja nicht um eine Förderung, sondern es geht um die Frage, wenn jemand, der zur Arbeit fährt, damit zwingend verbunden Kosten hat, muss ich ihn diese Kosten dann von seinem steuerpflichtigen Einkommen abziehen lassen oder nicht. Im Moment haben wir ja die Situation, trotz der Kosten, die man hat auf den ersten 20 Kilometern zur Arbeit, muss man sein Einkommen voll versteuern und kann diese Kosten nicht absetzen. Es geht ausschließlich um die Frage, wird auf Besteuerung verzichtet und nicht darum, wird aktiv eine staatliche Leistung gewährt.

March: Jetzt gilt die alte Pendlerpauschale erst mal wieder. Ab 2010 wird es dann eine neue Regelung geben. Wie sollte die Ihrer Meinung nach aussehen?

Müller: Nach meinem Dafürhalten sollte die genauso aussehen wie die jetzt wieder in Kraft gesetzte. Ich kann es nicht empfehlen, dass da noch einmal an der Schraube gedreht wird. Denkbar wäre ja beispielsweise, dass der Kilometersatz von 30 Cent auf 25, auf 20 oder einen sonstigen Betrag reduziert wird. Davon halte ich nichts. Es soll dauerhaft bei der jetzt geltenden Regelung bleiben.

March: Der CDU-Politiker und saarländische Ministerpräsident Peter Müller war das. Vielen Dank für das Gespräch!

Müller: Bitte schön!

Das Gespräch mit Peter Müller können Sie bis zum 10. Mai 2009 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. MP3-Audio