Pharao Echnaton aus Gips
Die Büste des Pharao Echnaton war stark entstellt, als sie Anfang des 20. Jahrhunderts ausgegraben wurde. Nun wurde sie mit einem 3D-Verfahren restauriert. Dafür musste das Kunstwerk durch einen Computertomografen.
Vor genau 100 Jahren, am 06. Dezember 1912, wurde in Ägypten die bunte Büste der Nofretete gefunden - und die übt bis heute eine faszinierende Anziehung aus. Das Ägyptische Museum in Berlin nimmt das Fundjubiläum zum Anlass für eine große Ausstellung: Im Licht von Amarna - 100 Jahre Fund der Nofretete, heißt sie. Und dort wird nicht nur die Büste der Königin zu sehen sein, sondern auch die ihres Mannes: Pharao Echnaton war der eigentliche ägyptische Herrscher vor rund 3500 Jahren und Gründer der Amarna-Religion. Seine Büste allerdings ist stark zerstört - durch einen 3D-Drucker erwacht sie jetzt aber zu neuem Leben.
Mehr als 3000 Jahre lang war die Büste des Pharao Echnaton begraben: Tief unter der Erde, fernab vom Licht, das einst Sinnbild seiner Religion war. Erst der deutsche Archäologe Ludwig Borchardt holt sie bei seinen Grabungen wieder zurück ins Tageslicht. Doch von der einstigen Schönheit der Büste ist damals nichts mehr übrig, sagt Friederike Seyfried, Direktorin des Ägyptischen Museums in Berlin:
"Als man die Büste fand, war sie in mehreren Teilen zerbrochen aufgefunden worden, ja, also Einzelteile. Und diese Einzelteile haben dann die damaligen Restauratoren zusammengesetzt und gedübelt und verzahnt, auch mit Metallbolzen. Das war damals Gang und Gäbe."
Immerhin: Die Büste nimmt so wieder Gestalt an. Doch das Gesicht Echnatons ist stark entstellt: Die Ohren sind abgeschlagen, die Nase ist zerstört. Seine Nachfolger im alten Ägypten haben so versucht, ihm die Sinne fürs Jenseits zu rauben, sagen die Forscher. Mund, Kinn und Stirn der Büste sind damals allerdings noch erhalten. Doch dann kommt die nächste Katastrophe:
"Nun sind aber durch die Kriegswirren im zweiten Weltkrieg bestimmte Partien tatsächlich verloren gegangen. Dazu gehört eben ein Teil der Stirn, dazu gehört der Mund. Und deshalb wollen wir den Vorkriegszustand, und zwar noch vor dem ersten Weltkrieg, den möchten wir gerne wieder herstellen. So weit, damit man in der Ausstellung ein adäquates Bild des Pharao bekommt."
Die Aufgabe ist somit klar: Restauratoren sollen der Büste ein wenig ihres alten Glanzes zurückgeben. Dafür müssen sie Mund, Stirn und Kinn neu formen und an der Büste anbringen. Geübt wird das an einem dreidimensionalen Gipsabbild des Pharaonengesichts - einem so genannten 3D-Plot, sagt Restaurator Paul Hofmann:
"Wir haben zur Rekonstruktion der Lippen, haben wir den von der Uni Berlin, von der TU, den 3D-Plot bekommen, an dem ich sozusagen spielen konnte. Und solange Formen gesucht und gefunden habe, anhand der historischen Aufnahmen, bis wir sagen konnten, okay, das ist es. Und diese Ergänzungen sind abnehmbar, die sind also reversibel, die sind nicht mit dem Objekt verbunden."
Um die Büste aus Gips nachformen zu können, musste zunächst das Original vermessen werden. An der Berliner Charité wurde die steinerne Echnaton-Büste dafür von einem Computertomografen durchleuchtet: Der innere Aufbau der Büste - also etwa die Stützstäbe aus Metall - lassen sich auf den CT-Bildern erkennen. Anschließend wurde die Oberfläche der Büste mit einem Streifenlichtscanner vermessen: Der besteht aus einer Lichtquelle, zwei Kameras und einem Laptop, sagt Ben Jastram von der TU Berlin:
"Das ganze Setup ist mobil, das heißt, wir haben es in den Transportkoffer gepackt, haben die Steuergeräte, den Rechner, mit eingepackt, sind zum ägyptischen Museum gefahren, haben dort alles aufgebaut. Der Echnaton stand auf einem Sockel, der drehbar war. Und davor haben wir den Scanner positioniert und haben dann Stück für Stück den Echnaton gescannt."
