Sächsisches Altenheim kämpft für seine Azubis
Mohammad Yousefi findet, dass er einen "coolen Beruf" lernt. Der 18-jährige Afghane, der nach Deutschland floh, macht eine Ausbildung zum Krankenpflegehelfer. Obwohl ihn Kollegen und Bewohner schätzen, droht ihm die Abschiebung.
Im Erdgeschoss des katholischen "Sankt Anna"-Altenpflegeheims hantiert Mohammad Yousefi hinter dem Küchentresen. Noch herrscht Mittagsruhe hier am Stadtrand der sächsischen Kleinstadt Annaberg-Buchholz. Da kommt bereits ein früher Gast zum Kaffeetrinken in den Aufenthaltsraum. Liebevoll kümmert sich der angehende Pfleger um den gebrechlichen Senioren.
Yousefi ist einer von zwei afghanischen Azubis, die seit August eine Ausbildung zum Krankenpflegehelfer im Heim absolvieren. Der Spaß an der Arbeit ist dem jungenhaften 18-Jährigen mit seinen kurzen schwarzen Haaren anzusehen.
"Ein interessanter und verantwortungsvoller Beruf"
"Ich wollte eigentlich schon immer mit Menschen arbeiten. Das ist klar, es gibt viele Schwierigkeiten, manchmal durch Krankheiten oder die Bewohner sterben. Das ist natürlich traurig. Ja, aber trotzdem finde ich das einen coolen, interessanten und ganz verantwortungsvollen Beruf."
Die Bewohner waschen, sie zu den Mahlzeiten begleiten, manchen das Essen reichen – so sieht sein Arbeitsalltag hier aus. Yousefi ist 2016 als Einziger aus seiner Familie nach Deutschland geflohen. Schon kurz nach seiner Ankunft begann er, im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres im Heim zu arbeiten. Gleichzeitig lernte er Deutsch und legte seinen Hauptschulabschluss ab. Die formalen Voraussetzungen, um eine Ausbildung beginnen zu können.
Während Yousefi im Erdgeschoss weiter Kaffee serviert, arbeitet Pflegerin Silke Krause eine Etage höher im Wohnbereich. Sie hat sich mittlerweile auch privat mit den beiden afghanischen Kollegen angefreundet. In ihnen sieht sie auch einen Ausweg aus dem Fachkräftemangel in der Branche.
"Ich hab keinen Unterschied gemerkt jetzt zu anderen deutschen Auszubildenden. Sie haben sehr gut zugehört, haben besser verstanden, als ich gedacht habe. Wenn es nicht angekommen ist, wurde zurückgefragt. Eigentlich so, wie man sich das wünscht."
Kollegin startet Online-Petition
Trotz all dieser Integrationserfolge droht den beiden Azubis – wie vielen Asylbewerbern aus Afghanistan – die Abschiebung. Yousefis Kollege Ali Jafari: "Ich habe einmal Abschiebebescheid gekriegt. Normalerweise darf ich gar nicht hierbleiben. Ich habe dagegen geklagt und es läuft noch. Und ich warte, bis der Richter mich ruft."
Seine deutschen Kollegen haben ihn bei der Klage vor dem Verwaltungsgericht Chemnitz unterstützt. Sie haben sich mit der Bitte um eine Aufenthaltserlaubnis für Yousefi und Jafari an die sächsische Härtefallkommission gewandt, eine Online-Petition gestartet. Und sie warten auf die neuen Gesetze zu Einwanderung und Duldung. Silke Krause hofft, dass auch Asylbewerbern in Ausbildung ein Bleiberecht gewährt wird.
"Es ist meine Erwartung, dass diese jungen Menschen, die sich hier wirklich integrieren, die sich hier eingesetzt haben, die kämpfen Tag für Tag, dass die auch hierbleiben dürfen. Zum einen brauchen wir solche Leute. Sie sind teilweise schon drei, vier Jahre hier, sind schon in Ausbildung. Und dann sollen diese jungen Menschen zurückgeschickt werden in den Krieg, was auch jeder weiß."
Regelung ist Thema im Bundesrat
Parallel zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz hat das Bundeskabinett ein "Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung" verabschiedet. Das soll geflüchteten Azubis ein Bleiberecht gewähren. Beide Regelungen sind heute gemeinsam Thema im Bundesrat.
Unterdessen sind im Erdgeschoss viele weitere Heimbewohner zur Vespermahlzeit gekommen. Mohammad Yousefi steht am Tisch von Gotthold Fritsch, einem 84-Jährigen im Rollstuhl, der seit einem knappen Jahr im Heim lebt:
"Ich bin ganz überrascht über die Freundlichkeit und auch die Kompetenz, die gerade der Mohammad eben an den Tag legt. Und das ist immer wieder schön, auch wenn wir uns sehen. Ich hab ihn doch mal gefragt: Wie soll man dich denn anreden? Da sagt er: Sagen Sie einfach Momo! Und das hab ich nun auch immer praktiziert."
Nach der Mahlzeit räumt Youssefi die Tische ab, trägt das Geschirr in die Spülmaschine. Irgendwann verabschiedet sich Gotthold Fritsch in sein Zimmer – in der Hoffnung, seinem Pfleger auch am nächsten Tag wieder zu begegnen.