Philipp Schönthaler: "Survival in den 80er-Jahren"

Überlebenstraining mit Büchern

Der Autor Philipp Schönthaler
Der Autor Philipp Schönthaler war in unserer Sendung "Lesart" zu Gast © Deutschlandradio - Andreas Buron
Philipp Schönthaler im Gespräch mit Frank Meyer |
Was macht der Wohlstandsbürger, wenn die gewohnte Zivilisation verschwindet? Die Kunst des Überlebens nach einer Katastrophe war schon in den 80er-Jahren ein großes Thema, zeigt Philipp Schönthaler in seinem Buch. In neuen Publikationen gehe es oft um den Rückzug in die Natur.
In seinem neuen Buch befasst sich Philipp Schönthaler mit der Survival-Bewegung der achtziger Jahre. Die Beschäftigung mit diesem Thema habe auch einen biographischen Hintergrund, erzählte der Autor im Deutschlandradio Kultur:
"Ich habe mich erinnert, dass ich in meiner Jugend so eine Phase hatte, in der ich eben Rüdiger Nehberg und andere Handbücher gelesen habe. Anfangs wollte ich nur einen kleinen Aufsatz darüber schreiben. So bin ich etwa im Winter barfuß draußen Joggen gegangen – mit dem Abhärtungsgedanken. Und das war natürlich unheimlich schmerzhaft."
Er habe dann entdeckt, welche erzählerischen Möglichkeiten im Thema Überleben und Angst steckten, sagte Schönthaler. In den damaligen Handbüchern habe allerdings das Thema einer atomaren Verseuchung noch kaum eine Rolle gespielt:
"Es ist eine Liste von Katastrophen: Es gibt Schneeverwehungen in Schleswig-Holstein 1978/79, Flugzeugabstürze, der ganze Katalog von zum Teil realen Katastrophen oder Unfällen in Deutschland und international. Auch der Kalte Krieg spielt herein."

Endzeit- und Katastrophenszenarien waren präsent

Handbücher und Ratgeber zu Überlebenstechniken – auch in der freien Natur - hatten in den achtziger Jahren Konjunktur, sagt Schönthaler. In ihnen spiegelten sich viele Ängste jener Zeit - Endzeit- und Katastrophenszenarien seine stets präsent gewesen:
"Es wird ein großes Zivilisations-Narrativ entworfen: Dass wir einmal in einer hochtechnisierten, fortschrittlichen Gesellschaft leben. Aber gleichzeitig ist sie höchst unsicher, es kann jederzeit ein Unfall kommen. Und dann sind wir wieder zurück in die Natur geworfen. Und dann fehlt uns aber das naturnahe Wissen, weil wir uns von ihm entfremdet haben. Und insofern besteht jetzt die Notwendigkeit, sich das wieder anzueignen und raus in den Wald zu gehen."

Nach der Finanzkrise folgte der Wunsch nach Rückzug in die Natur

In den heutigen Survival-Büchern lasse sich ein anderer Trend erkennen, meinte Schönthaler. Nach der Finanzkrise habe es in Deutschland viele Bücher zum Thema Selbstversorgung gegeben:
"Da geht es darum, eine Arche Noah auf dem Land zu errichten, der Rückzug in die Natur. Sich dort zu verbarrikadieren, Konserven anzuhäufen und sich auf den Zusammenbruch der Gesellschaft vorzubereiten."

Philipp Schönthaler: "Survival in den 80er Jahren. Der dünne Pelz der Zivilisation"
Matthes & Seitz, Berlin 2016
279 Seiten, 22,90 Euro

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