Wäre die Pflege solidarisch, würde sie zusammenhalten, würde sich auch vor allem mit ihren Patienten und deren Angehörigen solidarisieren. Die Pflege wäre die mächtigste Berufsgruppe in Deutschland. Sie könnte ihr Gehalt und ihre Arbeitsbedingungen bestimmen.
Pflegeexperte Claus Fussek
Die Pflege könnte ihr Gehalt selbst bestimmen, wenn sie solidarisch wäre, sagt der Sozialpädagoge und Autor Claus Fussek. © picture alliance / dpa / Horst Galuschka
Die Pflege könnte die mächtigste Berufsgruppe sein
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Seit Jahren wird über eine bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen für die Pflege diskutiert. Warum ändert sich nichts? Der Pflegekritiker Claus Fussek sieht den Berufsstand am Zuge: Er müsse sich endlich gewerkschaftlich organisieren.
Zu wenig Geld, hohe Arbeitsbelastung, notorischer Personalmangel: Die Missstände in der Pflege sind seit Jahren bekannt. Durch die Pandemie haben sie sich weiter verschärft. Nun befasst sich die Pflegekommission wieder einmal mit dem Thema, einberufen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD).
Doch auf die Politik kommt es nach Meinung des Sozialpädagogen und Buchautors Claus Fussek gar nicht so sehr an. Bezahlung sei schließlich Sache der Tarifparteien. Hier sieht der bekannte Experte dringenden Handlungsbedarf: "Ich kenne keinen Berufsstand in Deutschland, der so schlecht organisiert ist wie die Pflege."
Besonders schlecht sei die Altenpflege gewerkschaftlich organisiert. Es gebe "unheimlich viele Berufsverbände und Kleinstgewerkschaften, die wieder untereinander konkurrieren", so Fussek. Die Gewerkschaft Verdi sei der "erbittertste Gegner" einer Pflegekammer. Das begreife niemand. "Ich kann den Pflegekräften nur sagen: Was wir hier machen, ist ein würdeloses Trauerspiel."
Bei der Altenpflege wird über Mindestlohn diskutiert
Während bei der Intensivpflege eine Verdopplung der Bezahlung im Gespräch sei, werde bei der Altenpflege trotz eines dramatischen Personalmangels über den Mindestlohn diskutiert. "Nein, wir brauchen ordentlichen Tariflohn", fordert der Experte.
Allerdings müsse man auch der Gesellschaft ehrlich sagen, dass für eine bessere Bezahlung auch deutlich höhere Beiträge notwendig seien. "Das Thema betrifft uns früher oder später alle", sagt Fussek.
(bth)