Pflegepersonal im Arbeitskampf
Der Streik des Pflegepersonals könnte die Situation in den Unikliniken zusätzlich verschärfen, meint der Direktor der Universitätsmedizin Essen, Jochen Werner. © picture alliance / dpa-Zentralbild / Waltraud Grubitzsch
Warnung vor einer Gefährdung der Patienten
07:17 Minuten
An verschiedenen Unikliniken streiken derzeit die Pflegekräfte für mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen. Der Essener Klinikdirektor Jochen Werner findet die Forderungen berechtigt, kritisiert aber den Zeitpunkt des Arbeitskampfs.
Einen Tag nach Köln, Düsseldorf und Essen haben auch die Beschäftigten an den Universitätskliniken in Bonn und Münster mit Warnstreiks auf ihre Probleme aufmerksam gemacht. Hintergrund ist die ergebnislose zweite Verhandlungsrunde im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes zwischen den Gewerkschaften und den Ländern.
"Notdienstvereinbarungen" mit den Kliniken
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hatte zu den Warnstreiks aufgerufen. Für die Dauer der Streikmaßnahmen wurden "Notdienstvereinbarungen" mit den Kliniken getroffen. An den drei Häusern in Köln, Düsseldorf und Essen hatten nach Verdi-Angaben insgesamt rund 1300 Beschäftigte die Arbeit vorübergehend niedergelegt.
Die Gewerkschaften fordern für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder eine Einkommenserhöhung um fünf Prozent, mindestens aber 150 Euro bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.
Für Jochen Werner, Direktor und Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Essen, ist unstrittig, dass die Arbeitsbedingungen von Pflegekräften besser werden müssen. "Ich befürworte sehr, dass endlich Regelungen geschaffen werden, um die tarifliche Vergütung von Pflegekräften und anderen Mitarbeitenden im Krankenhaus zu verbessern", sagt er.
Noch stärkere Belastung für das medizinische Personal
Ebenso müssten sich die Arbeitsbedingungen ändern, und speziell Pflegekräfte sollten mehr Wertschätzung erfahren. Dennoch: In der jetzigen, angespannten Situation komme er "an die Grenzen" seiner Toleranz gegenüber den Streikenden, sagt Werner.
"Im Krankenhaus bedeutet jeder Eingriff von außen, der den Regelbetrieb verändert, eine Gefährdung von Patientinnen und Patienten und zusätzlich noch eine hohe Belastung des ohnehin schon belasteten medizinischen Personals", beschreibt der Klinikdirektor die Situation.
Es sei wichtig, auf den Pflegenotstand aufmerksam zu machen – dieser werde durch die Pandemie noch deutlicher. Doch momentan sei ein Arbeitskampf gefährlich, auch für Nicht-Coronapatienten, etwa wenn planbare, aber wichtige Operationen nicht stattfinden könnten, betont Werner.
Den Pflegeberuf neu denken
Insgesamt plädiert der Mediziner dafür, den Pflegeberuf neu zu denken. Dieser müsse öffentlich mehr Anerkennung erfahren. Zugleich müsse es mehr Karriereoptionen für Pflegende geben – so wie es jetzt bereits bei den Ärzten sei, die vom Assistenzarzt bis zum Klinikdirektor aufsteigen und sich zudem spezialisieren könnten. Andernfalls werde es schwierig, die Pflegekräfte bis zur Rente im Beruf zu halten.
(mit dpa)