Philharmonie Brünn
Leitung: Dennis Russell Davies
Regional Sinfonisches aus Brno
Dieser Abend der Philharmonie Brünn unter seinem Chefdirigenten Dennis Russel Davies bietet Werke, die an die Region gebunden sind: hochaktuell bis romantisch. Ebenso Musik von Erich Wolfgang Korngold und Leoš Janáček, die in Brno geboren wurden.
Die Brünner Philharmonie bietet vor allem im Vereinshaus der Stadt Programme, die sich direkt auf die Region beziehen. In der zweitgrößten tschechischen Stadt wurde etliche Musiker geboren: Erich Wolfgang Korngold, Leoš Janáček und Jan Novák. Werke dieser Komponisten war innerhalb dreier Radioabende zu hören - wir fassen diese für Sie heute zusammen.
Tradition trifft Neues
Das Orchester steht auch Neukomponiertem aufgeschlossen gegenüber - zumal ihr Chefdirigent Dennis Russel Davies bekannt ist für seine Uraufführungs-Schlagzahl. Hier präsentieren wir die Uraufführung der dritten Sinfonie des Österreichers Thomas Larcher, der das Werk für das Amsterdamer Concertgebouworkest komponierte, aber durch die momentane Situation nicht zur Aufführung gelangen konnte.
Nicht so bekannt ist Jan Novák. Er kam vor genau 100 Jahren in der Nähe von Brünn zur Welt, ist in der Stadt aufgewachsen und musikalisch geprägt worden. Deshalb war seinem Andenken eines der Konzerte gewidmet.
Unbekannt - weitgereist
Als Student musste er in Deutschland Zwangsarbeit leisten. 1948 konnte Novák mit einem Stipendium in den USA studieren. Aaron Copland und Bohuslav Martinů hießen seine Lehrer. Mit Martinů verband ihn später eine enge Freundschaft.
Jan Novák ging zunächst nach Brno zurück und prägte dort die zeitgenössische Musikszene. Er war ein freiheitsliebender Individualist. Er komponierte mit Stilmitteln des Jazz, der Zwölftonmusik, aber auch der christlichen Kirchenmusik. Deshalb geriet er zunehmend in Konflikt mit der realsozialistischen Kulturbürokratie. Während des Prager Frühlings 1968 war er auf einer Konzerttournee in Westeuropa. Als die Sowjets und andere die Tschechoslowakei besetzten, blieb Novák mit seiner Frau, die Pianistin war, und den beiden kleinen Töchtern im Westen. Er sollte nie wieder zurückkehren.
Mit Latein durchs Leben
Zuerst lebten die Nováks in Dänemark, dann im italienischen Rovereto. Schon vor seiner Emigration hatte er sich als Schöpfer von lateinischen Chorwerken einen Namen gemacht und andererseits als Filmmusikkomponist seinen Unterhalt verdient. In Italien war er mit einem Chor, der ausschließlich lateinsprachige Musik aller Epochen sang, erfolgreich.
Dieser Rückgriff auf eine alte universelle Kultur schien ihm ein guter Weg zu sein, sich musikalisch auszudrücken. Auf die Frage, warum er so aufs Lateinische versessen sei, antwortete er ironisch: "Nihil est ... immortalitatis causa hoc fit" – er mache das allein wegen der Unsterblichkeit.
Er soll sogar im Restaurant sein Essen auf Latein bestellt haben. Der mährische Komponist Jan Novák war fasziniert von der Regelhaftigkeit des Lateinischen. Deshalb komponierte er überwiegend Musik zu Texten dieser nicht nur katholischen Sprache. Oder er ließ sich von ihren Formen und Regeln zur musikalischen Gestalt seiner Musik inspirieren
Cineastische Größe im Orchester
Die Mehrheit der Stadtbewohner bestand bis 1918 aus deutschsprechenden Menschen christlicher und jüdischer Konfession. Zu ihnen gehörte auch das Wunderkind Erich Wolfgang Korngold, der als Teenager seine ersten Opern komponierte. Gustav Mahler, der ja aus der gleichen Region stammt, prophezeite dem jungen Erich Wolfgang eine große Zukunft.
Die begann in Wien und endete mit der Emigration, der Vertreibung nach Nordamerika. Korngold wurde als Filmkomponist berühmt, Nachfolger wie John Williams beriefen sich auf sein Schaffen.
Neben der Oper "Die tote Stadt" und seinem Violinkonzert gibt es auch ein anderes großes Werk, das neben seiner Filmmusik bestehen kann: seine Fis-Dur-Symphonie aus dem Jahr 1952. Sie ist ein gewaltiges Werk vom zeitlichen und orchestralen Umfang her. Sie hat cineastische Größe, ihre Musikalität ist aber verstrickter und verzweigter als Filmmusik.
Uraufführung in Brno
Die dritte Sinfonie des Tiroler Komponisten Thomas Larcher sollte in Amsterdam Premiere feiern. Das Werk von Thomas Larcher hat viel mit hochalpinem Klettern zu tun und trägt den Titel "Eine Linie über dem Himmel". Die Sinfonie ist dem britischen Bergsteiger Tom Ballard gewidmet, der eine bestimmte Art von Kletterrute erfunden hat. Sie trägt den Titel "A line above the Sky". Das sind steile und gefährliche Wege in der Felswand, die man nur mit einem Eispickel bewältigen kann.
Gemeinsame Wanderungen
Chefdirigent Dennis Russel Davies kennt den Komponisten Thomas Larcher. Er meint: "Die Musik beschreibt den Ort, an dem sie entstanden ist. Thomas ist ein Bergsteiger und Skiläufer, er lebt in den Bergen. Er ist athletisch und stark. Wenn wir zusammen rausgehen, ist er immer ganz höflich, indem er jede Strecke hin und zurückläuft und mich immer wieder abholt, weil ich so langsam bin.
Man hört in der Farbe der Musik, den Instrumenten und Harmonien einen starken Bezug zu den Tiroler Bergen. Es erinnert mich an Anton Bruckner, es ist Musik, die so nur in Österreich und Tirol entstehen kann." Aus Geräuschen, so der Dirigent weiter, werden bei Thomas Larcher neue Klänge.
Der Komponist meint dazu, Bergsteigen sei genau wie Musikmachen. Es habe eine Menge mit Adrenalinstößen zu tun und zeige die Schönheit wie die Bedrohtheit von Mensch und Natur.
Vereinshaus Brno
Aufzeichnung vom 1. Mai 2021
Aufzeichnung vom 1. Mai 2021
Leoš Janáček
Adagio für Orchester
Adagio für Orchester
Jan Novák
Ludi symphoniaci
Ludi symphoniaci
Erich Wolfgang Korngold
Symphonie Fis-Dur op. 40
Symphonie Fis-Dur op. 40
Vereinshaus Brno
Aufzeichnung vom 5. Februar 2021
Aufzeichnung vom 5. Februar 2021
Thomas Larcher
Sinfonie Nr. 3 (Uraufführung)
Sinfonie Nr. 3 (Uraufführung)
Philharmonie Brünn
Leitung: Dennis Russell Davies
Vereinshaus Brno
Aufzeichnung vom 18. September 2020
Aufzeichnung vom 18. September 2020
Antonín Dvořák
Symphonische Variationen op. 78
Symphonische Variationen op. 78