Phänomen in Wolfsburg
Wolfsburg hat eine neue Attraktion. Der Neubau des "Phaeno", der die Handschrift der irakischen Stararchitektin Zaha Hadid trägt, ist mit den vielen Schrägen und Buckeln avantgardistisch. Auf 9000 Quadratmetern wird hier großen und kleinen Besuchern auf spielerische Weise technisches Wissen vermittelt.
Die Architektin Zaha Hadid ist eine robuste Diva mit großen, wachen Augen und einer Mähne, die sie mit ihren Händen kaum zu bändigen weiß. Und ihr neuestes Gebäude, das da an der Bahnkante in der Autostadt Wolfsburg steht, ist auch ein wenig divenhaft, jedenfalls für eine Stadt, in der traditionell eher malocht und gearbeitet wird. Doch nichts bleibt, wie es ist, und auch in Wolfsburg ändern sich die Zeiten, sagt Oberbürgermeister Rolf Schnelleke.
" Es gehörte auch Mut dazu, sage ich mal, mit Respekt vor unserem Rat, dieses zu bewilligen, was einmütig geschah. Aber Sie wissen, Wolfsburg ist in einem Prozess des Wandels, von der Produktionsgesellschaft müssen wir uns zu einer neuen Wissens- und Erlebnisgesellschaft hin bewegen. Wir müssen raus aus der Monostruktur hier in Wolfsburg, und da ist es eine wichtige Investition in die Zukunft, die hier getätigt wurde."
Die Zukunftsinvestition heißt: Phaeno - Die Experimentierlandschaft. Phaeno ist ein Science Center nach amerikanischem Vorbild. Auf 9000 Quadratmetern Ausstellungsfläche soll großen und kleinen Besuchern auf spielerische Weise technisches Wissen vermittelt werden, sagt der Direktor Wolfgang Guthardt:
" Der Kern ist, dass man selber sich entdecken kann, aus diesem eigenen guten Aha-Erlebnis heraus sagt, das finde ich toll, das finde ich spannend. Dass ich hier nichts vorgeführt bekomme, was ein anderer macht, dass ich hier nicht einer schwierigen Thematik hilflos ausgesetzt bin, sondern dass ich mir selber Erfolgserlebnisse verschaffen kann, indem ich mit einem Experiment umgehe, das jetzt nicht einfach per Knopfdruck zu lösen ist, sondern da muss man schon ein bisschen Geschicklichkeit aufbringen. Und auf einmal ruft man aus sozusagen: Heureka, ich hab’s! Und das ist ein wunderschönes Erlebnis, und ich glaube, jeder Besucher ist glücklich und geht nach Hause mit dem Gefühl, das hat aber Spaß gemacht."
Als Wolfgang Guthardt noch Kulturdezernent war, hat er die Stadtväter animiert, das Science Center zu bauen, auch weil Wolfsburg eine Stadt der Technik ist, die ohne das Automobil gar nicht vorstellbar ist.
" Wir sind keine Bischofsstadt und keine Handelsstadt, und insofern ist es doch sehr authentisch und sehr glaubhaft, hier etwas zurückzugeben, der Region, Deutschland zurückzugeben, auch von dem im Rahmen der Technik erworbenen Wohlstand, den die Stadt natürlich immer auch wieder erlebt hat. Und so war das dann auch im Jahr 2000, das zu tun doch unter recht guten finanziellen Voraussetzungen."
Mithin ein Geschenk an technisch interessierte Bürger. Es wurde 80 Millionen Euro teuer. Als Gegenwert für so viel Geld hat Wolfsburg nun ein spektakuläres Stück Architektur bekommen. Oberbürgermeister Rolf Schnelleke staunt noch immer.
" Es schien eigentlich gar nicht baubar, was wir hier sehen. Das ist ja kein Gebäude, sondern eine Skulptur, die aufgestellt ist und gegossen ist aus einem Stück. Das einzig Rechtwinklige, sagte mir mal ein Polier, sind hier die Türen, alles andere ist wirklich amorph und in neuer Formensprache."
Der Neubau mit den vielen Schrägen und Buckeln ist nicht nur avantgardistisch, er hilft auch die Stadtstruktur neu zu ordnen, denn mit dem Bau der ICE-Strecke wurde plötzlich der Hintereingang von Wolfsburg zum Vordereingang der Stadt. Das Zentrum hatte sich verschoben! Eine einzigartige Steilvorlage für Zaha Hadid.
