Peter Scholz: Desaster in vielerlei Hinsicht
Der geschäftsführende Direktor des Historischen Instituts der Universität Stuttgart, Peter Scholz, hat die geplanten Einschnitte bei den Geisteswissenschaften kritisiert. Sie hätten bei der letzten Exzellenzinitiative nachhaltig ihren Beitrag eingebracht, so Scholz. Sie sollen nach einem <papaya:addon addon="d53447f5fcd08d70e2f9158d31e5db71" article="144336" text="Masterplan" alternative_text="Masterplan" /> zugunsten der Technik- und Ingenieurswissenschaften gekürzt werden.
Frank Meyer: Professor Peter Scholz ist jetzt für uns im Studio. Er ist der geschäftsführende Direktor des Historischen Instituts der Universität Stuttgart, das von den Einschnitten sehr stark betroffen wäre. Herr Scholz, Sie haben schon in der "Süddeutschen Zeitung" zu diesen Plänen gesagt, damit droht der Uni Stuttgart ein Desaster. Worin liegt denn für Sie genau dieses Desaster?
Peter Scholz: Ja, das Desaster besteht in vielerlei Hinsicht. Wir können viele Gründe nennen, ich greife jetzt nur mal den kulturpolitischen Aspekt raus. Die Stadt und die Region Stuttgart wären maßgeblich davon betroffen, es könnte sozusagen eine Monokultur entstehen. Denken Sie nur an die vielen Kontakte zahlreicher Studenten, nicht nur aus dem Historischen Institut, auch aus den Literaturwissenschaften, zu den Volkshochschulen einerseits, zum Literaturhaus andererseits, zur Staatsgalerie in Stuttgart und, und, und – da wäre vieles aufzuzählen. All das, diese vielen Netzwerke an sozialen Kontakten, Beziehungen, Verbindungen, all das wäre sehr empfindlich gestört.
Meyer: Ihr Direktor sagt aber nun, Herr Scholz, dafür gewinnt die Universität ja auch etwas, denn die Exzellenzinitiative der Bundesregierung, die fordere eine stärkere Profilierung der Hochschulen. Diese Profilierung will er nun leisten in Richtung Technikwissenschaften, Ingenieurwesen. Sind Sie denn grundsätzlich gegen eine solche Ausrichtung der Uni Stuttgart?
Scholz: Nein, überhaupt nicht, ich bin ja auch an die Universität Stuttgart gekommen in vollem Bewusstsein darüber, dass die Universität technisch ausgerichtet ist. Und das war auch Bestandteil meiner Berufungsverhandlung und ein Argument, denke ich, für mich, dass etwa der Bereich der Wissenskulturen, der Zivilisationsgeschichte stark ausgebaut werden sollten. Und entsprechende Forschungen, entsprechende Projekte würde ich jetzt in Stuttgart gerne einbringen. Und all das wäre nicht in diesem Maße möglich.
Meyer: Und jetzt ist nun der Zusammenhang offenbar, so hat es zum Beispiel auch die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" hergestellt, wenn eine Universität wie Stuttgart jetzt bestehen will im Exzellenzwettbewerb der Bundesregierung, dann müssen bestimmte Strukturen geschaffen werden. Das wollen die Gutachter sehen, sie wollen schon geschaffene Strukturen sehen. Wenn die Uni Stuttgart demnächst einen dieser begehrten Zuschläge bekommen soll im Exzellenzwettbewerb, sagen Sie dann, unter diesen Voraussetzungen, die Uni soll an diesem Exzellenzwettbewerb gar nicht teilnehmen?
Scholz: Nein, um Gottes Willen, das wäre in der Tat sehr schlimm für den Standort Stuttgart. Sie soll teilnehmen, aber mit gut funktionierenden Geisteswissenschaften, die ja auch schon in der Vergangenheit bei der letzten Exzellenzinitiative ihren Beitrag nachhaltig eingebracht hat. Also da möchte ich nur an die Leistung der Philosophen in unserer Fakultät erinnern.
