Keine Freiheit ohne Vernunft
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Mit falschen Hegel-Bildern aufräumen: Das will der Philosoph Klaus Vieweg in seinem neuen Buch. Denn Hegel sei eigentlich ein Philosoph der Freiheit gewesen, betont er. Einer Freiheit, die nicht mit Willkür, sondern mit Vernunft einhergeht.
"Der Philosoph der Freiheit" hat der Jenaer Philosophieprofessor Klaus Vieweg seine voluminöse Hegel-Biografie genannt, die anlässlich des im kommenden Jahr anstehenden 250. Geburtstag von Georg Wilhelm Friedrich Hegel kürzlich veröffentlicht wurde.
Hegel als Philosoph der Freiheit? Das entspricht nicht unbedingt dem Bild, das in den letzten Jahrzehnten von diesem berühmten Vertreter des deutschen Idealismus in der Öffentlichkeit entstanden ist.
Sondern da galt Hegel eher als Denker der preußischen Restauration. Manche hätten Hegel gar zum "Vordenker des Totalitarismus" gemacht, beklagt Vieweg. "Stichwort: Von Hegel zu Hitler. Von Hegel zu Stalin". Dass das eine Fehldeutung sei, versuche er in dem Buch zu zeigen, auch anhand des Lebensweges von Hegel.
So sei der Philosoph bis zu seinem Tod "ein begeisterter Anhänger der französischen Revolution" gewesen, sagt Vieweg. "Am 14. Juli jedes Jahr hat er auf den Beginn der französischen Revolution – Sturm auf die Bastille – mit Champagner angestoßen. Es ist eine durchgängige Begeisterung. Noch in seiner späten Vorlesung spricht er von der herrlichen Morgenröte, vom herrlichen Sonnenaufgang der Freiheit."
Und der vermeintliche preußische Staatsphilosoph ist Vieweg zufolge vielmehr von der Geheimpolizei beobachtet worden:
"Ich glaube, Hegel ist ein Denker, über den die meisten Lügenmärchen und Klischees verbreitet wurden. Eines ist: er ist der Denker der preußischen Restauration."
Kritik am modernen Freiheitsbegriff
Mit falschen Hegelbildern aufräumen - das ist das eine. Das andere Anliegen, das Klaus Vieweg mit seinem Buch verfolgt, ist, deutlich zu machen, was Hegel uns heute noch zu sagen hat. Und auch da steht die "Freiheit" im Mittelpunkt.
"Ich halte eben die heutigen Freiheitsbegriffe, die so in der Welt sind, die debattiert werden, für problematisch, für einseitig, für kritikwürdig und versuche das mit Hegels Freiheitsbegriff zu korrigieren", so Vieweg.
"Weil heute, vorsichtig gesprochen, ein Freiheitsbegriff im Spiel ist, der sagt: Wahlfreiheit oder Willkürfreiheit, also was ich so tun möchte, dass ich das kann, und alle Gesetze und der Staat sind Beschränkungen oder Beschneidungen meiner Freiheit."
Für Hegel sei diese Willkür zwar ein Element von Freiheit. Letztlich gebe es bei ihm aber keine Freiheit ohne Vernunft.
(uko)