Krankenschwester zu Pflege und Corona

"Das geht so nicht mehr weiter"

07:42 Minuten
Mit einer stabilen Pflege würden viele Dinge in der Gesellschaft besser laufen, sagt Krankenpflegerin Yvonne Falckner.
Die Lage ist ernst: Intensivpfleger versorgen einen schwer an Covid-19 erkrankten Patienten auf der Corona-ITS im Universitätsklinikum in Halle/Saale. © picture alliance / dpa / dpa-Zentralbild / Hendrik Schmidt
Yvonne Falckner im Gespräch mit Axel Rahmlow |
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"Einen der sinnvollsten Berufe der Welt" hat Yvonne Falckner nach eigenen Aussagen. Doch die Pandemie stellt Pflegende vor riesige Herausforderungen, findet sie. Falckner erklärt, warum ihre Kolleginnen wütend sind und was sich aus ihrer Sicht ändern muss.
Yvonne Falckner ist Krankenschwester und Dozentin für Pflege und Soziales. Sie organisiert unter anderem den Care Slam, bei dem sich Pflegende künstlerisch mit ihrer Situation auseinandersetzen.
Wie die Care-Slammer wohl auf die Pläne der Ampel-Koalition reagieren würden? "Mit großer Wut", sagt Falckner. "Wir hätten lauter griechische Göttinnen auf der Bühne, die sagen: 'Es reicht, so geht es nicht mehr weiter.'"

Falckner: 200.000 Pflegekräfte fehlen

Auch Boni als Anerkennung würden nicht mehr helfen. "Trotz mehrerer Boni sind die Menschen gegangen." Bereits jetzt fehlten 200.000 Pflegefachkräfte, in acht Jahren könnten es 500.000 sein. Viele Menschen, die jetzt die Pflege schultern, gingen bis dahin in Rente. Aktuelle Auszubildende würden zum Teil die Ausbildung abbrechen, Studierende das Studium.

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Die Gesellschaft müsse sich damit beschäftigen, wie sie Pflegearbeit leben wolle. Womöglich bedürfe es eines "ganz großen Cuts". Und: Der Koalitionsvertrag sei wenig frauenfreundlich. An vielen Stellen würden Frauen in die Pflege gedrückt, ohne, dass sie gefragt werden.
Pflege bleibe immer an den Frauen hängen, sagt Falckner. "85 Prozent der Pflegefachkräfte sind Frauen." Und wenn man pflegende Angehörige dazuzähle, sei man bei 95 Prozent.

Das geht so nicht mehr weiter. Dieser Beruf muss von vorne bis hinten neu organisiert werden.

Man müsse aufhören, in kleinen Schritten zu denken. Das Einstiegsgehalt sollte 4000 Euro brutto betragen. Pflegende arbeiteten schließlich in drei Schichten und hätten Verantwortung für Lebende und Menschen, die ins Sterben kommen. "Das würde den Zustrom wieder sichern, wir verlieren ja so viele Leute", sagt sie. "Warum sollte ich den Beruf studieren, wenn ich anderswo mehr Geld verdienen kann?"
Denn eigentlich sei der Beruf einer der sinnvollsten Berufe der Welt. "Menschen sind pflegeabhängig, wir sind immer wieder darauf angewiesen. Und Pflege trägt zur Gesellschaftsbildung bei." Momentan stopfe die Politik nur die Löcher. Mit einer stabilen Pflege wären viele Dinge in der Gesellschaft, auch im Lockdown, besser gelaufen, ist sich Falckner sicher.
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