Philipp Ruch: Wenn nicht wir, wer dann? Ein politisches Manifest
Verlag Ludwig, Kiel 2015
208 Seiten, 12,99 Euro
"Platonischer Protest ist zu wenig"
Philipp Ruch, der Gründer des "Zentrums für Politische Schönheit", präsentiert seine politischen Ideen in einem Manifest. Es zielt auf die Schaffung eines "hartnäckigen Humanismus", sagt er und kritisiert den "platonischen Protest" von Online-Petitionen.
Das "Zentrum für Politische Schönheit" provoziert gern mit Aktionskunst. Nun hat der Gründer Philipp Ruch sein Manifest geschrieben: "Wenn nicht wir, wer dann? Ein politisches Manifest". Darin liefert er eine kompromisslose Weltsicht. Sie kreist vor allem darum, wie "wir" über humanitäres Handeln wieder zu mehr "Schönheit" finden können.
Im Deutschlandradio Kultur sprach Philipp Ruch über diese neue Epoche von "politischer Schönheit", die er auch mit seinem Buch voranbringen wolle:
"Ein Akt politischer Schönheit, das könnte so etwas sein wie der Kniefall Willy Brandts in Warschau. Das könnte in der jetzigen Lage aber auch eine Kanzlerin sein, die endlich einmal eine Willkommensrede hält - den inzwischen über eine Million Menschen, die neu in dieses Land gekommen sind."
"Ein Akt politischer Schönheit, das könnte so etwas sein wie der Kniefall Willy Brandts in Warschau. Das könnte in der jetzigen Lage aber auch eine Kanzlerin sein, die endlich einmal eine Willkommensrede hält - den inzwischen über eine Million Menschen, die neu in dieses Land gekommen sind."
Merkels Satz, "Wir schaffen das", reiche ihm nicht aus, kritisierte Ruch:
"Das ist keine Willkommensrede. Das ist irgend so eine mutlose Aussage, über die dann debattiert werden kann. 'Wir machen das', wäre mir lieber gewesen."
"Das ist keine Willkommensrede. Das ist irgend so eine mutlose Aussage, über die dann debattiert werden kann. 'Wir machen das', wäre mir lieber gewesen."
Der Begriff des "aggressiven Humanismus"
Die Epoche einer "politischen Schönheit" soll mit "aggressivem Humanismus" befördert werden, so lautet eine Aussage in Ruchs Buch. Damit seien allerdings keine gewalttätigen Aktionen gemeint. Er meine vielmehr einen "beharrlichen, hartnäckigen Humanismus", sagte Ruch:
"Wenn wir auf die Zeit vor 80 Jahren in diesem Land zurückblicken, da sind Menschen für ihre Überzeugung in den Tod gegangen. Das Höchste, was heute in der Regel möglich ist, ist etwas, das ich so eine Art platonischen Protest nenne. Man unterschreibt eine Online-Petition und hat dann das Gefühl, man hätte ganz furchtbar viel getan."
"Wenn wir auf die Zeit vor 80 Jahren in diesem Land zurückblicken, da sind Menschen für ihre Überzeugung in den Tod gegangen. Das Höchste, was heute in der Regel möglich ist, ist etwas, das ich so eine Art platonischen Protest nenne. Man unterschreibt eine Online-Petition und hat dann das Gefühl, man hätte ganz furchtbar viel getan."
Aufruf zu einer humanistischen Revolution
Von dieser Kritik nehme er allerdings ausdrücklich alle Menschen aus, die sich in der Flüchtlingshilfe engagierten. Sie machten derzeit die "Speerspitze" und die "Leuchtkraft" Deutschlands aus:
"Aber vergessen wir nicht: Das ist eine kleine Minderheit. Das sind vielleicht 200.000 oder 300.000 Menschen in diesem Land. Die große Mehrheit, die große Mitte der Gesellschaft, die trägt das überhaupt nicht mit. Und an die möchte ich mich wenden. Und an die richtet sich auch dieser Aufruf zur Revolution, zu einer humanistischen Revolution. Und eben ein 'aggressivenr Humanismus', der sagt: 'Wir müssen für unsere Überzeugungen einstehen. Und die können auch etwas kosten.'"
Viele Menschen würden die eigentlich vorhandene Urerfahrung von Schönheit und Hässlichkeit nicht mehr bewusst wahrnehmen können, meinte Ruch:
"Ich behaupte, dass der Mensch ein Wesen ist mit einem angeborenen Instinkt für Schönheit. Und das bedeutet, dass er eigentlich zu jeder Zeit und in jeder Minute ein Bewusstsein in sich trägt davon, ob das, was er tut, schön ist oder hässlich."