Physiker: Vom Teilchenbeschleuniger geht keine Gefahr aus
Woraus besteht das Universum? Wie ist es aufgebaut, und wie ist es entstanden? Um Antworten dieser Größenordnung näher zu kommen, haben rund 2700 Forscher aus 85 Ländern den größten Teilchenbeschleuniger der Welt gebaut. Ein Menschheitsprojekt! Der größte Apparat der Wissenschaftsgeschichte wird es ermöglichen, den Urknall, mit dem unsere Welt begann, zu simulieren. Über das Großereignis hat Deutschlandradio Kultur mit dem Physiker Rolf Landua gesprochen:
Jürgen König: In einem Übertragungswagen, des Schweizer Rundfunks auf dem Gelände des Europäischen Kernforschungszentrums (CERN) bei Genf sitzt für uns der Experimentalphysiker Dr. Rolf Landua. Er ist befasst mit der Erforschung und Herstellung von Antimaterieatomen. Guten Morgen Herr Landua!
Rolf Landua: Guten Morgen!
König: Wie aufgeregt ist auch ein Experimentalphysiker an so einem Tag?
Landua: Na ja, wir sind schon ziemlich gespannt. Ich meine, es geht heute zum ersten Mal los, nach, na ja, fast zwischen 17, 18 Jahren Vorbereitungsarbeit. Das ist schon ein besonderer Tag.
König: Das möchte man meinen. Dieser LHC, der Large Hadron Collider, das ist die größte Maschine, die Menschen je gebaut haben, so liest man es in allen Zeitungen. Erklären Sie uns, zu welchem Zweck sie gebaut wurde.
Landua: Der Zweck ist der, zunächst mal Protonen, das sind Kerne von Wasserstoffatomen, miteinander in Kollision zu bringen bei sehr hoher Energie. Dazu muss man diese Teilchen beschleunigen auf fast Lichtgeschwindigkeit. Und wenn die beiden Protonen dann kollidieren, kreieren wir Zustände, die ganz kurz nach dem Urknall geherrscht haben, also ungefähr eine billionstel Sekunde danach. Wir rekreieren sozusagen einen winzigen Ausschnitt aus dem Universum, kurz nach dem Urknall und wollen halt sehen, was es damals so alles gab.
König: Wie kann das gehen, fragt sich der Laie, wie kann die größte kosmische Explosion mit wirklich nicht mehr vorstellbaren Energien hier auf der Erde stattfinden?
Landua: Nun, es ist ja nicht so, dass wir den Urknall selbst simulieren, dafür bräuchten 76 Größenordnungen mehr Energie. Nein, wir simulieren sozusagen ein winzig kleinen Ausschnitt. Aber das reicht uns sozusagen zu sehen, was es damals so an Teilchen gab. Und wir versuchen zu verstehen, warum unser Universum dann so geworden ist, wie es heute ist. Wir rekreieren die Urzeit, wir kommen ein bisschen näher an den Urknall ran.
König: Erklären Sie es so ein bisschen genauer, was passiert, wenn da Protonen, wie Sie es beschrieben haben, mit diesen riesigen Energien aufeinanderprallen?
Landua: Zunächst einmal müssen Sie sich vorstellen, dass in diesen Kollisionen, wird die Bewegungsenergie, die in dieser Protonenbewegung steckt, die wird umgewandelt nach der Formel E = mc² in neue Teilchen. Da werden neue Teilchen produziert. Und die Natur produziert all das, was quasi für sie möglich ist. Und wenn man ihr genügend Energie zur Verfügung stellt, produziert sie auch Teilchen, die es in unserem Universum heute gar nicht mehr gibt, aber sie haben eine große Rolle gespielt während des Urknalls oder kurz danach. Und diese Teilchen, danach suchen wir, nach deren Signatur.
König: Wie können Sie die Ergebnisse dieser Kollision nachweisen?
Landua: Nun, um diese Kollisionspunkte herum gibt es riesengroße, eine Art Kamera, elektronische Kameras. Die heißen Detektoren. Und die können die neu produzierten Teilchen, die in dieser Kollision produziert wurden, die können die nachweisen. Und wir nehmen diese Spuren auf, die in den Detektoren hinterlassen werden und rekonstruieren daraus, was am Anfang, in dieser Kollision geschah und können daraus schließen dann, das ist eine Art Detektivarbeit, welche Ursprungsteilchen da vorhanden waren, produziert wurden. Nun gut, das gibt uns dann, wenn wir viele, viele, viele Milliarden von diesen Kollisionen studiert haben, können wir auch die Spuren finden von ganz seltenen Teilchen, die uns dann so interessieren.
