Spinozas Zuflucht in Rijnsburg
06:09 Minuten
Baruch de Spinoza war nicht nur Philosoph, sondern auch Rabbiner. Seine kritische Bibelauslegung trieb ihn in jungen Jahren ins Exil - im holländischen Rijnsburg fand er Zuflucht: Hier sind die Spuren seines Denkens noch heute präsent.
Als die jüdische Gemeinde von Amsterdam Spinoza im Alter von 24 Jahren verbannte, bezog er in Rijnsburg ein stattliches Backsteinhaus mit Garten. Heute ist das Haus, in dem der große Denkers zwei Jahre zurückgezogen lebte, selbst ein Museum und trägt den Namen Het Spinozahuis. Insgesamt dreißig Freiwillige kümmern sich um das Haus und bieten Führungen für Besucher an. Zwei von Ihnen, Bob de Jong und Wilma Nord nahmen unseren Autor mit auf Spurensuche.
de Jong: "It was in 1661. The reason why Spinoza moved from Amsterdam coming to here, to Rijnsburg. He was banned by the Jewish Portuguese community in Amsterdam."
Als Baruch de Spinoza 1661 in dieses Haus nach Rijnsburg zog, genoss Amsterdam unter den Juden Europas den ehrhaften Ruf das Jerusalem von Holland zu sein. Tausende sephardischer Juden, unter ihnen auch Spinozas Vater, hatten sich auf der Flucht vor der Inquisition von Portugal und Spanien aus nach Holland begeben und ließen die Gemeinde prächtig gedeihen. Die geistige Freizügigkeit in Holland, aber auch die strenge Abschottung der Gemeinde waren das Klima in dem der berühmte Philosoph aufwuchs. Getauft auf Bento de Espinoza, der Gesegnete, wurde ihm eine erstklassige Rabbinerausbildung zuteil.
Zwischen Abschottung und Freidenkerei
Sein Lehrwerk - die Bibel - unterzog er dann 24 jährig einer kritischen Analyse und behauptete, die beschriebenen Ereignisse darin müssten in ihrem historischen Kontext gelesen werden. Ein Affront für die Rabbiner und der Grund für seinen Ausschluss aus der jüdischen Gemeinde.
de Jong: "If you read that ban, it defines something like: You're damned in the morning, you're damned in the evening, you're damned when you get up, you're damned when you go to bed. So you could better be hanged than excommunicated."
Die Gemeinde in Amsterdam verbot allen um ihn herum sich ihm zu nähern, sie verwünschte ihn des Tages und der Nacht. Nachdem dieser Bannspruch ausgesprochen wurde, verliert sich Spinozas Spur für fünf Jahre. Dann, wissen wir, kam er hier nach Rijnsburg in eines der wenigen Steinhäuser der Gegend. Der Besitzer Hohmann war Teil der protestantischen Kollegiantengemeinde, eine ziemlich progressive Richtung der protestantischen Kirche. Und er mit seinem freiheitlichen Denken lud also Spinoza ein, hier bei ihm zu wohnen.
Nachts schreiben, tags schleifen
de Jong: "This is a special machine, this is a grinding machine. Spinoza earned a little bit of money with making lenses from glass. He made Telescopes to look into the stars but also microscopes."
Nachts schrieb der junge Philosoph an seiner Ethik nach geometrischer Methode und tagsüber, wenn das Licht ins Haus schien, verdiente er sich seinen Lebensunterhalt mit dem Schleifen von mikro- und teleskopischen Linsen. Minutiös berechnete er die Lichtbrechung der optischen Gläser, fokussiert auf das kleinste Detail und mit dem Blick fürs große Ganze. In Spinozas Worten, die Substanz.
de Jong: "That was also the reason why he died quite early, at the age of 44. He had already asthma, in combination with the inhaling of the glass, at least that´s what´s the statement of the day."
Im Alter von 44 Jahren stirbt er dann an Tuberkulose. Doch sein Tod hängt wohl auch damit zusammen, dass er – asthmakrank wie er zeitlebens war – zu viel Glasstaub eingeatmet hatte. Sein höchster Wunsch Gott, das Universum und das Selbst unter dem Gesichtspunkt der Ewigkeit zu betrachten, mündete vor seinen Linsen in der eigenen Endlichkeit. Geschmäht, vereinsamt und zurückgezogen hatte Spinozas Existenz in Rijnsburg fast etwas Symbolisches. In seiner Ethik erläutert er die Macht menschlicher Weisheit, die Außenmächte zu überwinden und zur Glückseligkeit zu gelangen. Dass es eine besonders glückliche Zeit hier in Rijnsburg war, ist indes zu bezweifeln – auch wenn der Ort noch immer wunderschön ist.
Vor dem Fenster der Garten - und dahinter der Hass
Jetzt stehe ich in einem wunderschönen Garten des Spinoza Hauses. Hinter mir wachsen Pfirsiche, Äpfel. Farne säumen die Wege, Rhododendren an den Außenlinien.
Nord: "Das ist so ein guter Platz um zu Schreiben und zu Denken."
Autor: "Da kann man sich kaum vorstellen, dass Spinoza nur nachts geschrieben hat."
Nord: "Er hat das wahrscheinlich auch von seinem Fenster aus gesehen. Die Sonne und auch den Mond."
Autor: "Spinoza war seiner Zeit ja sehr verfolgt und beschimpft. Viele Leute haben ihn gehasst. Haben geschrieben, 'dieser scheußliche Erzjude' und 'der Pakt mit dem Teufel' den er geschlossen hätte um seine gotteslästernden Schriften zu schreiben."
Nord: "Ja, und darum kann ich auch verstehen, dass er in diesem Haus, wo er gelebt hatte, die Ruhe gefunden hatte. Um zu bleiben wie er war."
Autor: "Da kann man sich kaum vorstellen, dass Spinoza nur nachts geschrieben hat."
Nord: "Er hat das wahrscheinlich auch von seinem Fenster aus gesehen. Die Sonne und auch den Mond."
Autor: "Spinoza war seiner Zeit ja sehr verfolgt und beschimpft. Viele Leute haben ihn gehasst. Haben geschrieben, 'dieser scheußliche Erzjude' und 'der Pakt mit dem Teufel' den er geschlossen hätte um seine gotteslästernden Schriften zu schreiben."
Nord: "Ja, und darum kann ich auch verstehen, dass er in diesem Haus, wo er gelebt hatte, die Ruhe gefunden hatte. Um zu bleiben wie er war."