Philosophie des Gärtnerns

Zeig mir deinen Garten und ich sag dir, wer du bist

07:08 Minuten
Das Foto zeigt den Wildwuchs in einem Bauerngarten mit vielen unterschiedlichen Blumen und Pflanzen.
Bauerngarten: Hier darf wachsen, was will. Ein Hinweis darauf, dass der Besitzer vermutlich tolerant ist: © picture alliance / Bildagentur-online / Mueller-McPho
Blanka Stolz im Gespräch mit Stephan Karkowsky |
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Gärtnern ist eine Form der Naturbeherrschung. Doch wie diese Herrschaft über die Natur ausgeübt wird, darin unterscheiden sich die Menschen. Das sagt auch etwas über ihre Weltsicht und Persönlichkeit aus, meint die Autorin Blanka Stolz.
Der Eine mag es ordentlich mit akkurat gestutzten Hecken, der Andere liebt den Wildwuchs - und dann gibt es auch noch die Schottergärtner, in deren Garten möglichst wenig oder gar keine Pflanzen vorkommen sollen.

Der gewählte Gartentyp ist kein Zufall

Für Blanka Stolz, Herausgeberin des Buches "Die Philosophie des Gärtnerns", ist es kein Zufall, welchen Gartentyp man wählt: "Man kann an einem Garten sehr deutlich ablesen, wie der Mensch, der Gärtner mit der Natur umgeht und dann vielleicht aber auch mit der ganzen Welt", sagt sie.
"Da geht es für mich um Begriffe wie Toleranz, eine Toleranz gegenüber Pflanzen, die ich als Gärtner vielleicht nicht gepflanzt habe, die aber trotzdem kommen." Oder um die Frage, wie sehr man die Pflanzen beschneide: "Will ich einen ganz sauberen Garten oder mache ich einen Garten, wo eben – noch mal Blick auf den Klimawandel – eben das wächst, was das Klima zulässt?"

Rasenroboter bei der Arbeit

Der akkurat gepflegte Garten mit Goldfischteich und Gartenzwerg, in dem kein Hälmchen Unkraut steht, ist für die Autorin ein "Wohlstandsgarten", "also der Ausdruck dessen: Ich muss eben nicht arbeiten, ich muss mich nicht selbstversorgen, mir wird die Ware angeliefert, ich gehe die einfach kaufen, dafür sitze ich in meinem Garten und gucke dem Rasenroboter zu, wie der dort arbeitet."
Ein Gartenzwerg steht in einem Schrebergarten in Berlin vor zwei anderen Gartenzwergen.
Der Gartenzwerg ist für viele der Inbegriff des Spießertums.© picture alliance / dpa / Lino Marcel Mirgeler
Aber auch der Nutzgarten kann diese Funktion haben, räumt Stolz ein. "Wenn jemand sagt, ich habe die Zeit zu gärtnern, das ist auch eine Form des Wohlstandes."

Im Schottergarten wird die Natur "totkultiviert"

Grundsätzlich sieht Stolz im Gärtnern einen Prozess, der Natur ein Stück abzutrotzen und dieses dann zu pflegen und auch zu beherrschen: "Ich sage jetzt, was dort wächst und was ich anbaue."
Ein Schottergarten vor einem Haus. Nur wenige Planzen ragen aus der Steindecke heraus.
Im Schottergarten tritt die Natur hinter Beton und Steinen zurück.© imago / Manngold
Vor diesem Hintergrund sind Schottergärten laut Stolz "totkultivierte" Flächen: "Die Natur, die der Mensch im Garten kultiviert, ist tot, weil sie überhaupt nicht mehr da ist."
Die Naturgärtner sind in den Augen von Blanka Stolz letztlich die besseren Menschen: "Weil sie einen Blick haben auf Toleranz: Was lasse ich zu, was nehme ich weg? Aber auch eine Harmonie und ein Wohlwollen gegenüber der Natur und – so meine optimistische Hoffnung – auch gegenüber dem Rest der Welt."
(uko)

Blanka Stolz (Hg.): "Die Philosophie des Gärtnerns"
mairisch Verlag, Hamburg 2017
224 Seiten, 18,90 Euro

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