König: Mit vielen Kollisionen werden es denn diese Detektoren so zu tun bekommen, sagen wir pro Sekunde?
Landua: Na ja, am Anfang wird es natürlich relativ langsam losgehen, heute wird es noch keine Kollision geben, aber wenn die Maschine einmal wirklich mit voller Leistung läuft, könnte es bis zu 600 Millionen Kollisionen in einer Sekunde geben, pro Sekunde, und das für das ganze Jahr.
König: Und wie findet man das interessante Ergebnis?
Landua: Sie müssen sich vorstellen, dass wir vieles von dem, was dort erwartet wird, das kennen wir eigentlich schon. Es gibt ja nicht zum ersten Mal ein solches Experiment. Es gab ähnliche Experimente mit kleineren Energien schon früher. Das heißt, viele von diesen Kollisionen werden Dinge produzieren, die wir schon kennen, die werden dann quasi relativ schnell aussortiert und wir konzentrieren uns auf die Stecknadel im Heuhaufen oder auf die Stecknadel in einer Million Heuhafen. Und dafür gibt es sehr leistungsfähige Computer, die schauen sich jedes einzelne Ereignis an und entscheiden ganz schnell, nach bestimmten Kriterien, ob das wirklich was Interessantes sein könnte oder nicht.
König: Es hat Angst vor schwarzen Löchern gegeben bzw. die "Bild-Zeitung" hat sie in Deutschland verbreitet, nachdem der Tübinger Chemieprofessor Otto E. Rössler Thesen über gefährliche schwarze Löcher in die Welt gesetzt hatte. Für alle, die in dieser Materie nun nicht so bewandert sind, sagen Sie uns noch mal, was ist ein schwarzes Loch, was kann schiefgehen bei dem ganzen Experiment, sind Urknallängste berechtigt?
Landua: Zunächst mal kann ich Ihnen sagen, die Ängste sind nicht berechtigt. Wir wissen schon aus der Tatsache, dass die Erde seit vier Milliarden Jahren existiert, dass unsere Experimente keinerlei Gefahr bergen können. Das liegt einfach daran, dass das, was wir jetzt im Labor hier tun, die Natur seit etwa vier Milliarden Jahren auch in der kosmischen Höhenstrahlung tut. Teilchen aus dem Universum treffen aus unsere Atmosphäre und tun genau das Gleiche, was wir jetzt in unseren Kollisionen hier tun. Nun, was sind schwarze Löcher? Schwarze Löcher sind eben normalerweise sehr massive, kompakte Körper, deren Gravitationspotenzial so hoch ist, dass selbst das Licht nicht mehr von der Oberfläche entweichen kann. Das ist etwas, was man normalerweise nur aus der Galaxis, von den Sternen her kennt, nach den Explosionen von Sternen. Das sind sehr große, kompakte Körper, die dann auch entsprechend eine große Gravitationskraft entfalten. Um was es hier geht, ist eine Spekulation, eine reine Spekulation, dass eben auf ganz kleinen Raumdimensionen eventuell der Raum nicht dreidimensional, sondern vier-, fünf- oder sogar zehndimensional sein könnte. Wenn dem so wäre und wenn eine dieser Dimensionen oder mehrere eine bestimmte Ausdehnung hätten, wie von einem Atomkerndurchmesser oder einem Atom, unter diesen Voraussetzungen könnte es sein, dass die Gravitationskraft sehr viel stärker anwächst bei kleinen Abständen und dann könnten so kleine Teilchen zusammenprallen und dabei ein schwarzes, ein minischwarzes Loch bilden. Das wäre unglaublich klein, viel kleiner als ein Staubkorn und hätte auch entsprechend die Gravitationskraft eines Staubkorns. Und es sollte zusätzlich innerhalb von etwa zehn hoch minus 26 Sekunden zerfallen. Insofern, es gibt absolut keinen Grund für die Unruhe.
König: Es wird die Erde nicht verschlingen?
Landua: Sicherlich nicht.
König: Es werden auch erwartet fundamentale Erkenntnisse über dunkle Energien, über das sogenannte Higgs-Boson, dass Materie gemäß dem Standardmodell der Teilchenphysik Masse verleiht. Das habe ich so gelesen. Können Sie erklären, was das bedeutet?