Meyer: Und wo sollen dann die Mittel herkommen? Wir haben ja auch gerade in unserem Einführungsbeitrag gehört, das Land gibt keine zusätzlichen Mittel für die Universität, Sie sagen auch, wir müssen Schwerpunkte bilden und uns damit bewerben. Wo sollen die Mittel dann herkommen?
Scholz: Das ist Sache der Universitätsleitung, sich stärker auch in der Politik einzubringen und entsprechend Anträge zu stellen und Klage zu führen, damit die nächste Exzellenzinitiative weiter getragen werden kann.
Meyer: Wie ist denn das mit dem Rückhalt in der Politik für diese ja ziemlich weitreichenden Umbaupläne? Ich nehme an, Ihr Rektor Wolfram Ressel wird solche einschneidenden Maßnahmen an der Universität, eine solche Zurückstutzung der Geisteswissenschaften nicht ohne politischen Rückhalt betreiben. Was sagt denn die Landespolitik dazu?
Scholz: Die Landespolitik hält sich bislang sehr stark zurück mit Äußerungen, weil sie sagt, es sind bislang nur Vorüberlegungen, ein Masterplan in diesem Sinne, in einem beschlossenen Sinne existiert nicht. Insofern nehmen sie eine stark abwartende Haltung ein und ja, warten jetzt die nächste Senats- und Uni-Ratssitzung ab.
Meyer: Und wie schätzen Sie das Umfeld ein, hat dieser Masterplan politische Unterstützung im Wissenschaftsministerium des Landes zum Beispiel?
Scholz: Glücklicherweise ist der Widerstand in Kreisen der Bevölkerung, der Bürgerschaft Stuttgarts und der Region sehr stark und schnell angewachsen. Das sind nicht nur die Studierenden, sondern eben auch die breite Bevölkerung, die dieses Anliegen unterstützt. Und das ist vorgedrungen bis in die politischen Parteien, und entsprechende Stellungnahmen sowohl der CDU als auch der SPD und die Grünen oder eine liberale Hochschulgruppe, all das liegt vor. Also da gibt es einen einhelligen Protest, einen einhelligen Widerstand in meinem Sinne, dass eine Profilierung durchaus gemacht werden könne, aber nicht zulasten der Geisteswissenschaften. Denken Sie nur an die ganzen Lehramtsstudiengänge, die wegfallen würden.
Meyer: Deutschlandradio Kultur, wir sind im Gespräch mit Peter Scholz vom Historischen Institut der Universität Stuttgart über den dort drohenden Kahlschlag in den Geisteswissenschaften. Sie haben gerade schon die Proteste angesprochen. Wir sind ja gerade in einer Woche der Bildungsproteste, auch und gerade von Studenten. Finden zurzeit bei Ihnen auch Proteste von Studenten gegen diesen Masterplan statt?
Scholz: Ja, ja, in großem Umfang, gestern zum Beispiel im Zusammenhang mit der Verleihung des Landesforschungspreises, der glücklicherweise einem Historiker aus unserem Institut verliehen wurde, Wolfram Pyta, für sein "Hindenburg"-Buch. Auch dort meldeten sich die Studenten nicht lautstark zu Wort, aber eindrucksvoll, indem sie Rosen ihm überbrachten und damit, ja, auf ihre Weise Anerkennung ihm gegenüberbrachten für seine Leistung an der Universität Stuttgart und für die Leistungen, die möglich sind im Zusammenhang mit der Geisteswissenschaftlichen Fakultät.
Meyer: Ja, Rosen sind ja schon ein Liebesbeweis. Der Senat soll ja morgen darüber beraten, also das Thema steht im Moment ganz oben auf der Agenda der Universität Stuttgart, im September soll dann der Unirat entscheiden. Wie schätzen Sie denn die Kräfteverhältnisse innerhalb der Universität ein, wie gut sind die Erfolgsaussichten für diesen Masterplan des Rektors Wolfram Ressel?
