Philip Waechter: Toni. Und alles nur wegen Renato Flash
Beltz und Gelberg, Weinheim 2018
67 Seiten, 14,95 EUR
Höhen und Tiefen eines jungen Fußballerlebens
"Renato Flash" sind nicht irgendwelche Fußballschuhe: Sie blinken, sorgen für präzises Ballgefühl und werden Toni zu einer ruhmreichen Karriere verhelfen. Und dafür würde er alles tun. Ein Comic mit Witz, Ironie und einem ganz eigenen Strich.
"Cool!", "Wow!", "Toll!" Um Toni ist es geschehen, als er die Werbung für die neusten Fußballschuhe sieht: "Renato Flash", empfohlen vom Superstar Flash himself. Diese Schuhe würden alles verändern: Tonis Spiel, seine Karriere, ihn. Klar, dass Toni diese Heiligtümer besitzen muss. Die Frage ist nur: WIE kriegt er sie?
Was dann folgt, ist der beste und lustigste Mutter-Sohn-Dialog aller Zeiten. Und das gleich auf den ersten Seiten. Denn Tonis Mutter ist, was sonst, gegen den Kauf. Beim Versuch, sie zu überreden, zieht der Sohn alle Register: Wirbt damit, dass Fußball Kunst sei und da tauge nur das beste Material. Bringt den Wunsch der Mutter, er möge sich weitentwickeln, zur Sprache. Und schwärmt von seiner großen Zukunft als Fußball-Superstar.
Aber Tonis Mutter bleibt hart und hält moralisch ausgefeilt dagegen: Sport sei Kommerz. Weiterentwicklung sei auch ohne blitzende Sportschuhe drin. Fußballer sei nicht der einzige schöne Beruf auf Erden. Selbst zu Weihnachten könne Toni nicht mit den Dingern rechnen, immerhin gebe es auf der Welt so großes Leid, dass die Familie sich doch darauf geeinigt habe, nichts zu schenken, sondern Geld zu spenden. Punkt.
Eine Partitur der großen und kleinen Sticheleien
Willkommen in der Welt der Familie! Wo Eltern Kindern immer ausgefeilter und politisch korrekter Herzenswünsche ausreden. Und wo Kinderwünsche so brennend wichtig sind, dass Eltern als herzlos rüberkommen, wenn sie sie nicht erhören.
Philip Waechter kreist grandios lustig um die daraus entstehenden Situationen. Keine Frage, der Mann kennt sich aus. Und er spielt gekonnt die Partitur der großen und kleinen Sticheleien zwischen Eltern und Kindern durch. Und das sehr, sehr lustig. Denn natürlich gerät der kindliche Ich-Erzähler beim Vorhaben, das Geld selbst zu verdienen, ins Straucheln.
Beim Flyer-Austragen macht er eine Pause, um Fußball zu spielen. Damit die Zettel dann aber doch noch zeitig verteilt werden, müssen schließlich alle Freunde helfen und Tonis Lohn geht für deren Belohnung drauf. Das Geld fürs Hundeausführen ist mit der Strafe für den Kackhaufen auf dem Bürgersteig weg, und die Kohle für den Flohmarkt muss reinvestiert werden, für den Rückkauf des geliebten Lastwagens.
Spaß für Kinder und Erwachsene
Jede der neun Toni-Episoden lebt vom Charme des Zeichners und Erzählers: Philip Waechter ist ganz nah an seinem Helden dran und immer um dessen Wohlergehen besorgt! Denn egal wie oft Toni das Geld nicht zusammen bekommt – immer ist es nur ein vermeintliches Scheitern.
Tatsächlich lernt Toni so eine ganze Menge über das, was wichtig ist: Freundschaft, Großzügigkeit, Mut. Und so ist dieser Comic ein großer Spaß. Für Kinder wie Erwachsene übrigens. Denn auch wenn Toni stark an "Juli" erinnert, den gleichnamigen Klassiker von Jutta Bauer und Kirsten Boie, ist es immer wieder ein Gewinn, dieser Kinder-Eltern-Logik zu folgen.
Gezeichnet ist das in Philip Waechters typischen comichaften Zeichnungen mit klaren Strichen und Figuren, deren Gesichter hauptsächlich aus Nase zu bestehen scheinen neben den kleinen schwarzen Punktaugen. Jede Episode hat ihre eigene Hintergrundfarbe: rot, grün, gelb, blau. Das gibt dem Buch einen eigenen Stil.
In Kombination mit den knappen Sprechblasen ist "Toni" so ein wahrer Schatz: großartig ironisch und witzig zugleich.