Landua: Nun, hier geht es um zwei verschiedene Dinge eigentlich. Zunächst einmal, in unserer Welt wissen wir ja, dass es eine Substanz gibt, die wir Masse nennen. Das setzt eine Beschleunigung, einen bestimmen Widerstand entgegen. Jetzt ist die Frage, wie kommt es, dass unsere Teilchen, die wir kennen, die Elektronen und die Protonen, wie kommt es, dass die überhaupt eine Masse haben. Das ist etwas, was wir bisher nicht so gut beschreiben können mit unseren mathematischen Theorien. Bis Peter Higgs, ein schottischer Physiker, mit einem Mechanismus auftauchte, der sagt, stellen wir uns mal vor, das Universum sei gefüllt mit einem Feld, das ist jetzt heute das Higgs-Feld, und dieses Feld gibt jedem einzelnen Teilchen seine respektive Masse, eine Art Reibung mit dem Vakuum, wenn Sie so wollen. Wir suchen jetzt praktisch nach der Bildung dieses Teilchens in unseren Kollisionen. Das würde uns quasi Aufschluss darüber geben, ob diese Theorie richtig ist oder falsch. Das wäre die eine Sache. Die andere Sache ist, dieses Feld, dass alles füllt, das könnte in irgendeiner Weise, die wir bisher noch nicht genau verstanden haben, zu tun haben mit der sogenannten dunklen Energie, die es im Universum gibt, die eigentlich ein Großteil unseres Universums ausmacht und die dazu führt, dass das ganze Universum offensichtlich sich beschleunigt ausdehnt, eines der großen Rätsel momentan der Physik.
König: Nehmen wir mal an, alle geht gut, alles geht so gut, wie Sie sich das in Ihren kühnsten Träumen nicht haben vorstellen können. Können Sie dann tatsächlich so große Fragen beantworten wie: Woraus besteht das Universum? Wie ist es aufgebaut? Wie ist es entstanden?
Landua: Es kann sein, dass der LHC uns wirklich ganz entscheidende Schlüsse erlaubt über die Entstehung des Universums. Wir werden natürlich nicht herausfinden, warum das Universum entstanden ist.
König: Das ist wahr.
Landua: Aber wir können sehr viel besser verstehen, wie die einzelne Schritte abliefen, während dieses ersten Moments. Das ist für uns ganz entscheidend, weil wir versuchen eben, die Natur zu erklären auf die einfachst mögliche Art und Weise. Und wir schauen, ob es eine Möglichkeit gibt, alle die Phänomene, die wir hier beobachten, zurückzuführen auf einen einzigen Grund, den es am Anfang gegeben hat.
König: Das Wunder von CERN, der leistungsfähigste Teilchenbeschleuniger der Welt wird heute in Betrieb genommen. Ein Gespräch mit dem Experimentalphysiker Rolf Landua. Von ihm ist in diesem Jahr bei Suhrkamp das Buch erschienen "Am Rande der Dimensionen – Gespräche über die Physik am CERN".
Sie können das Gespräch mindestens bis zum 10.2.09 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.
Rolf Landua: Guten Morgen!
König: Wie aufgeregt ist auch ein Experimentalphysiker an so einem Tag?
Landua: Na ja, wir sind schon ziemlich gespannt. Ich meine, es geht heute zum ersten Mal los, nach, na ja, fast zwischen 17, 18 Jahren Vorbereitungsarbeit. Das ist schon ein besonderer Tag.
König: Das möchte man meinen. Dieser LHC, der Large Hadron Collider, das ist die größte Maschine, die Menschen je gebaut haben, so liest man es in allen Zeitungen. Erklären Sie uns, zu welchem Zweck sie gebaut wurde.
Landua: Der Zweck ist der, zunächst mal Protonen, das sind Kerne von Wasserstoffatomen, miteinander in Kollision zu bringen bei sehr hoher Energie. Dazu muss man diese Teilchen beschleunigen auf fast Lichtgeschwindigkeit. Und wenn die beiden Protonen dann kollidieren, kreieren wir Zustände, die ganz kurz nach dem Urknall geherrscht haben, also ungefähr eine billionstel Sekunde danach. Wir rekreieren sozusagen einen winzigen Ausschnitt aus dem Universum, kurz nach dem Urknall und wollen halt sehen, was es damals so alles gab.
König: Wie kann das gehen, fragt sich der Laie, wie kann die größte kosmische Explosion mit wirklich nicht mehr vorstellbaren Energien hier auf der Erde stattfinden?
Landua: Nun, es ist ja nicht so, dass wir den Urknall selbst simulieren, dafür bräuchten 76 Größenordnungen mehr Energie. Nein, wir simulieren sozusagen ein winzig kleinen Ausschnitt. Aber das reicht uns sozusagen zu sehen, was es damals so an Teilchen gab. Und wir versuchen zu verstehen, warum unser Universum dann so geworden ist, wie es heute ist. Wir rekreieren die Urzeit, wir kommen ein bisschen näher an den Urknall ran.
