Pfusch bei Elbphilharmonie
Schon seit Monaten streiten Stadt und der Baukonzern Hochtief um Kostensteigerungen und Bauverzögerungen bei der Hamburger Elbphilharmonie. Das Eröffnungskonzert kann deshalb erst 2013 stattfinden. Nun trafen sich Hamburgs Kultursenatorin Karin von Welck und Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter zum Krisengespräch.
Fußballgroße Zementschlieren kleben an der Backsteinfassade des alten Kaispeichers A: Bei den Bauarbeiten war das Bindemittel über die Gebäudewand gelaufen und hatte sich dort festgesetzt. So fest, dass die historische Wand des Speichers abgeschliffen werden musste. Möglicherweise dringt dadurch nun Feuchtigkeit in das Gebäude ein.
Zu diesem Ergebnis kommt ein Prüfbericht der Generalplaner der Elbphilharmonie: Dem Schweizer Architekturbüro Herzog und de Meuron. Und es ist nur einer von vielen Mängeln, die die Gutachter bei der Qualitätskontrolle der Baustelle festgestellt haben: Ein untragbarer Zustand, meinen Kulturbehörde und die städtische Realisierungsgesellschaft Rege.
Am späten Nachmittag hat sich deshalb die Kultursenatorin Karin von Welck mit dem Vorstandschef des Bauträgers Hochtief zum Krisengespräch getroffen. Eine Pressekonferenz im Anschluss gab es nicht, Karin von Welck war auch für ein kurzes Statement nicht erreichbar. Stattdessen redet der Sprecher der Elbphilharmonie-Realisierungsgesellschaft, Karl Olaf Petters. Das Gespräch sei recht einträchtig verlaufen.
Petters: "Trotzdem sind die unterschiedlichen Positionen dann recht deutlich geworden. Da ist es für uns besonders erfreulich, dass Hochtief die Einschätzung der Stadt teilt, dass die Elbphilharmonie nur dann ein Erfolg sein kann, wenn die baulichen Standards die höchsten Ansprüche erfüllen. Und zugesagt hat, dass dem auch so sein wird."
Soll heißen: Hochtief akzeptiert die Mängelliste der Architekten. Was auch bedeuten würde, zumindest kann man die Aussagen des Sprechers so werten: Hochtief kommt auch für die Kosten der Mängelbeseitigung auf.
"Hochtief wird das übernehmen. Wird da in der Tat auch die notwendig entsprechenden Korrekturen vornehmen. Und das ist für uns insofern sehr wichtig, als das einige Bereiche eben relevant sind für die Akkustik des großen Konzertsaals. Des Herzstücks der Philharmonie. Und dort ist es natürlich, wie im ganzen Haus insgesamt, aber dort besonders wichtig, dass eben dort die höchsten Baustandards eingehalten werden, um den hohen auch akkustischen Anspruch der Elbphilharmonie dann auch Genüge zu tun."
Auch wenn es jetzt so aussieht, dass Stadt und Hochtief sich nun in diesem Fall einig sind: Schaut man auf den Gesamtprozess, liest sich die Entwicklung der Elbphilharmonie eher wie eine Chronik der Katastrophen. Der Architekt Pierre de Meuron, der als Generalplaner die Elbphilharmonie entwirft, sagt dazu im Kulturjournal des NDR:
"Zugegeben, es ist nicht einfach. Wir wollen ja nichts beschönigen. Es gibt Schwierigkeiten. Und die ganze Kostensituation und Terminsituation ist natürlich mehr als bedauerlich ..."
Und das ist recht diplomatisch ausgedrückt. Fakt ist: Die Kosten explodieren. Zwischenzeitlich ist die Summe, die alleine die Stadt Hamburg für dieses Mammutprojekt aufbringen soll, von 77 auf 323 Millionen Euro gestiegen. Weitere 35 Millionen Euro Nachforderungen seitens Hochtief stehen im Raum. Das ist eine Preissteigerung von 86 Prozent. Doch die Kosten sind nicht alles: Schon vor einigen Wochen lies der Bauträger verlauten:
"Aus meiner Sicht ist der Endtermin November 2011 für den großen Konzertsaal nicht mehr erreichbar."
Was im Klartext heißt: Die Elbphilharmonie in der Hafencity kann nicht wie geplant im Mai 2012 mit einem Konzert im großen Saal eröffnen. Das Bauunternehmen gibt den Architekten Herzog und de Meuron dafür die Schuld: Eine verspätete Abgabe der Pläne und nachträgliche Änderungen durch die Architekten seien der Grund für die Zeitverzögerung und die enorme Kostensteigerung. Pierre de Meuron und sein Kollege Jaques Herzog weisen diesen Vorwurf entschieden zurück:
"Wir können diese Kritik nicht nachvollziehen. Wir weisen die auch zurück. Wir haben termingerecht und komplett unsere Planleistungen abgeliefert ..."
