"Die Pflege zur Schicksalsfrage der Nation machen"
08:55 Minuten
Die Pflegekräfte sind am Limit – und das nicht erst seit der Coronakrise, sagt Sozialarbeiter Claus Fussek. Er kritisiert die Missstände in der Pflege seit 30 Jahren – und fordert: Nach der Krise braucht es einen Systemwechsel.
Die zahlreichen Coronatodesfälle in zwei Seniorenheimen in Wolfsburg und Würzburg haben in der Debatte um die Ausbreitung des Virus besonders aufgeschreckt. Dass so etwas passieren konnte, verwundert den Sozialarbeiter und Pflegekritiker Klaus Fussek allerdings wenig.
Schlimmste Missstände seit Jahren
"Wir haben seit vielen Jahren schlimmste Missstände, auch Todesfälle, in Pflegeheimen gehabt – das hat niemanden richtig interessiert", sagt Fussek. Die Hilferufe der Pflegekräfte seien klar und deutlich gewesen.
Es sei deshalb ein Irrsinn, dass es zu einer Situation wie in den beiden besonders betroffenen Heimen kommen musste, "damit wir endlich aufwachen".
Es sei deshalb ein Irrsinn, dass es zu einer Situation wie in den beiden besonders betroffenen Heimen kommen musste, "damit wir endlich aufwachen".
Historische Herausforderung durch Corona
Es sei nun an der Zeit für einen Schulterschluss, so Fussek, der auch mehrere Bücher über die Zustände in der Pflege geschrieben hat. "Wir müssen jetzt gemeinsam dieses Problem in den Griff kriegen, das ganze Pflegesystem muss auf den Prüfstand." Allerdings könne das erst nach der Krise geschehen: "Jetzt müssen wir alle Energien bündeln und diese historische Herausforderung meistern."
Gesamtgesellschaftliche Solidarität ist erforderlich
Bemühungen, die Pflegekräfte gewerkschaftlich zu organisieren, seien bislang ins Leere gelaufen, beklagt Fussek. Jetzt Kraft in weitere Versuche zu stecken, sei der falsche Weg, "bitte, bitte nicht". Was es nun brauche, sei gesamtgesellschaftliche Solidarität. Etwas anderes könne man sich auch gar nicht mehr leisten: "Die Gesellschaft muss Pflege zur Schicksalsfrage der Nation machen."
(CMK)
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