Scholz: Ja, wenn man den Widerstand der Bevölkerung und den Widerstand, der auch aus den politischen Parteien emporwächst, als Gradmesser nimmt, dann könnte man sich vorstellen, dass dieser Masterplan nicht zustande kommen wird. Und daran werden wir weiterarbeiten und weiter darum kämpfen. Nicht nur die Professoren, sondern auch die Mitarbeiter und die Studierenden.
Meyer: An der Universität Stuttgart könnte ein Desaster drohen, wenn der Masterplan des Rektors durchkommt. Das sagt Peter Scholz, der geschäftsführende Direktor des Historischen Instituts an der Universität. Ich danke Ihnen für das Gespräch, Herr Scholz!
Peter Scholz: Ja, das Desaster besteht in vielerlei Hinsicht. Wir können viele Gründe nennen, ich greife jetzt nur mal den kulturpolitischen Aspekt raus. Die Stadt und die Region Stuttgart wären maßgeblich davon betroffen, es könnte sozusagen eine Monokultur entstehen. Denken Sie nur an die vielen Kontakte zahlreicher Studenten, nicht nur aus dem Historischen Institut, auch aus den Literaturwissenschaften, zu den Volkshochschulen einerseits, zum Literaturhaus andererseits, zur Staatsgalerie in Stuttgart und, und, und – da wäre vieles aufzuzählen. All das, diese vielen Netzwerke an sozialen Kontakten, Beziehungen, Verbindungen, all das wäre sehr empfindlich gestört.
Meyer: Ihr Direktor sagt aber nun, Herr Scholz, dafür gewinnt die Universität ja auch etwas, denn die Exzellenzinitiative der Bundesregierung, die fordere eine stärkere Profilierung der Hochschulen. Diese Profilierung will er nun leisten in Richtung Technikwissenschaften, Ingenieurwesen. Sind Sie denn grundsätzlich gegen eine solche Ausrichtung der Uni Stuttgart?
Scholz: Nein, überhaupt nicht, ich bin ja auch an die Universität Stuttgart gekommen in vollem Bewusstsein darüber, dass die Universität technisch ausgerichtet ist. Und das war auch Bestandteil meiner Berufungsverhandlung und ein Argument, denke ich, für mich, dass etwa der Bereich der Wissenskulturen, der Zivilisationsgeschichte stark ausgebaut werden sollten. Und entsprechende Forschungen, entsprechende Projekte würde ich jetzt in Stuttgart gerne einbringen. Und all das wäre nicht in diesem Maße möglich.
Meyer: Und jetzt ist nun der Zusammenhang offenbar, so hat es zum Beispiel auch die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" hergestellt, wenn eine Universität wie Stuttgart jetzt bestehen will im Exzellenzwettbewerb der Bundesregierung, dann müssen bestimmte Strukturen geschaffen werden. Das wollen die Gutachter sehen, sie wollen schon geschaffene Strukturen sehen. Wenn die Uni Stuttgart demnächst einen dieser begehrten Zuschläge bekommen soll im Exzellenzwettbewerb, sagen Sie dann, unter diesen Voraussetzungen, die Uni soll an diesem Exzellenzwettbewerb gar nicht teilnehmen?
Scholz: Nein, um Gottes Willen, das wäre in der Tat sehr schlimm für den Standort Stuttgart. Sie soll teilnehmen, aber mit gut funktionierenden Geisteswissenschaften, die ja auch schon in der Vergangenheit bei der letzten Exzellenzinitiative ihren Beitrag nachhaltig eingebracht hat. Also da möchte ich nur an die Leistung der Philosophen in unserer Fakultät erinnern.
Meyer: Und wo sollen dann die Mittel herkommen? Wir haben ja auch gerade in unserem Einführungsbeitrag gehört, das Land gibt keine zusätzlichen Mittel für die Universität, Sie sagen auch, wir müssen Schwerpunkte bilden und uns damit bewerben. Wo sollen die Mittel dann herkommen?
Scholz: Das ist Sache der Universitätsleitung, sich stärker auch in der Politik einzubringen und entsprechend Anträge zu stellen und Klage zu führen, damit die nächste Exzellenzinitiative weiter getragen werden kann.