Hochtief spricht mittlerweile von Verzögerungen um ein Jahr. Was bedeuten würde: Mai 2013. Doch es ist nicht ausgeschlossen, dass die Fertigstellung noch länger dauern könnte. Denn die Stadt hat Klage gegen Hochtief eingereicht.
"Die ja sagen, dass der Konzertsaal ein Jahr später fertig würde als vertraglich vereinbart. Dafür brauchen wir Belege, die bekommen wir unter anderem aus dem Zeitplan. Über die Rechtmäßigkeit unseres Wunsches oder unseres Anspruches, diesen Zeitplan zu bekommen, streiten wir uns mit Hochtief. Und insofern ist dann eben der Gang vor Gericht die ganz normale Vorgehensweise."
Den Vorwurf, dass es keine verbindliche Terminplanung gebe, will Hochtief nicht gelten lassen: Die Klage sei sachlich gegenstandslos, so Unternehmenssprecher Bernd Pütter. Politiker aller Parteien begrüßen die Klage. So sagte der Fraktionsvorsitzende der GAL, Jens Kerstan:
"Hochtief droht mit späterer Baufertigstellung, um Geld von der Stadt zu erpressen. Doch dieses Spiel wird nicht aufgehen, weil wir uns von Hochtief nicht erpressen lassen."
Hochtief sei zudem eine bösartige Heuschrecke und in der Branche dafür bekannt, dass es mit allen Tricks arbeite und aus Projekten maximalen Profit auf Kosten der Arbeitgeber herausschindet. Eine gängige Praxis, weiß auch Franz-Josef Schlapka. Claim Management nenne man dies, so Schlapka in einem Interview mit "Spiegel Online".
Um den Zuschlag zu erhalten, gibt man ein bewusst niedriges Angebot ab. Wenn dann der Auftrag vergeben ist, generiert man die Gewinne auf dem Wege der Nachforderungen. Hochtief hat den Projektmanagement-Experten Schlapka aufgrund dieser Äußerung jetzt verklagt. Bernd Pütter, Sprecher des Baukonzerns:
"Wir nehmen keine Aufträge zu Dumpingpreisen in die Bücher, um den Kunden nachher über den Tisch zu ziehen. Das ist genau der Punkt, den wir klargestellt wissen wollen. Das ist nicht unser Geschäftsgebaren und wir wollen nicht, dass andere sich so über uns äußern."
Während es hinter den Kulissen des Konzerthauses kräftig brodelt, werden die Querelen nun parallel von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss begleitet. Beantragt von der Opposition.
SPD-Fraktionschef Michael Neumann: "Uns geht es darum, die politische Verantwortung auf der einen Seite zu klären aber vor allem auf der anderen Seite auch dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder passiert, als dass wir in so eine Kostenfalle hineinlaufen."
In den kommenden Wochen werden sämtliche Verantwortlichen dem Untersuchungsgremium der Bürgerschaft Rede und Antwort stehen müssen.
Zu diesem Ergebnis kommt ein Prüfbericht der Generalplaner der Elbphilharmonie: Dem Schweizer Architekturbüro Herzog und de Meuron. Und es ist nur einer von vielen Mängeln, die die Gutachter bei der Qualitätskontrolle der Baustelle festgestellt haben: Ein untragbarer Zustand, meinen Kulturbehörde und die städtische Realisierungsgesellschaft Rege.
Am späten Nachmittag hat sich deshalb die Kultursenatorin Karin von Welck mit dem Vorstandschef des Bauträgers Hochtief zum Krisengespräch getroffen. Eine Pressekonferenz im Anschluss gab es nicht, Karin von Welck war auch für ein kurzes Statement nicht erreichbar. Stattdessen redet der Sprecher der Elbphilharmonie-Realisierungsgesellschaft, Karl Olaf Petters. Das Gespräch sei recht einträchtig verlaufen.
Petters: "Trotzdem sind die unterschiedlichen Positionen dann recht deutlich geworden. Da ist es für uns besonders erfreulich, dass Hochtief die Einschätzung der Stadt teilt, dass die Elbphilharmonie nur dann ein Erfolg sein kann, wenn die baulichen Standards die höchsten Ansprüche erfüllen. Und zugesagt hat, dass dem auch so sein wird."
Soll heißen: Hochtief akzeptiert die Mängelliste der Architekten. Was auch bedeuten würde, zumindest kann man die Aussagen des Sprechers so werten: Hochtief kommt auch für die Kosten der Mängelbeseitigung auf.
"Hochtief wird das übernehmen. Wird da in der Tat auch die notwendig entsprechenden Korrekturen vornehmen. Und das ist für uns insofern sehr wichtig, als das einige Bereiche eben relevant sind für die Akkustik des großen Konzertsaals. Des Herzstücks der Philharmonie. Und dort ist es natürlich, wie im ganzen Haus insgesamt, aber dort besonders wichtig, dass eben dort die höchsten Baustandards eingehalten werden, um den hohen auch akkustischen Anspruch der Elbphilharmonie dann auch Genüge zu tun."