Das Licht wird dabei streifenförmig auf die Büste projiziert. Die Kameras nehmen auf, wo das Licht auf die Büste trifft, welche Schatten es wirft. Die Gesichtsoberfläche lässt sich so millimetergenau vermessen. Um anschließend in einem 3D-Drucker Gipspulver zu der Büste zu verkleben, wurde aus diesen Daten zunächst eine 3D-Grafik des Pharaonenkopfes erstellt: Die besteht aus abertausenden Einzelbildern, so genannten Schichten, die nebeneinandergelegt den grafischen Echnaton-Kopf ergeben:
"Und diese Schichten werden dann in Bilder umgewandelt, in schwarzweiß Bilder, und an die Maschine geschickt. Und die Maschine interpretiert das so, überall dort, wo das Bild schwarz, schwarze Farbe hat, dann wird genau dort Klebstoff auf dieses Pulver aufgetragen und die Partikel kleben dort zusammen. Überall wo weiß ist, wird nichts aufgetragen und die Partikel bleiben unvernetzt und lose in dieser Schicht vorhanden."
Schwarz heißt also, dass dort etwa der Hals beginnt, der dann aus abertausenden, millimeterdünnen Schichten aufgebaut wird. Weiß heißt nur: Hier ist kein Körper - das Pulver kann lose bleiben. In der Druckerwanne entsteht so ein fester Körper: Verklebt aus Gips und umgeben von losem Pulver, das sich absaugen lässt. Und an diesem Gipsmodell, das der Echnatonbüste bis in die kleinsten Details gleicht, kann Restaurator Paul Hofmann üben: Etwa die Lippen so lange formen, bis sie perfekt sind. Denn Vorlagen, wie sie auszusehen haben, gibt es reichlich, sagt der Restaurator.
"Wir haben viele Darstellungen, reliefierte Darstellungen von Echnaton, wo man Physiognomie gut lesen kann. Und wir haben natürlich dann die 1913-Fotos von Borchardt. Das heißt, wir greifen eigentlich, basierend auf diesen Fotos, den Zustand damals auf."
Mittlerweile sind Lippen, Kinn und Stirn am Original mechanisch eingeklickt worden. Das Gesicht Echnatons ist so wieder zu erkennen - doch sichtbar ist auch, wo die Büste zerbrochen war, wo sie zusammengefügt wurde, was die Restauratoren nachträglich angebracht haben. Und all diese Spuren sollen auch zu sehen sein, sagt Friederike Seyfried.
"Ich würde nie weiter rekonstruieren lassen, als den Zustand, den man eigentlich 1913 wieder herstellen konnte. Und deshalb haben wir auch den Restaurator gebeten, die Mundpartie, die uns leider seit dem zweiten Weltkrieg fehlt, frei nachzubilden. Dieser Mund, der ist aber reversibel. Sie können den also einsetzen in die Figur und sie können den Mund auch wieder rausnehmen."
Und so wird König Echnaton restauriert - und der Öffentlichkeit vorgeführt. So strahlen wie seine Gattin, die Königin Nofretete, kann er nicht. Doch dank des 3D-Drucks und der neuen Gesichtspartien erhält er zumindest ein wenig seiner alten Ausstrahlung zurück.
Das Licht von Amarna - Die Ausstellung
Mehr als 3000 Jahre lang war die Büste des Pharao Echnaton begraben: Tief unter der Erde, fernab vom Licht, das einst Sinnbild seiner Religion war. Erst der deutsche Archäologe Ludwig Borchardt holt sie bei seinen Grabungen wieder zurück ins Tageslicht. Doch von der einstigen Schönheit der Büste ist damals nichts mehr übrig, sagt Friederike Seyfried, Direktorin des Ägyptischen Museums in Berlin:
"Als man die Büste fand, war sie in mehreren Teilen zerbrochen aufgefunden worden, ja, also Einzelteile. Und diese Einzelteile haben dann die damaligen Restauratoren zusammengesetzt und gedübelt und verzahnt, auch mit Metallbolzen. Das war damals Gang und Gäbe."
Immerhin: Die Büste nimmt so wieder Gestalt an. Doch das Gesicht Echnatons ist stark entstellt: Die Ohren sind abgeschlagen, die Nase ist zerstört. Seine Nachfolger im alten Ägypten haben so versucht, ihm die Sinne fürs Jenseits zu rauben, sagen die Forscher. Mund, Kinn und Stirn der Büste sind damals allerdings noch erhalten. Doch dann kommt die nächste Katastrophe:
"Nun sind aber durch die Kriegswirren im zweiten Weltkrieg bestimmte Partien tatsächlich verloren gegangen. Dazu gehört eben ein Teil der Stirn, dazu gehört der Mund. Und deshalb wollen wir den Vorkriegszustand, und zwar noch vor dem ersten Weltkrieg, den möchten wir gerne wieder herstellen. So weit, damit man in der Ausstellung ein adäquates Bild des Pharao bekommt."
