Kampf um die Tulpen im Weißen Haus
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Aktivisten kritisieren, wie Melania Trump den Garten des Weißen Hauses umgestaltet hat, und fordern den alten Garten zurück. In Gärten hätten die Mächtigen schon immer ihr Verhältnis zur Gesellschaft definiert, sagt Gartenhistoriker Hans von Trotha.
Weniger bunte Blumen, mehr strenger Rasen: Als First Lady hat Melania Trump im Jahr 2020 den Garten des Weißen Hauses umgestaltet. Nun fordern die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner einer an Jill Biden gerichteten Petition, diese Änderungen rückgängig zu machen.
Die Diskussion findet der Gartenhistoriker und Kulturjournalist Hans von Trotha großartig: "Gärten sind immer schon Orte gewesen, an denen Menschen, Mächtige schon gar, ihr Verhältnis zur Gesellschaft, zur Natur, zu sich selber und zu ihrer Umgebung definiert haben."

Nach der Umgestaltung durch Melania Trump sah der Garten deutlich strenger und schlichter aus.© picture alliance / ZUMAPRESS.com | Douglas Christian
Dass dies im Weißen Haus in den vergangenen 100, 150 Jahren so wenig wahrgenommen worden sei, fände er schade, passe aber auch ins Bild: "Das 20. Jahrhundert hatte dieses Verhältnis zum Garten als bedeutendem sozialen Medium verloren."
Seit der Jahrtausendwende sei das wiedergekommen. Eine Petion und die Aufregung sieht von Trotha daher vor allem als Zeichen, dass der Garten wieder wahrgenommen wird, und weniger als eine Aktivität gegen Melania Trump.
Aufklärung bei Obama, Versailles bei Trump
"Man kann natürlich etwas sagen über Melania Trump und über Trump und über das Selbstverständnis und das Gesellschafts- und Politikverständnis von den Bewohnerinnen und Bewohner des Weißen Hauses, wenn man den Garten derart umgestaltet", sagt der Gartenhistoriker.
In der Übergangszeit, als Donald Trump bereits zum US-Präsidenten gewählt worden war, aber Barack Obama noch im Weißen Haus regierte, seien viele von der Gartengeschichte aufgeladene Bilder zu sehen gewesen, erinnert sich von Trotha:
"Wir hatten die Zentrale des Guten, das Weiße Haus im Landschaftsgarten mit diesem englischen Landhaus." Das sei quasi "Inbegriff der Aufklärung". Und auf der anderen Seite gab es die oberste Etage des Trump Towers, die "Zentrale des Bösen", so von Trotha: "Da war alles golden, symmetrisch, mit Thronen, so wie in Versailles."
Gartenfotos für tendenziöse Botschaften
An Fotos allein könne man aber nicht ablesen, wie es wirklich in einem Garten aussehe, betont von Trotha: "Gärten kann man nicht fotografieren." Denn Fotos seien zweidimensional, Gärten durch Raum und Zeit aber vierdimensional.
"Fotografien in Gärten werden immer für tendenziöse Botschaften genutzt", erklärt der Gartenhistoriker. "Entweder um zu zeigen: Hier ist es supergemütlich und superschön. Oder um zu zeigen: Schau mal, wie grausam hier die Natur vergewaltigt worden ist."
An der Stelle der Bidens würde er auf gar keinen Fall irgendeinen vorherigen Garten wieder herstellen, sagt von Trotha. "Ich würde einfach darauf schauen: Wie gehen diese Menschen mit ihrer Umgebung um? Und wie gehen die Menschen mit dem Medium um, das als allererstes unseren Umgang mit der Natur zum Ausdruck bringt. Wenn das nicht ein aktuelles Thema ist, was dann?"
(jfr)