Auch wenn es jetzt so aussieht, dass Stadt und Hochtief sich nun in diesem Fall einig sind: Schaut man auf den Gesamtprozess, liest sich die Entwicklung der Elbphilharmonie eher wie eine Chronik der Katastrophen. Der Architekt Pierre de Meuron, der als Generalplaner die Elbphilharmonie entwirft, sagt dazu im Kulturjournal des NDR:
"Zugegeben, es ist nicht einfach. Wir wollen ja nichts beschönigen. Es gibt Schwierigkeiten. Und die ganze Kostensituation und Terminsituation ist natürlich mehr als bedauerlich ..."
Und das ist recht diplomatisch ausgedrückt. Fakt ist: Die Kosten explodieren. Zwischenzeitlich ist die Summe, die alleine die Stadt Hamburg für dieses Mammutprojekt aufbringen soll, von 77 auf 323 Millionen Euro gestiegen. Weitere 35 Millionen Euro Nachforderungen seitens Hochtief stehen im Raum. Das ist eine Preissteigerung von 86 Prozent. Doch die Kosten sind nicht alles: Schon vor einigen Wochen lies der Bauträger verlauten:
"Aus meiner Sicht ist der Endtermin November 2011 für den großen Konzertsaal nicht mehr erreichbar."
Was im Klartext heißt: Die Elbphilharmonie in der Hafencity kann nicht wie geplant im Mai 2012 mit einem Konzert im großen Saal eröffnen. Das Bauunternehmen gibt den Architekten Herzog und de Meuron dafür die Schuld: Eine verspätete Abgabe der Pläne und nachträgliche Änderungen durch die Architekten seien der Grund für die Zeitverzögerung und die enorme Kostensteigerung. Pierre de Meuron und sein Kollege Jaques Herzog weisen diesen Vorwurf entschieden zurück:
"Wir können diese Kritik nicht nachvollziehen. Wir weisen die auch zurück. Wir haben termingerecht und komplett unsere Planleistungen abgeliefert ..."
Hochtief spricht mittlerweile von Verzögerungen um ein Jahr. Was bedeuten würde: Mai 2013. Doch es ist nicht ausgeschlossen, dass die Fertigstellung noch länger dauern könnte. Denn die Stadt hat Klage gegen Hochtief eingereicht.
"Die ja sagen, dass der Konzertsaal ein Jahr später fertig würde als vertraglich vereinbart. Dafür brauchen wir Belege, die bekommen wir unter anderem aus dem Zeitplan. Über die Rechtmäßigkeit unseres Wunsches oder unseres Anspruches, diesen Zeitplan zu bekommen, streiten wir uns mit Hochtief. Und insofern ist dann eben der Gang vor Gericht die ganz normale Vorgehensweise."
Den Vorwurf, dass es keine verbindliche Terminplanung gebe, will Hochtief nicht gelten lassen: Die Klage sei sachlich gegenstandslos, so Unternehmenssprecher Bernd Pütter. Politiker aller Parteien begrüßen die Klage. So sagte der Fraktionsvorsitzende der GAL, Jens Kerstan:
"Hochtief droht mit späterer Baufertigstellung, um Geld von der Stadt zu erpressen. Doch dieses Spiel wird nicht aufgehen, weil wir uns von Hochtief nicht erpressen lassen."
Hochtief sei zudem eine bösartige Heuschrecke und in der Branche dafür bekannt, dass es mit allen Tricks arbeite und aus Projekten maximalen Profit auf Kosten der Arbeitgeber herausschindet. Eine gängige Praxis, weiß auch Franz-Josef Schlapka. Claim Management nenne man dies, so Schlapka in einem Interview mit "Spiegel Online".
Um den Zuschlag zu erhalten, gibt man ein bewusst niedriges Angebot ab. Wenn dann der Auftrag vergeben ist, generiert man die Gewinne auf dem Wege der Nachforderungen. Hochtief hat den Projektmanagement-Experten Schlapka aufgrund dieser Äußerung jetzt verklagt. Bernd Pütter, Sprecher des Baukonzerns:
"Wir nehmen keine Aufträge zu Dumpingpreisen in die Bücher, um den Kunden nachher über den Tisch zu ziehen. Das ist genau der Punkt, den wir klargestellt wissen wollen. Das ist nicht unser Geschäftsgebaren und wir wollen nicht, dass andere sich so über uns äußern."
Während es hinter den Kulissen des Konzerthauses kräftig brodelt, werden die Querelen nun parallel von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss begleitet. Beantragt von der Opposition.
SPD-Fraktionschef Michael Neumann: "Uns geht es darum, die politische Verantwortung auf der einen Seite zu klären aber vor allem auf der anderen Seite auch dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder passiert, als dass wir in so eine Kostenfalle hineinlaufen."
In den kommenden Wochen werden sämtliche Verantwortlichen dem Untersuchungsgremium der Bürgerschaft Rede und Antwort stehen müssen.