Das große Sterben auf der Rennbahn
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Pferderennen sind in den USA ein Milliardengeschäft. Doch die Hiobsbotschaften von Unfällen häufen sich: Auf einer der traditionsreichsten Rennbahnen in Kalifornien passieren Dinge, die das Ende des beliebten Sports bedeuten könnten.
Seit Ende Dezember gibt es schlechte Nachrichten von der Santa Anita Rennbahn im kalifornischen Arcadia. Vor der Postkartenkulisse mit Palmen, blauem Himmel und Bergen sterben Pferde, und keiner weiß warum. Sie ziehen sich schwere Verletzungen zu, beim Training und beim Rennen, auf der Sandbahn und auf Turf.
Stute Princess Lili B. war das 22. Pferd, das seit Weihnachten eingeschläfert werden musste. Besitzer David Bernstein: "Sie ist total locker gerannt. In der Kurve muss sie komisch aufgetreten sein. Die Fessel knackste und dann die andere, weil sie das Gewicht verlagert hat."
Inzwischen sind 26 Pferde gestorben. Erst hieß es, ungewöhnlich starker Regen habe die Bahn zu hart gemacht. Bodenuntersuchungen haben das nicht bestätigt. Auch Pferdebesitzer Bernstein sagt: Das war nicht der Grund für die Verletzung von Lili B.
"Ich hatte keine Probleme mit dem Boden, weder im Training noch in Rennen. Bei schlechtem Wetter haben wir unsere Pferde nur joggen lassen. Die Bahn war ok."
Drogenkontrollen und längere Ruhezeiten
Im März wurde Santa Anita für Untersuchungen mehrere Wochen geschlossen. Die Besitzer der Rennbahn führten schärfere Drogenkontrollen ein und längere Ruhezeiten für die Tiere. Sie verboten Jockeys, ihre Pferde mit Reitgerten anzutreiben. Das kalifornische Justizministerium startete Ermittlungen.
"Es ist selbstverständlich, dass die Sicherheit der Pferde unsere Priorität ist", sagt Rennbahn-Sprecher Stefan Friedmann. "Wer das nicht versteht, hat hier nichts zu suchen. Unsere Reformen sollten bundesweit umgesetzt werden. Wir haben ein Problem, das wir zusammen anpacken müssen."
Plötzlich wurde deutlich: Pferderennen sind ein tödlicher Sport. In den USA starben im letzten Jahr fast 500 Vollblüter bei Wettkämpfen und hunderte mehr im Training.
Santa Anita wurde wieder eröffnet, ohne dass klar war, warum die Pferde starben. Ein paar Wochen lang ging alles gut. Dann gab es im Mai drei tödliche Verletzungen innerhalb von neun Tagen.
Tierschützer protestieren nun regelmäßig vor den Toren von Santa Anita. Sie verlangen, die Rennbahn zu schließen. Die kalifornische Senatorin Dianne Feinstein stimmt zu. Sie fordert Maßnahmen zum Schutz der Pferde und, wenn es sein muss, das Ende des Sports.
Es ist schwer vorstellbar, dass Santa Anita jemals zurückkehrt zu altem Glanz und Hollywood-Glamour. Marlene Dietrich war Stammgast auf der Tribüne, wie Bing Crosby, Frank Sinatra, Betty Davis, Clark Gable, John Wayne, die Marx Brothers und andere Filmstars.
Das legendäre Rennpferd Seabiscuit gewann in Santa Anita sein letztes Rennen mit anderthalb Längen vor der Konkurrenz. Und als Hollywood das Leben des Hengstes verfilmte, der in der US-Wirtschaftskrise zum Hoffnungssymbol wurde, war die Rennbahn Drehort für zahlreiche Szenen.
Symbol für die Ausbeutung von Tieren
Von diesen positiven Schlagzeilen ist Santa Anita nun weit entfernt. Es ist zum Symbol geworden für die Ausbeutung von Tieren, damit reiche Pferdebesitzer, umworbene Jockeys und Rennbahnbesitzer Profit machen können.
Abgeordnete im US-Kongress haben einen Gesetzesentwurf zur Integrität des Pferdesports vorgelegt. Sie fordern eine unabhängige Anti-Doping Agentur und schärfere Kontrollen jeder Art von Medikamenten für die Tiere.
Manche Tierschützer verlangen das Ende von Pferderennen. Komplett. Für immer.
Rennbahn-Sprecher Friedmann verspricht Maßnahmen, die das unnötig machen sollen: "Ich finde das alles auch erschreckend, aber anstatt Santa Anita die Schuld zuzuschieben, müssen wir bundesweit Veränderungen durchsetzen. Wir sind es, die jetzt die notwendige Reformen eingeleitet haben."