Bäume schreien, wenn sie Durst haben
Bäume umsorgen ihren Nachwuchs, sie haben Empfindungen, Gefühle, ein Gedächtnis. Unglaublich? Der Förster Peter Wohlleben ist davon überzeugt, dass Bäume erstaunliche Fähigkeiten haben. In seinem Buch "Das geheime Leben der Bäume" gibt er einen Einblick in eine fremde Welt.
Er ist der Rebell aus dem Wald: Peter Wohlleben. Der studierte Forstwirt kündigte seinen Beamtenjob in der Landesforstverwaltung Rheinland-Pfalz, weil er endlich seine Vorstellung eines ökologisch wie ökonomisch vertretbaren Naturschutzes umsetzen wollte. Das macht er nun seit 2006 in der Eifel. Dort betreut er ein 1200 Hektar großes Waldgebiet nach seinen Vorstellungen. Mehr noch: Er taucht ein, in den Wald, träumt den großen Traum vom deutschen Urwald - und lebt ihn erfolgreich.
Das ist toll, bewundernswert. Zumal Wohlleben einen Teil seines Gewinns mittlerweile ganz ohne Bäume schlagen zu müssen erzielt: Ein Teil seines Waldes wurde zum Waldfriedhof und er bekommt Geld dafür, dass er in einigen Bereichen seines Waldes, 50 Jahre lang überhaupt nicht eingreift. Wohlleben trifft damit den Zeitgeist: Perfekt vermischen sich hier Naturverbundenheit, Sehnsucht nach einer besseren Welt und Gutmenschsein.
Und auch deshalb sind seine Bücher, insgesamt drei, auch so erfolgreich. Denn hier ist ein Waldflüsterer unterwegs, ein Mann, der spürt und fühlt, was dem normalen Waldbesucher verborgen bleibt. Doch das soll sich ändern, spätestens jetzt mit diesem Bestseller "Das Geheime Leben der Bäume" heißt das Buch und erzählt davon, dass Bäume schreien, wenn sie Durst haben. Dass sie - dem Sozialamt nicht unähnlich - ihre kranken und schwachen Mitglieder unterstützen.
Bäume pflegen Freundschaften
Dass sie Freundschaft pflegen, klug und lernfähig sind. Ach? Ist das wirklich neu? Weiß man das nicht irgendwie selbst schon seit dem Biologieunterricht, dass der Wald ein riesiges, perfekt funktionierendes Ökosystem ist? Schon. Aber dieser umtriebige Förster haucht dem Wald jetzt noch mehr Leben ein. Fast scheint es so, dass hier einer den Wald spirituell auflädt - einem Haustierbesitzer nicht unähnlich - allerlei in das geliebte Gegenüber hinein projiziert.
Animistisches Denken nannte das der Psychologe Jean Piaget und beschrieb damit die Überzeugung von Menschen, dass ein Geist in jedem Objekt wohnt – eine Zuspitzung, denn Tiere und Pflanzen sind natürlich keine Gegenstände. Aber es trifft den Punkt! Hier wird unnötig emotional aufgeladen. Was schade ist, denn vieles von dem, was Peter Wohlleben zu berichten weiß, ist spannend und interessant. Er kennt sein Fach. Da würde es reichen, einfach nur zu erzählen, einen mitzunehmen in diesen Eifelwald. So aber bleibt ein fader Eindruck zurück – fehlt nur noch, der Appell täglich einen Baum umarmen zu müssen.
Peter Wohlleben: Das geheime Leben der Bäume
Was sie fühlen, wie sie kommunizieren - die Entdeckung einer verborgenen Welt
Ludwig Verlag, München 2015
224 Seiten, 19,99 Euro