Physiker Wolfgang M. Heckl

Die Kultur der Reparatur

Wolfgang M. Heckl auf einem roten Drehstuhl in seiner vollen Werkstatt.
Wolfgang M. Heckl repariert die hoffnungslosesten Dinge. © privat
Wolfgang M. Heckl im Gespräch mit Klaus Pokatzky |
Er ist nicht nur Direktor des Deutschen Museums in München, , Professor für Experimentalphysik, ist auch begeisterter Bastler und repariert selbst die hoffnungslosesten Dinge.Wolfgang M. Heckl
Aus vielerlei Gründen ist diese Leidenschaft fürs Basteln für Wolfgang M. Heckl ein großes Glück:
"Erstens, dass ich sehen kann, wenn man ein Gerät zum Beispiel aufschraubt, hineinschaut, wie es innen aussieht und erahnen kann, wie clever die Menschen waren, die das erdacht, erfunden haben. Zweitens, wenn ich verstehe, wie etwas funktioniert, weil ich hineinschauen kann. Drittens, weil ich den Eindruck bekomme, ich werde autark von einer allzu globalisierten Welt, wo ich überhaupt nichts mehr verstehe oder selber machen kann. Kleine Dinge, kleine Schnäppchen kann ich dieser Abhängigkeit von größeren Mächten sozusagen dadurch schlagen. Und am wichtigsten ist, ich habe was gelernt. Und noch wichtiger meine Frau, die vielleicht diese Reparatur in Auftrag gegeben hat mit einem kleinen Zettelchen am Wohnzimmertisch, die sagt: 'Gut gemacht!'. Und das macht mich glücklich."

Unglaublicher Abidurchschnitt von 0,8

Reparieren ist für Wolfgang M. Heckl auch eine "Kulturtechnik, die die Menschen seit Jahrtausenden beherrschen." Er beherrscht sie, seit er als Fünfjähriger wissen wollte, wie das Radio seiner Eltern funktioniert. Seine Begeisterung dafür, die Dinge zu erforschen, hielt in der Schule an und zahlte sich mit einem unglaublichen Abiturdurchschnitt von 0,8 aus:
"Die Kollegstufe damals – ich war der erste Jahrgang – die hat es ja möglich gemacht, Leistungskurse zu wählen. Und ich hab Mathematik und Physik natürlich, würd ich sagen, gewählt, aber auch Französisch und Religion. Und das hat großen Spaß gemacht und ich hatte wunderbare Lehrer, die uns einfach animiert haben, also begeistert haben. Ich wollte immer so werden wie meine Lehrer. ... Das war eigentlich eine wunderbare Zeit."

Reparieren und recyceln

Seitdem er 1978 seinen Wehrdienst in der elektronischen Aufklärung absolviert hat, hat sich nicht viel geändert. Heute klärt er die Bundesregierung über Elektronik auf, als Berater in Technologiefragen. Seit 2004 leitet Wolfgang M. Heckl das Deutsche Museum in München. Hier ist es ihm ein großes Anliegen am Puls der Zeit zu bleiben und Jung wie Alt zu begeistern. Stichwort die Ausstellung "energie.wenden – Spielraum für neue Energien":
"Wir stehen an einer Zeitenwende, wenn es darum geht, wie wir die Zukunft von Technik in der Gesellschaft gestalten. Da braucht es viel mehr Teilhabe, viel mehr Information, viel mehr Anti-Fake-News, also das Tatsächliche, das Wirkliche, die Möglichkeit der Auseinandersetzung haptisch mit dem Objekt, aber auch persönlich mit dem Menschen jenseits aller digitalen Internetwelten. ... Wenn Sie verstehen wollen, wie AdBlue funktioniert, damit die Stickoxide im Dieselmotor reduziert werden, und wie das Verhalten von heute hoch gezüchteten, modernen Dieselmotoren ist, die so gut sind wie noch nie – in der Geschichte jedenfalls. Wenn Sie das alles verstehen wollen, dann müssen Sie schon tief einsteigen und man muss alles so einfach erklären, wie möglich, aber nicht einfacher."
Heckl ist zudem ein großer Anhänger des Recyclings. Seine Überzeugung:
"Wenn wir künftig nicht 100 Prozent der technischen Geräte recyceln und zuvor 50 Prozent reparieren, dann werden wir es nicht schaffen, die Umwelt und die Lebensgrundlagen für kommende Generationen zu erhalten."
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