König: Erklären Sie es so ein bisschen genauer, was passiert, wenn da Protonen, wie Sie es beschrieben haben, mit diesen riesigen Energien aufeinanderprallen?
Landua: Zunächst einmal müssen Sie sich vorstellen, dass in diesen Kollisionen, wird die Bewegungsenergie, die in dieser Protonenbewegung steckt, die wird umgewandelt nach der Formel E = mc² in neue Teilchen. Da werden neue Teilchen produziert. Und die Natur produziert all das, was quasi für sie möglich ist. Und wenn man ihr genügend Energie zur Verfügung stellt, produziert sie auch Teilchen, die es in unserem Universum heute gar nicht mehr gibt, aber sie haben eine große Rolle gespielt während des Urknalls oder kurz danach. Und diese Teilchen, danach suchen wir, nach deren Signatur.
König: Wie können Sie die Ergebnisse dieser Kollision nachweisen?
Landua: Nun, um diese Kollisionspunkte herum gibt es riesengroße, eine Art Kamera, elektronische Kameras. Die heißen Detektoren. Und die können die neu produzierten Teilchen, die in dieser Kollision produziert wurden, die können die nachweisen. Und wir nehmen diese Spuren auf, die in den Detektoren hinterlassen werden und rekonstruieren daraus, was am Anfang, in dieser Kollision geschah und können daraus schließen dann, das ist eine Art Detektivarbeit, welche Ursprungsteilchen da vorhanden waren, produziert wurden. Nun gut, das gibt uns dann, wenn wir viele, viele, viele Milliarden von diesen Kollisionen studiert haben, können wir auch die Spuren finden von ganz seltenen Teilchen, die uns dann so interessieren.
König: Mit vielen Kollisionen werden es denn diese Detektoren so zu tun bekommen, sagen wir pro Sekunde?
Landua: Na ja, am Anfang wird es natürlich relativ langsam losgehen, heute wird es noch keine Kollision geben, aber wenn die Maschine einmal wirklich mit voller Leistung läuft, könnte es bis zu 600 Millionen Kollisionen in einer Sekunde geben, pro Sekunde, und das für das ganze Jahr.
König: Und wie findet man das interessante Ergebnis?
Landua: Sie müssen sich vorstellen, dass wir vieles von dem, was dort erwartet wird, das kennen wir eigentlich schon. Es gibt ja nicht zum ersten Mal ein solches Experiment. Es gab ähnliche Experimente mit kleineren Energien schon früher. Das heißt, viele von diesen Kollisionen werden Dinge produzieren, die wir schon kennen, die werden dann quasi relativ schnell aussortiert und wir konzentrieren uns auf die Stecknadel im Heuhaufen oder auf die Stecknadel in einer Million Heuhafen. Und dafür gibt es sehr leistungsfähige Computer, die schauen sich jedes einzelne Ereignis an und entscheiden ganz schnell, nach bestimmten Kriterien, ob das wirklich was Interessantes sein könnte oder nicht.
König: Es hat Angst vor schwarzen Löchern gegeben bzw. die "Bild-Zeitung" hat sie in Deutschland verbreitet, nachdem der Tübinger Chemieprofessor Otto E. Rössler Thesen über gefährliche schwarze Löcher in die Welt gesetzt hatte. Für alle, die in dieser Materie nun nicht so bewandert sind, sagen Sie uns noch mal, was ist ein schwarzes Loch, was kann schiefgehen bei dem ganzen Experiment, sind Urknallängste berechtigt?