Die Aufgabe ist somit klar: Restauratoren sollen der Büste ein wenig ihres alten Glanzes zurückgeben. Dafür müssen sie Mund, Stirn und Kinn neu formen und an der Büste anbringen. Geübt wird das an einem dreidimensionalen Gipsabbild des Pharaonengesichts - einem so genannten 3D-Plot, sagt Restaurator Paul Hofmann:
"Wir haben zur Rekonstruktion der Lippen, haben wir den von der Uni Berlin, von der TU, den 3D-Plot bekommen, an dem ich sozusagen spielen konnte. Und solange Formen gesucht und gefunden habe, anhand der historischen Aufnahmen, bis wir sagen konnten, okay, das ist es. Und diese Ergänzungen sind abnehmbar, die sind also reversibel, die sind nicht mit dem Objekt verbunden."
Um die Büste aus Gips nachformen zu können, musste zunächst das Original vermessen werden. An der Berliner Charité wurde die steinerne Echnaton-Büste dafür von einem Computertomografen durchleuchtet: Der innere Aufbau der Büste - also etwa die Stützstäbe aus Metall - lassen sich auf den CT-Bildern erkennen. Anschließend wurde die Oberfläche der Büste mit einem Streifenlichtscanner vermessen: Der besteht aus einer Lichtquelle, zwei Kameras und einem Laptop, sagt Ben Jastram von der TU Berlin:
"Das ganze Setup ist mobil, das heißt, wir haben es in den Transportkoffer gepackt, haben die Steuergeräte, den Rechner, mit eingepackt, sind zum ägyptischen Museum gefahren, haben dort alles aufgebaut. Der Echnaton stand auf einem Sockel, der drehbar war. Und davor haben wir den Scanner positioniert und haben dann Stück für Stück den Echnaton gescannt."
Das Licht wird dabei streifenförmig auf die Büste projiziert. Die Kameras nehmen auf, wo das Licht auf die Büste trifft, welche Schatten es wirft. Die Gesichtsoberfläche lässt sich so millimetergenau vermessen. Um anschließend in einem 3D-Drucker Gipspulver zu der Büste zu verkleben, wurde aus diesen Daten zunächst eine 3D-Grafik des Pharaonenkopfes erstellt: Die besteht aus abertausenden Einzelbildern, so genannten Schichten, die nebeneinandergelegt den grafischen Echnaton-Kopf ergeben:
"Und diese Schichten werden dann in Bilder umgewandelt, in schwarzweiß Bilder, und an die Maschine geschickt. Und die Maschine interpretiert das so, überall dort, wo das Bild schwarz, schwarze Farbe hat, dann wird genau dort Klebstoff auf dieses Pulver aufgetragen und die Partikel kleben dort zusammen. Überall wo weiß ist, wird nichts aufgetragen und die Partikel bleiben unvernetzt und lose in dieser Schicht vorhanden."
Schwarz heißt also, dass dort etwa der Hals beginnt, der dann aus abertausenden, millimeterdünnen Schichten aufgebaut wird. Weiß heißt nur: Hier ist kein Körper - das Pulver kann lose bleiben. In der Druckerwanne entsteht so ein fester Körper: Verklebt aus Gips und umgeben von losem Pulver, das sich absaugen lässt. Und an diesem Gipsmodell, das der Echnatonbüste bis in die kleinsten Details gleicht, kann Restaurator Paul Hofmann üben: Etwa die Lippen so lange formen, bis sie perfekt sind. Denn Vorlagen, wie sie auszusehen haben, gibt es reichlich, sagt der Restaurator.
"Wir haben viele Darstellungen, reliefierte Darstellungen von Echnaton, wo man Physiognomie gut lesen kann. Und wir haben natürlich dann die 1913-Fotos von Borchardt. Das heißt, wir greifen eigentlich, basierend auf diesen Fotos, den Zustand damals auf."
Mittlerweile sind Lippen, Kinn und Stirn am Original mechanisch eingeklickt worden. Das Gesicht Echnatons ist so wieder zu erkennen - doch sichtbar ist auch, wo die Büste zerbrochen war, wo sie zusammengefügt wurde, was die Restauratoren nachträglich angebracht haben. Und all diese Spuren sollen auch zu sehen sein, sagt Friederike Seyfried.
"Ich würde nie weiter rekonstruieren lassen, als den Zustand, den man eigentlich 1913 wieder herstellen konnte. Und deshalb haben wir auch den Restaurator gebeten, die Mundpartie, die uns leider seit dem zweiten Weltkrieg fehlt, frei nachzubilden. Dieser Mund, der ist aber reversibel. Sie können den also einsetzen in die Figur und sie können den Mund auch wieder rausnehmen."
Und so wird König Echnaton restauriert - und der Öffentlichkeit vorgeführt. So strahlen wie seine Gattin, die Königin Nofretete, kann er nicht. Doch dank des 3D-Drucks und der neuen Gesichtspartien erhält er zumindest ein wenig seiner alten Ausstrahlung zurück.
Das Licht von Amarna - Die Ausstellung