" Wir dachten, wenn man ein Gebäude an der Nahtstelle zwischen Stadt und dem Volkswagen-Werk errichtet, dann ist es wichtig, diese beiden Bereiche nicht voneinander zu trennen. Stattdessen wollten wir eine Kombination aus Gebäudestruktur und Landschaft erzeugen. So kam es zu der Idee, das Gebäude anzuheben und den Baugrund offen zu halten, um so einen Durchblick zu ermöglichen. Die Idee war, eine Art Urbanismus, der sich auf die Gebäude in der Nachbarschaft bezieht, und gleichzeitig wurde ein interessanter Weg zwischen dem Bahnhof und der Autostadt durch das Gebäude hindurchgeführt. Das ergibt einen Raum, der gleichzeitig ein Außen- und ein Innenraum ist, ein städtischer Raum – eine Idee, an der unser Büro sehr lange gearbeitet hat."
Der Neubau besteht aus einer Ausstellungsebene, einer großen Fläche, die frei zu bespielen ist. Die so genannten Cones, die Betonkegel, die die Ausstellungsebene vom Boden abheben, sind mit ihren schrägen Rampen und verwinkelten Zugängen weniger gut zu bespielen, obwohl hier wichtige Funktionen des Gebäudes wie die Restaurants oder die Kassenhallen untergebracht sind.
Doch so ist das eben: Eine berühmte, selbstbewusste Architektin verlangt einen generösen und toleranten Bauherrn. Und der wurde mit der Stadt Wolfsburg tatsächlich gefunden. Einige Mitarbeiter blieben hingegen auf der Strecke.
" Es gab eine Menge Leute, die an diesem Projekt gearbeitet haben und unterwegs ausgestiegen sind. Aber die, die es ausgehalten haben, sind hoffentlich heute begeistert und glücklich. Ich habe jeden Tag die Panik und die Freude miterlebt. Ich weiß ja gar nicht, wie meine Leute das geschafft haben, sechs Jahre lang Betonkegel zu massieren und die Landschaft zu massieren, buchstäblich all diese Dinge."
Und nicht nur der neuartige, sich selbst verdichtende Beton wurde über die Jahre massiert, sagt Wolfgang Guthardt.
" Wir sind auch massiert worden, wir haben uns selbst massiert und wir haben uns gegenseitig massiert, wie Frau Zaha heute gesagt hat. Es war eine sehr mutige Entscheidung, und es war ein sehr hohes Risiko, was wir eingegangen sind. Und wir haben natürlich nach den glücklichen Momenten des Anfangs, als die ersten Beschlüsse gefasst werden konnten und die ersten Anfänge noch gar nicht so problematisch aussahen, haben wir dann gemerkt, was die Mühen der Ebene sind, und die mussten wir schon sehr durchschreiten."
Doch Ende gut, alles gut. Wolfsburg hat eine neue Attraktion. Freunde der Architektur können nun grübeln, was der Begriff Dekonstruktivismus meinen könnte, und Freunde der Technik können an 250 Experimentierstationen ihr naturwissenschaftliches Talent erproben und spielerisch viel Neues lernen.
" Es gehörte auch Mut dazu, sage ich mal, mit Respekt vor unserem Rat, dieses zu bewilligen, was einmütig geschah. Aber Sie wissen, Wolfsburg ist in einem Prozess des Wandels, von der Produktionsgesellschaft müssen wir uns zu einer neuen Wissens- und Erlebnisgesellschaft hin bewegen. Wir müssen raus aus der Monostruktur hier in Wolfsburg, und da ist es eine wichtige Investition in die Zukunft, die hier getätigt wurde."
Die Zukunftsinvestition heißt: Phaeno - Die Experimentierlandschaft. Phaeno ist ein Science Center nach amerikanischem Vorbild. Auf 9000 Quadratmetern Ausstellungsfläche soll großen und kleinen Besuchern auf spielerische Weise technisches Wissen vermittelt werden, sagt der Direktor Wolfgang Guthardt:
" Der Kern ist, dass man selber sich entdecken kann, aus diesem eigenen guten Aha-Erlebnis heraus sagt, das finde ich toll, das finde ich spannend. Dass ich hier nichts vorgeführt bekomme, was ein anderer macht, dass ich hier nicht einer schwierigen Thematik hilflos ausgesetzt bin, sondern dass ich mir selber Erfolgserlebnisse verschaffen kann, indem ich mit einem Experiment umgehe, das jetzt nicht einfach per Knopfdruck zu lösen ist, sondern da muss man schon ein bisschen Geschicklichkeit aufbringen. Und auf einmal ruft man aus sozusagen: Heureka, ich hab’s! Und das ist ein wunderschönes Erlebnis, und ich glaube, jeder Besucher ist glücklich und geht nach Hause mit dem Gefühl, das hat aber Spaß gemacht."
Als Wolfgang Guthardt noch Kulturdezernent war, hat er die Stadtväter animiert, das Science Center zu bauen, auch weil Wolfsburg eine Stadt der Technik ist, die ohne das Automobil gar nicht vorstellbar ist.
