Peymann-Nachfolger

Oliver Reese macht Berlin wieder bunt

Oliver Reese am 1. Dezember im Roten Rathaus in Berlin.
Oliver Reese wird das Berliner Ensemble übernehmen. © picture alliance / dpa / Britta Pedersen
Von André Mumot |
Claus Peymann verlässt 2017 das Berliner Ensemble. Schon jetzt ist klar: Seine Wut und seine Leidenschaft werden wir vermissen. Dafür wird Nachfolger Oliver Reese dem staubigen Museumstheater ein Ende setzen.
Irgendwie hat man ja doch geglaubt, er würde einfach immer weitermachen, nicht auf- und nicht nachgeben und festhalten an seinem Haus. 2017 soll es nun aber doch so weit sein: Peymann geht, die Legende tritt ab.
Als Don Quichotte hat er sich noch im vergangenen Jahr im Interview mit der Berliner Morgenpost bezeichnet, weil er immer noch an die politische Strahlkraft des Theaters glaubt. Die Windmühlen, gegen die er kämpft, sind die Regie-Mätzchen der Kollegen und die Bequemlichkeit des Publikums. Aber auch als Boxer sehe er sich, der inzwischen müde in den Theater-Seilen hängt und auf den erlösenden KO-Schlag wartet.
Nun ist es wohl soweit, und man weiß schon, dass man den alten Puncher vermissen wird. Seine Bärbeißigkeiten, seine Wut, seine Leidenschaft. Seinen letzten Inszenierungen aber werden wohl nur die treuesten Fans hinterhertrauern.
Bunt soll's werden
Schluss also mit dem viel gescholtenen Museumstheater, Schluss mit dunklen Stühlen vor dunkler Wand und weiß geschminkten Gesichtern. Bunt soll's werden am Schiffbauerdamm, findet Klaus Wowereit - und Oliver Reese wird's schon richten.
In Frankfurt hat er ja schließlich auch die fluffig schicke, zeitgemäße Theaterfreude gebracht - jedoch mit eben jenen Regie-Stars, die in Berlin ohnehin zu Hause sind, mit Thalheimer, Kriegenburg, Pollesch, Falk Richter.
Es müssen also noch andere Konzepte her. Außerdem: Was immer man von Peymanns Berliner Ensemble gehalten haben mag in den letzten Jahren, einen unverwechselbaren, puristischen Markenkern hat es gehabt. Und nun? Wird das Berliner Ensemble am Ende zum zweiten Deutschen Theater?
Reese will und kann nicht auf Brecht verzichten
Natürlich können noch keine fertigen Strategien vorgestellt werden, doch immerhin lässt aufhorchen, dass Oliver Reese ein dezidiertes Autorentheater ins Leben rufen möchte. Das könnte ein interessanter Weg sein, vorausgesetzt, dass er konsequent verfolgt wird. Aber ebenso will und kann er nicht auf Brecht verzichten, plant unterhaltsame Abende mit viel Musik und Jungregisseuren-Förderung, garantiert ohne Intendanten-Einmischung.
In jedem Fall wird die Reese-Intendanz eine Zeitenwende sein. Nicht für die Berliner Theaterlandschaft, aber für das Berliner Ensemble. Man wird es, das steht schon fest, nicht wiedererkennen.
Es wird in Farbe stattfinden und sich, beim fröhlichen Auslüften und Staubsaugen, sehr anstrengen müssen, um einzigartig zu bleiben. Aber freuen kann man sich auf neues Licht und neues Leben, und auch auf die neuen Boxer in dem alten Ring.