Meyer: Wie ist denn das mit dem Rückhalt in der Politik für diese ja ziemlich weitreichenden Umbaupläne? Ich nehme an, Ihr Rektor Wolfram Ressel wird solche einschneidenden Maßnahmen an der Universität, eine solche Zurückstutzung der Geisteswissenschaften nicht ohne politischen Rückhalt betreiben. Was sagt denn die Landespolitik dazu?
Scholz: Die Landespolitik hält sich bislang sehr stark zurück mit Äußerungen, weil sie sagt, es sind bislang nur Vorüberlegungen, ein Masterplan in diesem Sinne, in einem beschlossenen Sinne existiert nicht. Insofern nehmen sie eine stark abwartende Haltung ein und ja, warten jetzt die nächste Senats- und Uni-Ratssitzung ab.
Meyer: Und wie schätzen Sie das Umfeld ein, hat dieser Masterplan politische Unterstützung im Wissenschaftsministerium des Landes zum Beispiel?
Scholz: Glücklicherweise ist der Widerstand in Kreisen der Bevölkerung, der Bürgerschaft Stuttgarts und der Region sehr stark und schnell angewachsen. Das sind nicht nur die Studierenden, sondern eben auch die breite Bevölkerung, die dieses Anliegen unterstützt. Und das ist vorgedrungen bis in die politischen Parteien, und entsprechende Stellungnahmen sowohl der CDU als auch der SPD und die Grünen oder eine liberale Hochschulgruppe, all das liegt vor. Also da gibt es einen einhelligen Protest, einen einhelligen Widerstand in meinem Sinne, dass eine Profilierung durchaus gemacht werden könne, aber nicht zulasten der Geisteswissenschaften. Denken Sie nur an die ganzen Lehramtsstudiengänge, die wegfallen würden.
Meyer: Deutschlandradio Kultur, wir sind im Gespräch mit Peter Scholz vom Historischen Institut der Universität Stuttgart über den dort drohenden Kahlschlag in den Geisteswissenschaften. Sie haben gerade schon die Proteste angesprochen. Wir sind ja gerade in einer Woche der Bildungsproteste, auch und gerade von Studenten. Finden zurzeit bei Ihnen auch Proteste von Studenten gegen diesen Masterplan statt?
Scholz: Ja, ja, in großem Umfang, gestern zum Beispiel im Zusammenhang mit der Verleihung des Landesforschungspreises, der glücklicherweise einem Historiker aus unserem Institut verliehen wurde, Wolfram Pyta, für sein "Hindenburg"-Buch. Auch dort meldeten sich die Studenten nicht lautstark zu Wort, aber eindrucksvoll, indem sie Rosen ihm überbrachten und damit, ja, auf ihre Weise Anerkennung ihm gegenüberbrachten für seine Leistung an der Universität Stuttgart und für die Leistungen, die möglich sind im Zusammenhang mit der Geisteswissenschaftlichen Fakultät.
Meyer: Ja, Rosen sind ja schon ein Liebesbeweis. Der Senat soll ja morgen darüber beraten, also das Thema steht im Moment ganz oben auf der Agenda der Universität Stuttgart, im September soll dann der Unirat entscheiden. Wie schätzen Sie denn die Kräfteverhältnisse innerhalb der Universität ein, wie gut sind die Erfolgsaussichten für diesen Masterplan des Rektors Wolfram Ressel?
Scholz: Ja, wenn man den Widerstand der Bevölkerung und den Widerstand, der auch aus den politischen Parteien emporwächst, als Gradmesser nimmt, dann könnte man sich vorstellen, dass dieser Masterplan nicht zustande kommen wird. Und daran werden wir weiterarbeiten und weiter darum kämpfen. Nicht nur die Professoren, sondern auch die Mitarbeiter und die Studierenden.
Meyer: An der Universität Stuttgart könnte ein Desaster drohen, wenn der Masterplan des Rektors durchkommt. Das sagt Peter Scholz, der geschäftsführende Direktor des Historischen Instituts an der Universität. Ich danke Ihnen für das Gespräch, Herr Scholz!