" Wir sind keine Bischofsstadt und keine Handelsstadt, und insofern ist es doch sehr authentisch und sehr glaubhaft, hier etwas zurückzugeben, der Region, Deutschland zurückzugeben, auch von dem im Rahmen der Technik erworbenen Wohlstand, den die Stadt natürlich immer auch wieder erlebt hat. Und so war das dann auch im Jahr 2000, das zu tun doch unter recht guten finanziellen Voraussetzungen."
Mithin ein Geschenk an technisch interessierte Bürger. Es wurde 80 Millionen Euro teuer. Als Gegenwert für so viel Geld hat Wolfsburg nun ein spektakuläres Stück Architektur bekommen. Oberbürgermeister Rolf Schnelleke staunt noch immer.
" Es schien eigentlich gar nicht baubar, was wir hier sehen. Das ist ja kein Gebäude, sondern eine Skulptur, die aufgestellt ist und gegossen ist aus einem Stück. Das einzig Rechtwinklige, sagte mir mal ein Polier, sind hier die Türen, alles andere ist wirklich amorph und in neuer Formensprache."
Der Neubau mit den vielen Schrägen und Buckeln ist nicht nur avantgardistisch, er hilft auch die Stadtstruktur neu zu ordnen, denn mit dem Bau der ICE-Strecke wurde plötzlich der Hintereingang von Wolfsburg zum Vordereingang der Stadt. Das Zentrum hatte sich verschoben! Eine einzigartige Steilvorlage für Zaha Hadid.
" Wir dachten, wenn man ein Gebäude an der Nahtstelle zwischen Stadt und dem Volkswagen-Werk errichtet, dann ist es wichtig, diese beiden Bereiche nicht voneinander zu trennen. Stattdessen wollten wir eine Kombination aus Gebäudestruktur und Landschaft erzeugen. So kam es zu der Idee, das Gebäude anzuheben und den Baugrund offen zu halten, um so einen Durchblick zu ermöglichen. Die Idee war, eine Art Urbanismus, der sich auf die Gebäude in der Nachbarschaft bezieht, und gleichzeitig wurde ein interessanter Weg zwischen dem Bahnhof und der Autostadt durch das Gebäude hindurchgeführt. Das ergibt einen Raum, der gleichzeitig ein Außen- und ein Innenraum ist, ein städtischer Raum – eine Idee, an der unser Büro sehr lange gearbeitet hat."
Der Neubau besteht aus einer Ausstellungsebene, einer großen Fläche, die frei zu bespielen ist. Die so genannten Cones, die Betonkegel, die die Ausstellungsebene vom Boden abheben, sind mit ihren schrägen Rampen und verwinkelten Zugängen weniger gut zu bespielen, obwohl hier wichtige Funktionen des Gebäudes wie die Restaurants oder die Kassenhallen untergebracht sind.
Doch so ist das eben: Eine berühmte, selbstbewusste Architektin verlangt einen generösen und toleranten Bauherrn. Und der wurde mit der Stadt Wolfsburg tatsächlich gefunden. Einige Mitarbeiter blieben hingegen auf der Strecke.
" Es gab eine Menge Leute, die an diesem Projekt gearbeitet haben und unterwegs ausgestiegen sind. Aber die, die es ausgehalten haben, sind hoffentlich heute begeistert und glücklich. Ich habe jeden Tag die Panik und die Freude miterlebt. Ich weiß ja gar nicht, wie meine Leute das geschafft haben, sechs Jahre lang Betonkegel zu massieren und die Landschaft zu massieren, buchstäblich all diese Dinge."
Und nicht nur der neuartige, sich selbst verdichtende Beton wurde über die Jahre massiert, sagt Wolfgang Guthardt.
" Wir sind auch massiert worden, wir haben uns selbst massiert und wir haben uns gegenseitig massiert, wie Frau Zaha heute gesagt hat. Es war eine sehr mutige Entscheidung, und es war ein sehr hohes Risiko, was wir eingegangen sind. Und wir haben natürlich nach den glücklichen Momenten des Anfangs, als die ersten Beschlüsse gefasst werden konnten und die ersten Anfänge noch gar nicht so problematisch aussahen, haben wir dann gemerkt, was die Mühen der Ebene sind, und die mussten wir schon sehr durchschreiten."
Doch Ende gut, alles gut. Wolfsburg hat eine neue Attraktion. Freunde der Architektur können nun grübeln, was der Begriff Dekonstruktivismus meinen könnte, und Freunde der Technik können an 250 Experimentierstationen ihr naturwissenschaftliches Talent erproben und spielerisch viel Neues lernen.