Der Theaterregisseur Peter Stein sagte Deutschlandradio Kultur: "Diese Nachricht betrifft mich deshalb sehr, weil wir sehr lange Zeit zusammen gearbeitet haben und sich so etwas wie eine Freundschaft entwickelte, was in unserem Gewerbe nicht so ganz einfach ist, weil diese Pseudo-Alphatiere sich immer als Konkurrenten betrachten, und das war bei uns überhaupt nicht der Fall. Das hat in der Tat einen ziemlichen Schock ausgelöst, weil ich damit nun in einer gewissen Weise völlig allein dastehe als ein Regisseur meiner Generation. Ich hatte den Luc Bondy immer als so einen Mitstreiter begreifen können, weil er bestimmte grundsätzliche Ideen, wie man seinen Beruf zu verstehen hat, verkörperte. Das ist nun hinfällig geworden, und ich weiß noch nicht so genau, wie ich mich emotional dazu stellen soll."

Die gemeinsame Wellenlänge sei gewesen, "dass wir unseren Beruf als einen Interpretenberuf betrachteten, der die Aufgabe hat, ein Kunstwerk, und das ist ja ein Theaterstück, zu vermitteln – an sich selbst, dann an die Schauspieler und durch die Schauspieler auch an das Publikum. Und diese Werke, mit denen man es zu tun hat, zu respektieren, die Absichten der Autoren zu respektieren, sie zunächst zu verstehen und dann zu vermitteln. Das ist eine Auffassung, die (...) schon lange nicht mehr geteilt wird von anderen Regiekollegen."

Luc Bondy hatte laut Peter Stein "etwas, was im deutschsprachigen Theater sehr sehr rar ist, nämlich eine ganz bestimmte Eleganz und eine große, große Kenntnis der Literatur, er war sehr belesen. Und wie gesagt ein Sinn für Ästhetik, wie nur ganz wenige Leute das überhaupt jemals gehabt haben (...) Das bedeutet, dass er in gewisser Weise, obwohl er in Deutschland am allermeisten gearbeitet hat, doch ein französischer Regisseur gewesen ist."

"Der Tod hat sich immer für mich interessiert", hatte der Theaterregisseur Luc Bondy zu Beginn dieses Jahres in einem Interview gesagt. Nun ist er im Alter von 67 Jahren gestorben. Das gab das von ihm geleitete Pariser Odéon-Theater am Samstag bekannt. Luc Bondy war einer der wichtigsten europäischen Theatermacher. Er inszenierte an allen wichtigen deutschsprachigen Theatern, leitete unter anderem die Berliner Schaubühne und war 16 Jahre bei den Wiener Festwochen - davon zwölf Jahre als Intendant. In den vergangenen Jahren lebte der Schweizer in Paris, leitete dort das Théatre de L'Odéon und war zu Beginn des Jahres für seine Inszenierung von Tschechows "Iwanow" gefeiert worden.

Jahrzehnte seines Lebens kämpfte Luc Bondy gegen Krebs und anderen Krankheiten – und arbeitete doch bis zuletzt intensiv. In seinen 16 Jahren bei den Wiener Festwochen brachte er 26 Inszenierungen heraus. Am Pariser Théatre de L'Odéon stand er aktuell in der Vorbereitung von Shakespeares "Othello". Die Premiere musste verschoben werden.

Der Regisseur Peter Stein war Freund, Förderer und Kollege des nun verstorbenen Luc Bondy. Stein stand Bondy in schweren Zeiten der Krankheit bei. Zu Peter Steins 60. Geburtstag schrieb Luc Bondy in einem sehr persönlichen Artikel in der Berliner Zeitung, wie er 1975 mit der ersten Phase seines Lymphdrüsenkrebses kämpfte, wie der Tod mit ihm auf dem Bett saß. Und auf einem Stuhl neben diesem Bett saß Peter Stein.