Landua: Zunächst mal kann ich Ihnen sagen, die Ängste sind nicht berechtigt. Wir wissen schon aus der Tatsache, dass die Erde seit vier Milliarden Jahren existiert, dass unsere Experimente keinerlei Gefahr bergen können. Das liegt einfach daran, dass das, was wir jetzt im Labor hier tun, die Natur seit etwa vier Milliarden Jahren auch in der kosmischen Höhenstrahlung tut. Teilchen aus dem Universum treffen aus unsere Atmosphäre und tun genau das Gleiche, was wir jetzt in unseren Kollisionen hier tun. Nun, was sind schwarze Löcher? Schwarze Löcher sind eben normalerweise sehr massive, kompakte Körper, deren Gravitationspotenzial so hoch ist, dass selbst das Licht nicht mehr von der Oberfläche entweichen kann. Das ist etwas, was man normalerweise nur aus der Galaxis, von den Sternen her kennt, nach den Explosionen von Sternen. Das sind sehr große, kompakte Körper, die dann auch entsprechend eine große Gravitationskraft entfalten. Um was es hier geht, ist eine Spekulation, eine reine Spekulation, dass eben auf ganz kleinen Raumdimensionen eventuell der Raum nicht dreidimensional, sondern vier-, fünf- oder sogar zehndimensional sein könnte. Wenn dem so wäre und wenn eine dieser Dimensionen oder mehrere eine bestimmte Ausdehnung hätten, wie von einem Atomkerndurchmesser oder einem Atom, unter diesen Voraussetzungen könnte es sein, dass die Gravitationskraft sehr viel stärker anwächst bei kleinen Abständen und dann könnten so kleine Teilchen zusammenprallen und dabei ein schwarzes, ein minischwarzes Loch bilden. Das wäre unglaublich klein, viel kleiner als ein Staubkorn und hätte auch entsprechend die Gravitationskraft eines Staubkorns. Und es sollte zusätzlich innerhalb von etwa zehn hoch minus 26 Sekunden zerfallen. Insofern, es gibt absolut keinen Grund für die Unruhe.
König: Es wird die Erde nicht verschlingen?
Landua: Sicherlich nicht.
König: Es werden auch erwartet fundamentale Erkenntnisse über dunkle Energien, über das sogenannte Higgs-Boson, dass Materie gemäß dem Standardmodell der Teilchenphysik Masse verleiht. Das habe ich so gelesen. Können Sie erklären, was das bedeutet?
Landua: Nun, hier geht es um zwei verschiedene Dinge eigentlich. Zunächst einmal, in unserer Welt wissen wir ja, dass es eine Substanz gibt, die wir Masse nennen. Das setzt eine Beschleunigung, einen bestimmen Widerstand entgegen. Jetzt ist die Frage, wie kommt es, dass unsere Teilchen, die wir kennen, die Elektronen und die Protonen, wie kommt es, dass die überhaupt eine Masse haben. Das ist etwas, was wir bisher nicht so gut beschreiben können mit unseren mathematischen Theorien. Bis Peter Higgs, ein schottischer Physiker, mit einem Mechanismus auftauchte, der sagt, stellen wir uns mal vor, das Universum sei gefüllt mit einem Feld, das ist jetzt heute das Higgs-Feld, und dieses Feld gibt jedem einzelnen Teilchen seine respektive Masse, eine Art Reibung mit dem Vakuum, wenn Sie so wollen. Wir suchen jetzt praktisch nach der Bildung dieses Teilchens in unseren Kollisionen. Das würde uns quasi Aufschluss darüber geben, ob diese Theorie richtig ist oder falsch. Das wäre die eine Sache. Die andere Sache ist, dieses Feld, dass alles füllt, das könnte in irgendeiner Weise, die wir bisher noch nicht genau verstanden haben, zu tun haben mit der sogenannten dunklen Energie, die es im Universum gibt, die eigentlich ein Großteil unseres Universums ausmacht und die dazu führt, dass das ganze Universum offensichtlich sich beschleunigt ausdehnt, eines der großen Rätsel momentan der Physik.
König: Nehmen wir mal an, alle geht gut, alles geht so gut, wie Sie sich das in Ihren kühnsten Träumen nicht haben vorstellen können. Können Sie dann tatsächlich so große Fragen beantworten wie: Woraus besteht das Universum? Wie ist es aufgebaut? Wie ist es entstanden?
Landua: Es kann sein, dass der LHC uns wirklich ganz entscheidende Schlüsse erlaubt über die Entstehung des Universums. Wir werden natürlich nicht herausfinden, warum das Universum entstanden ist.
König: Das ist wahr.
Landua: Aber wir können sehr viel besser verstehen, wie die einzelne Schritte abliefen, während dieses ersten Moments. Das ist für uns ganz entscheidend, weil wir versuchen eben, die Natur zu erklären auf die einfachst mögliche Art und Weise. Und wir schauen, ob es eine Möglichkeit gibt, alle die Phänomene, die wir hier beobachten, zurückzuführen auf einen einzigen Grund, den es am Anfang gegeben hat.
König: Das Wunder von CERN, der leistungsfähigste Teilchenbeschleuniger der Welt wird heute in Betrieb genommen. Ein Gespräch mit dem Experimentalphysiker Rolf Landua. Von ihm ist in diesem Jahr bei Suhrkamp das Buch erschienen "Am Rande der Dimensionen – Gespräche über die Physik am CERN".
Sie können das Gespräch mindestens bis zum 10.2.09 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.