Der "Schwester" gebührt mehr Respekt
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Verbannt den Begriff Krankenschwester aus dem deutschen Wortschatz, fordert die Pflegewissenschaftlerin Martina Hasseler. Denn die Anrede Schwester stärke den Eindruck, Pflege sei etwas, das jeder kann. Und zementiere auch noch alte Geschlechterrollen.
Im Krankenhaus wird nach wie vor oft nach der Schwester Stefanie, Anna oder Lea gerufen. Ein Unding, meint die Pflegewissenschaftlerin Martina Hasseler. "In allen Dienstleistungsberufen in Deutschland reden wir Menschen mit Herr und Frau an. Und ich glaube, dass wir diesen Respekt auch den Pflegeberufen entgegenbringen sollten."
Nähe, die in einem Fachberuf nichts zu suchen hat
Mit der Anrede Schwester drücke sich eine "Nicht-Fachlichkeit" aus, so Hasseler. "Ich glaube, wir zementieren mit der Anrede Schwester auch unseren Eindruck, Pflege sei etwas, das jeder kann. Und ich rede ja auch einen Arzt oder eine Ärztin nicht mit Ärztin Gisela oder Arzt Heinrich an, sondern auch mit Herr, Frau – und wenn sie einen Titel haben, auch noch mit dem Titel dazu."
Das Wort Schwester drücke dagegen eine Nähe aus, die in einem Fachberuf in dieser Form nichts zu suchen habe, und zementiere außerdem eine bestimmte Geschlechterrolle:
"Zum Beispiel dürfen sich die Männer als Krankenpfleger mit Herr vorstellen. Das war schon zu meiner Zeit so. Und ich habe es als absolut ungerecht empfunden, das sich meine männlichen Kollegen mit Herr XY vorstellen durften, aber von mir erwartet wurde, Schwester Irgendetwas darzustellen."
Nur in Deutschland hat sich der Begriff Schwester gehalten
Offiziell ist die Bezeichnung Krankenschwester bereits seit 2004 in Deutschland obsolet. Die Absolventinnen und Absolventen der Pflegeausbildung heißen nun Pflegefachmann und Pflegefachfrau – oder ganz neutral: Pflegefachperson.
Eine Bezeichnung, die auch klar darauf verweise, dass es sich um einen Fachberuf mit dreijähriger Ausbildung handele, meint Hasseler. Der Begriff Schwester hält sich trotzdem hartnäckig. "Wir sind das einzige Land in der Welt, das noch die Anrede Schwester benutzt, auch in den Krankenhäusern und den Pflegeheimen."
Dem momentanen Heldinnenstatus für die Pflegeberufe aufgrund der Coronakrise könne sie im Übrigen nichts abgewinnen, sagt Hasseler: "Mein Eindruck ist, dass Pflegefachberufe nur ganz kurz gehypt und dann wieder vergessen werden."
(lkn)